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Sportvielfalt in Spanien
Barca, Real und sonst?

Spanien ist fußballverrückt: Das Leben hunderttausender Menschen dreht sich um Real Madrid, Atlético Madrid oder den FC Barcelona. Haben andere Sportarten dagegen überhaupt noch eine Chance?

Von Oliver Neuroth |
    Fans von Real Madrid beim Champions-League-Finale gegen Atletico Madrid
    Fans von Real Madrid beim Champions-League-Finale gegen Atletico Madrid. (dpa/picture alliance/ Christian Charisius)
    "La Liga" und "Las Champions" – sie spielen im Sportblock der spanischen Fernsehnachrichten die Hauptrolle. Gut 10 der 15 Minuten gehören fast immer dem Fußball. Ein deutliches Zeichen dafür, welche Rolle diese Sportart in Spanien einnimmt. Carlos Arribas, Sportjournalist bei der renommierten Zeitung "El País" sagt: Spricht man Leute auf der Straße auf Sport an, antworten die meisten sofort zu Fußball und denken gar nicht an andere Sportarten.
    Wenn es in Spanien um Fußball geht, dann vor allem um Real Madrid und den FC Barcelona. Die Clubs haben zusammen rund 250.000 Mitglieder. Dass sie so beliebt sind, hat neben den sportlichen Erfolgen viel mit regionalen und politischen Besonderheiten in Spanien zu tun.
    "Real Madrid war früher in der Franco-Diktatur so etwas wie die spanische Nationalmannschaft. Barcelona stand dagegen immer für die Region Katalonien – und den Unterschied zu Spanien. Das Motto lautet seitdem: ‚Barca ist mehr als ein Club‘. Das Team repräsentiert bis heute die katalanischen Werte, zum Beispiel die Sprache. Man könnte also sagen: Real Madrid ist ein Symbol für Spanien, der FC Barcelona für Katalonien."
    Doch selbst in Spanien gibt es eine Sportwelt neben dem Fußball: Der zweitbeliebteste Mannschaftssport ist Basketball. Ein Sport mit langer Tradition: Seit dem 1920er-Jahren wird in Spanien professionell Basketball gespielt, das Land ist amtierender Europameister.
    "Basketball ist der Sport, der am häufigsten an Schulen gespielt wird. Die Basketballmannschaft von Real Madrid gehörte in den 70er-Jahren zu den besten in Europa. Als zu Beginn des 21. Jahrhunderts Sport ein Weltmarkt wurde und Athleten ganz selbstverständlich in anderen Ländern gespielt haben, gehörte Spanien zu den erfolgreichen Exporteuren von Basketball-Spielern der Welt."
    Sportart wird durch Stars gemacht
    Das prominenteste Beispiel dafür sind die Gasol-Brüder aus Barcelona: Pau und Marc spielen in der US-Profiliga NBA. Gerade Pau gilt mit seinen 2,13 Metern als einer der besten europäischen Basketballer aller Zeiten. Der heute 36-Jährige stand schon bei den Memphis Grizzlies und den Chicago Bulls unter Vertrag, aktuell spielt er für die San Antonio Spurs.
    "Ich wollte immer bei den großen Teams mitspielen. Los ging es für mich Ende der 90er beim FC Barcelona. Ich arbeitete immer hart, um weiter zu kommen, mich ständig zu verbessern. Und ich entwickelte mich weiter, erreichte das Niveau der NBA und liebe es, hier auf dem Spielfeld zu stehen."
    Wie so oft, hängt die Beliebtheit einer Sportart von den Stars ab, die sie prägen. Das gilt in Spanien auch für Tennis. Der Riesenerfolg von Rafael Nadal hat für einen Tennis-Hype im Land gesorgt – ähnlich wie Boris Becker und Steffi Graf damals in Deutschland, erzählt Sport-Journalist Carlos Arribas.
    "Nadal hat alles bisher Dagewesene übertroffen. Als er das Wimbledon-Finale gegen Federer gewonnen hatte, war sein Gesicht auf den Titelblättern aller Zeitschriften weltweit. Das hat bisher kein anderer Sportler aus Spanien geschafft. Wer hier über Tennis spricht, spricht über Nadal."
    Ähnliches gilt für den Radsport: Stars wie Alberto Contador oder Alejandro Valverde haben in Spanien weiterhin eine treue Fangemeinde. Doch sie können noch so erfolgreich sein, Nadal und die Gasols ebenfalls – Schlagzeilen über Ronaldo oder Messi werden im fußballverrückten Spanien immer noch ein bisschen größer gedruckt.