Said, Ali und Lena üben die Wochentage - in der evangelischen Silas-Kita in Schöneberg. Wie viele andere Kindergärten in Berliner Einwanderervierteln arbeiten hier Erzieherinnen, die in puncto Sprachförderung eine Zusatzausbildung haben. Ihr Engagement ist groß, die Programme und Methoden sind allerdings nicht wissenschaftlich fundiert, sagt Petra Stanat. Sie leitet das Institut für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen IQB:
"Die Wirksamkeit ist unklar, beziehungsweise die Evaluationsstudien, die durchgeführt wurden, haben enttäuschende Ergebnisse gebracht. Sodass man sich einig ist, dass wir hier deutlichen Optimierungsbedarf haben."
Die Pisa-Studie aus dem Jahr 2000 hatte große sprachliche Defizite bei den deutschen Schulkindern festgestellt. Die Politik reagierte schnell. Aber da Bildung Ländersache ist, legte jedes Land sein eigenes Sprachförderprogramm auf.
"So haben wir jetzt eine unglaubliche Vielfalt, wir haben 16 Bundesländer und zum Beispiel 20 verschiedene sprachdiagnostische Verfahren, die eingesetzt werden. Wir haben da blühende Landschaften, die man aber jetzt zu einem gebündelten Blumenstrauß zusammenführen muss."
Lehrkräfte besser ausbilden
Der gebündelte Blumenstrauß - das ist BISS - "Bildung durch Sprache und Schrift". Insgesamt fünf Jahre lang fördern Bund und Länder Netzwerke von Kitas, Schulen und Vereinen. Erzieher und Lehrerinnen erhalten Fortbildungen, die Netzwerke werden wissenschaftlich begleitet. In Berlin nehmen 61 Kitas und Schulen am Forschungsvorhaben BISS teil. Bildungsstaatssekretär Mark Rackles:
"Wir als Land erhoffen uns davon, dass wir am Ende der Zeit besser ausgebildete Lehrkräfte haben, die mit den Instrumenten besser umgehen. Und dass wir wissen, welche Instrumente woanders erfolgreich waren, die wir dann übernehmen können. Oder dass wir erfolgreiche Berliner Konzepte exportieren können. Und das leistet dieses Forschungsvorhaben."
Am Bund-Länder-Programm BISS nehmen hauptsächlich Kindergärten und Grundschulen teil, in Berlin allerdings auch ein Gymnasium - die Kreuzberger Hermann-Hesse-Schule. "Acht von zehn Schülern bei uns haben türkische oder arabische Wurzeln", erläutert Schulleiter Mark Braden:
"Und damit da auch eine Chancengleichheit da ist, müssen die Lehrer ihren Unterricht anders konzipieren, um für diese Kinder, die ja keine kognitiven Defizite haben, sondern dieselben Potenziale wie die anderen auch, und damit man diese Sprachdefizite ausgleichen kann, brauchen wir ein Angebot, dass da unterstützt."
Hehres Ziel: Chancengleichheit
Das Hermann-Hesse-Gymnasium hat bereits ein Sprachförderkonzept erarbeitet, vier zusätzlich vom Senat bewilligte Lehrer helfen mit, es umzusetzen. Dazu gehört nicht nur eine besondere Förderung in Deutsch, sondern auch in den naturwissenschaftlichen Fächern. Denn: Eine schlechte Note in Mathe kann auch bedeuten, dass der Schüler oder die Schülerin die Aufgaben einfach nicht verstanden hat.
"Mir geht es auch wesentlich um die Evaluation, also um die Frage, ob das, was wir jetzt erarbeiten, tatsächlich wirksam ist. Und deshalb nehme ich jetzt an diesem Programm teil. Also: Wie ist die Diagnose, wie ist die Ausgangssituation, wie hat sich das entwickelt?"
Am Ende des fünfjährigen Forschungsvorhabens soll ein Werkzeugkasten stehen, mit dem alle Pädagogen arbeiten können. Eine wissenschaftliche fundierte Sprachförderung, um ein hehres Ziel zu erreichen: Chancengleichheit.