Die Schlagzeilen in diesem Sommer, die der Berliner NBA-Profi Franz Wagner produzierte, waren voller Superlative. Der habe einen “Mega-Vertrag” abgeschlossen. Die ausgehandelte Summe sei “gigantisch”. 224 Millionen Dollar Brutto, um genau zu sein, auszuzahlen über fünf Jahre. Einen solchen Geldregen einzuordnen, fiel dem 23-jährigen Nationalspieler nicht leicht. Es sei “ein surreales Gefühl”, sagte er gegenüber Journalisten.
Surreal wie der Moment, den die Kameras der ZDF-Dokumentation “Die Wagner Brothers” einfingen, als der Basketballer Franz Wagner zum ersten Mal zu dem Thema mit seinen Eltern telefonierte und "verrückt" sagte, worauf seine Mutter, Beate Wagner, antwortete: "Wahnsinn. Du bist ein Multimillionär. Das ist wirklich total krass."
Die Abmachung läuft erst ab der kommenden Saison. Aber der Betrag ist - das sind die Regeln in der besten Basketballliga der Welt - garantiert. Selbst wenn der Spieler wegen einer Verletzung ausfällt. So wie derzeit: Wagner erlitt Mitte Dezember eine Bauchmuskelverletzung und fehlt dem Team auf unbestimmte Zeit.
Rekordsummen im Baseball
Garantiert sind auch noch viel höher dotierte Verträge. Wie die im US-Baseball, wo der Japaner Shohei Ohtani bei den Los Angeles Dodgers – mit zehn Jahren Laufzeit und 700 Million Dollar – und der Dominikaner Juan Soto – 15 Jahre, 765 Millionen Dollar - in den letzten zwölf Monaten neue Rekordmarken setzten. Soto spielte das Thema Bezahlung herunter, als er von den New York Mets vor ein paar Tagen offiziell vorgestellt wurde: "Das Geld?”, sagte er. Kein Problem. “Das wird auf jeden Fall kommen.”
Teams versichern ihre finanziellen Versprechungen
Für die Zuversicht gibt es gute Gründe. Denn Teams versichern klugerweise ihre enormen finanziellen Versprechungen. Da es eine Reihe seriöser Assekuranzfirmen gibt, die das Risiko kalkulieren und übernehmen, kein Problem. Aber das kostet natürlich extra. Im Schnitt werden fünf Prozent des ausgelobten Gehalts als Prämie fällig.
Uwe Krupp verklagte die Detroit Red Wings
Haarig wird es allerdings dann, wenn Klubs aus übertriebener Sparsamkeit auf solche Policen verzichten. So wie im Fall des Kölner Eishockey-Profis und späteren deutschen Nationaltrainers Uwe Krupp, der in einen mehrjährigen Rechtsstreit mündete. Krupp war 1986 in die NHL gewechselt und hatte sich Zug um Zug einen Namen als Verteidiger mit einem harten Schlagschuss erworben.
Etwa, als er so den Siegtreffer im Stanley-Cup-Finale von 1996 erzielte. Genug Motivation für die Detroit Red Wings, Krupp einen Vertrag über vier Jahre und damals sehr beachtliche 16,4 Millionen Dollar zu geben. Aber er verletzte sich bereits nach wenigen Monaten so schwer an der Wirbelsäule, dass er jahrelang ausfiel.
Das Team weigerte sich, die fälligen Gehälter zu bezahlen, weil der Spieler in seiner Freizeit einer zweiten Leidenschaft, dem Hundeschlittenrennen, frönte und den Verdacht schürte, die Verletzung gehe gar nicht auf das Konto Eishockey. Sei also selbst verschuldet. Man setzte sogar Privatdetektive auf seine in Deutschland lebende Ex-Frau an, um Belastungsmaterial zu finden. Erst als diese unappetitlichen Details bekannt wurden, lenkte das Team ein. Es kam zu einer außergerichtlichen Einigung.
Aaron Rogers, die New York Jets und eine Versicherungspolice
Im Vergleich dazu war die Situation bei NFL-Quarterback Aaron Rogers von Anfang an klar. Der riss sich vor einem Jahr im allerersten Pflichtspiel für die New York Jets die Achillessehne und konnte erst 2024 wieder spielen. Dumm für das Team: Man hatte ihn kurz zuvor im Rahmen eines für die amerikanischen Sportligen typischen Spielertausches mit allen alten finanziellen Verpflichtungen von den Green Bay Packers übernommen.
Aber man hatte versäumt, die Versicherungspolice zu aktualisieren, die sein alter Arbeitgeber für einen Arbeitsunfall abgeschlossen hatte. Rogers bekam, was ihm zustand: 37 Millionen Dollar. Von den Jets. Aber die bekamen nichts. Nicht nur kein Geld, sondern auch nichts von jenem Salary-Cap-Nachlass, den die Tarifbestimmungen vorsehen, sobald eine Versicherung einspringt.
Gesamtausmaß der Verletzungen nur schwer zu beziffern
Es ist schwer, das gesamte Ausmaß an Sportverletzungen im Profibereich in Nordamerika in Dollar und Cents zu beziffern. Aber es gibt Anhaltspunkte. So hat der kanadische Neurochirurg Dr. Michael Cusimano vor zehn Jahren im Rahmen einer Langzeit-Studie das Thema mit Blick auf die National Hockey League untersucht.
Die Kernkosten für die Teams – die Gehaltsfortzahlung für angeschlagene Eishockeyprofis – beliefen sich auf mehr als 200 Millionen Dollar pro Jahr. Zusätzliche Ausgaben etwa für die medizinische Betreuung waren in dieser Kalkulation gar nicht enthalten. “In jeder Sportart, nicht nur Eishockey, ist das ein signifikanter Aspekt. Wir brauchen dringend einen Dialog zum Thema Sportverletzungen.”
Sportversicherungspolicen - US-Clubs gehen auf Nummer sicher
Marktuntersuchungen über das rapide wachsende Volumen an Sportversicherungspolicen weltweit produzieren abweichende Zahlen. Klar ist nur, dass es inzwischen um eine Größenordnung von zig Milliarden geht. Und dass knapp die Hälfte dieses Geschäfts in den USA getätigt wird.
Wo denn auch wohl gar nicht so überraschend die Versuchung größer ist, Versicherungen auf unredliche Weise zu melken. Vor drei Jahren schlugen New Yorker Staatsanwälte zu und erhoben Anklage gegen eine ganze Gruppe von Ex-NBA-Spielern. Die Behörden konnten Schwarz auf Weiß dokumentieren, wie die Basketballer die Krankenversicherung der Liga für ehemalige Profis betrogen hatten: mit gefälschten Arztrechnungen. Der Schaden: insgesamt vier Millionen Dollar.
Als Rädelsführer wurde Terrence Williams, der in seiner Karriere für die New Jersey Nets, die Boston Celtics, die Houston Rockets und die Sacramento Kings gespielt hatte, 2023 zu zehn Jahren Haft verurteilt. Auch die meisten der anderen erhielten Gefängnisstrafen. Immerhin einer - Tony Allen – kam auf Bewährung davon. Er hatte gestanden und Wiedergutmachung versprochen.