Stanislawa Giniewicz stützt sich ein bisschen nervös auf ihr bunt gestrichenes Gartentor. Sie ist schnell aus dem Haus gelaufen, weil sie Fremde gehört hat. Schließlich könnte es der Gerichtsvollzieher sein - und den will die 70-Jährige auf keinen Fall auf ihren Bauernhof lassen.
"Die Richter haben entschieden, dass wir das polnische Straßenschild von unserem Haus nehmen sollen. Aber warum? Die meisten bei uns in Dainava sind doch Polen. Sicher waren da nur Litauer unter den Richtern. Ich werde das Schild verteidigen, solange mir die Kraft reicht."
Stanislawa Giniewicz deutet auf zwei weiße Schilder oben an der Backsteinmauer. Beide haben die Aufschrift "Gartenstraße" - das obere in litauischer, das untere in polnischer Sprache. Was so harmlos aussieht, ist gegen das Gesetz, hat das Oberste Verwaltungsgericht von Litauen entschieden. Denn öffentliche Beschriftungen dürfe es nur in der Amtssprache, also Litauisch geben. Schließlich müssten die Adressen der Bewohner eindeutig benannt sein, hieß es.
Betroffen sind von dem Urteil vor allem Gemeinden im Südosten des Landes, wo die polnische Minderheit zu Hause ist. Im Gebiet Salcininkai, zu dem das Dorf Dainava gehört, sind 80 Prozent der Menschen Polen. Viele Gemeinden haben deshalb in den vergangenen Jahren zweisprachige Schilder angebracht. Stanislawa Giniewicz ist über den Rechtsstreit fassungslos.
"Ich selbst habe mir den Namen 'Gartenstraße' doch ausgedacht, zusammen mit meiner 75-jährigen Freundin Zosia. Denn die meisten Häuser hier haben herrliche Gärten. Kommen Sie mal im Sommer zur Kirschblüte. Da sieht es hier aus wie im Himmel! Der Gemeinderat hat unseren Vorschlag gut gefunden."
Der Streit um die Straßenschilder ging durch alle Instanzen. Die betroffenen Gemeinden warten nun auf die ersten Bußgeldbescheide, weil sie sich weigern, auf die polnischen Anschriften zu verzichten.
Trotzdem hat die Sache auch etwas Gutes für die Minderheit: Die polnischen Litauer sprechen jetzt auch andere Probleme mutiger an - zum Beispiel das der polnischen Vor- und Nachnamen. Offiziell dürfen sie nur in der litauischen Schreibweise verwendet werden. Aus einer Frau, die "Anna" heißt, wird so im Personalausweis "Ana" - mit nur einem "n", weil das Litauische keine Doppelkonsonanten kennt. Edward Trusewicz, Sekretär des Verbandes der Minderheit, sieht darin einen Verstoß gegen EU-Richtlinien.
"Litauen hat das Rahmenabkommen zum Schutz nationaler Minderheiten unterzeichnet. Sonst hätte es vor fünf Jahren gar nicht der EU beitreten dürfen. Aber in der Praxis wird es nicht umgesetzt. Nehmen wir nur die Namen: Die sind doch Eigentum der jeweiligen Person und dürfen nicht verunstaltet werden."
Auch litauische Beobachter sehen die Minderheiten-Politik ihres Landes kritisch. Die Regierung suche immer wieder einen neuen Vorwand, um die Probleme nicht angehen zu müssen, erklärt Vladas Sirutavicius, ein litauischer Politologe am Institut für internationale Beziehungen in Vilnius. Die polnische Minderheit trage daran aber eine Mitschuld, so der Experte.
"Die Polen sollten mehr Geduld haben und lieber argumentieren statt schimpfen. Wenn sie zu Demonstrationen aufrufen, dann wecken sie bei den Litauern Misstrauen: Schaut her, die Polen sind nicht loyal, sie wollen Sonderrechte, heißt es dann. Obwohl ihre Forderungen berechtigt sind."
Die litauische Regierung reagierte bisher weder auf Demonstrationen noch auf Argumente. Aber bald könnte sie zum Handeln gezwungen werden. Ein frisch verheiratetes polnisch-stämmiges Ehepaar hat dagegen geklagt, dass ihre Namen in der Heiratsurkunde litauisch geschrieben werden. Mit dem Fall beschäftigt sich inzwischen der Europäische Gerichtshof.
"Die Richter haben entschieden, dass wir das polnische Straßenschild von unserem Haus nehmen sollen. Aber warum? Die meisten bei uns in Dainava sind doch Polen. Sicher waren da nur Litauer unter den Richtern. Ich werde das Schild verteidigen, solange mir die Kraft reicht."
Stanislawa Giniewicz deutet auf zwei weiße Schilder oben an der Backsteinmauer. Beide haben die Aufschrift "Gartenstraße" - das obere in litauischer, das untere in polnischer Sprache. Was so harmlos aussieht, ist gegen das Gesetz, hat das Oberste Verwaltungsgericht von Litauen entschieden. Denn öffentliche Beschriftungen dürfe es nur in der Amtssprache, also Litauisch geben. Schließlich müssten die Adressen der Bewohner eindeutig benannt sein, hieß es.
Betroffen sind von dem Urteil vor allem Gemeinden im Südosten des Landes, wo die polnische Minderheit zu Hause ist. Im Gebiet Salcininkai, zu dem das Dorf Dainava gehört, sind 80 Prozent der Menschen Polen. Viele Gemeinden haben deshalb in den vergangenen Jahren zweisprachige Schilder angebracht. Stanislawa Giniewicz ist über den Rechtsstreit fassungslos.
"Ich selbst habe mir den Namen 'Gartenstraße' doch ausgedacht, zusammen mit meiner 75-jährigen Freundin Zosia. Denn die meisten Häuser hier haben herrliche Gärten. Kommen Sie mal im Sommer zur Kirschblüte. Da sieht es hier aus wie im Himmel! Der Gemeinderat hat unseren Vorschlag gut gefunden."
Der Streit um die Straßenschilder ging durch alle Instanzen. Die betroffenen Gemeinden warten nun auf die ersten Bußgeldbescheide, weil sie sich weigern, auf die polnischen Anschriften zu verzichten.
Trotzdem hat die Sache auch etwas Gutes für die Minderheit: Die polnischen Litauer sprechen jetzt auch andere Probleme mutiger an - zum Beispiel das der polnischen Vor- und Nachnamen. Offiziell dürfen sie nur in der litauischen Schreibweise verwendet werden. Aus einer Frau, die "Anna" heißt, wird so im Personalausweis "Ana" - mit nur einem "n", weil das Litauische keine Doppelkonsonanten kennt. Edward Trusewicz, Sekretär des Verbandes der Minderheit, sieht darin einen Verstoß gegen EU-Richtlinien.
"Litauen hat das Rahmenabkommen zum Schutz nationaler Minderheiten unterzeichnet. Sonst hätte es vor fünf Jahren gar nicht der EU beitreten dürfen. Aber in der Praxis wird es nicht umgesetzt. Nehmen wir nur die Namen: Die sind doch Eigentum der jeweiligen Person und dürfen nicht verunstaltet werden."
Auch litauische Beobachter sehen die Minderheiten-Politik ihres Landes kritisch. Die Regierung suche immer wieder einen neuen Vorwand, um die Probleme nicht angehen zu müssen, erklärt Vladas Sirutavicius, ein litauischer Politologe am Institut für internationale Beziehungen in Vilnius. Die polnische Minderheit trage daran aber eine Mitschuld, so der Experte.
"Die Polen sollten mehr Geduld haben und lieber argumentieren statt schimpfen. Wenn sie zu Demonstrationen aufrufen, dann wecken sie bei den Litauern Misstrauen: Schaut her, die Polen sind nicht loyal, sie wollen Sonderrechte, heißt es dann. Obwohl ihre Forderungen berechtigt sind."
Die litauische Regierung reagierte bisher weder auf Demonstrationen noch auf Argumente. Aber bald könnte sie zum Handeln gezwungen werden. Ein frisch verheiratetes polnisch-stämmiges Ehepaar hat dagegen geklagt, dass ihre Namen in der Heiratsurkunde litauisch geschrieben werden. Mit dem Fall beschäftigt sich inzwischen der Europäische Gerichtshof.