Elite-Trainingsgruppen in den USA werden oft von finanzstarken Unternehmen unterstützt. Prominentestes Beispiel - allerdings mit zweifelhaftem Ruhm - ist das Nike Oregon Project, das inzwischen nach Doping-Anschuldigungen eingestellt wurde. Die deutsche Läuferin Konstanze Klosterhalfen trainierte im Nike Oregon Project – allerdings nicht unter dem umstrittenen und suspendierten Trainer Alberto Salazar. In anderen Trainingsgruppen in den USA trainieren inzwischen die deutsche Sprinterin Gina Lückenkemper und die Weitsprung-Weltmeisterin Malaika Mihambo.
Solche internationalen Camps wirken attraktiv für viele Athletinnen und Athleten. Für die Aktiven bedeutet dies in der Regel optimierte Trainingsbedingungen und gute Vernetzungsmöglichkeiten. Der Deutsche Leichtathletikverband (DLV) will der Abwanderungen seiner Top-Athleten und Athletinnen jetzt entgegenwirken und eine Elite-Trainingsgruppe installieren.
Problem: Konkurrenz gegen Sportsysteme mit anderen Werten
Doch ist dies unter humanistischen Bedingungen überhaupt möglich? Ja, glaubt der Sportpädagoge Timo Stiller, Lehrstuhlinhaber an der Pädagogischen Hochschule in Schwäbisch Gmünd. Aber dafür müsse sich der DLV gegen seine derzeitigen Konventionen stellen und dürfe sich nicht so sehr auf sportliche Erfolge konzentrieren. Dazu gebe es keine Alternative: "Weil wir uns mit Staaten messen, denen tatsächlich der Weg zum Erfolg egal ist", sagte Stiller im Dlf. Als Beispiel nannte er die Dopingpraktiken in Russland, "wo nicht so kontrolliert wird, weil es um Medaillen geht". Auch der Cheftrainer des Nike Oregon Projects, Alberto Salazar, wurde wegen Dopings gesperrt.
"Je mehr es um den Erfolg geht, desto mehr wird ja der Weg dorthin und sogar der Mensch, egal." Nach Timo Stillers Einschätzung werden Menschen austauschbar, wenn es allein um den Erfolg geht. Er plädierte im Dlf dafür, dass die individuelle Leistung der Persönlichkeit mehr im Vordergrund steht: "Da wäre ich total dafür, dass man sagt: Wie hat der sich in seiner Leistung entwickelt?"
Leistungsentwicklung und individuelle Geschichte im Blick
Die Ankündigung des Deutschen Olympischen Sportbundes, Medaillen nicht um jeden Preis zu wollen, reicht Stiller dabei offenbar nicht. "Dann brauche ich eine Alternative. Wenn die Medaille nicht das maximale Kriterium ist, dann brauche ich ja irgendwas auf dem Weg dorthin." Hier müsse man darauf achten, wie sich Athletinnen und Athleten entwickeln. "Da kann ich nicht hinten gucken: Kommt da eine Medaille raus?"