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Spray-Technologie
Mehr als die Kunst der Vernebelung

Ob Deo oder Haarfestiger: Sprays finden sich im Alltag überall. Wie sich das systematische Zerstäuben von Flüssigkeiten weiter verbessern lassen könnte, diskutieren in Bremen mehr als 200 Spray-Experten. Eines ihrer Entwicklungs-Ziele: Spray zur Herstellung von auflösbarem Pulver verwenden.

Von Frank Grotelüschen |
    Ein kurzer Druck aufs Ventil und schon schießt das Spray aus der Dose – als Schutz für die Lederhose, zum Festigen der Haarpracht oder für den Kampf gegen den Achselschweiß. Alles Prozesse, für die Wissenschaftler eine genaue Definition parat haben.
    "Ein Spray ist die Verteilung eines Flüssigkeits-Kontinuums", sagt Prof. Udo Fritsching vom Institut für Werkstofftechnik der Universität Bremen.
    "Es ist ein bisschen zu vergleichen mit einem Zerkleinerungsprozess eines Feststoffs – eine Mühle. Wenn ich eine Kakaobohne oder eine Kaffeebohne zermahle, erhalte ich ein feines Pulver. Und wenn ich ein Flüssigkeits-Kontinuum zerteile, erhalte ich Tropfen."
    Zerstäubt man den Inhalt eines Wasserglases, entstehen Abermillionen winzige Tröpfchen. Zusammengenommen haben sie eine ungleich größere Oberfläche als vorher das Wasser im Glas.
    "Ich verteile ein Wasserglas auf einer Oberfläche von mehreren Fußballfeldern."
    Angriffsfläche für chemische oder physikalische Reaktionen
    Viel Oberfläche, das ist gleichbedeutend mit einer großen Angriffsfläche für chemische oder physikalische Reaktionen – weshalb es effektiver ist, die Schuhe mit einem Spray zu imprägnieren als einfach nur mit einem feuchten Lappen.
    Eine Spraydose funktioniert dabei nach einem simplen Prinzip: Eine Flüssigkeit wird unter Druck durch eine Düse gepresst. Hat diese Düse eine geeignete Form, etwa die einer Lamelle, kommt kein Strahl aus ihr heraus, sondern ein feiner Nebel aus Tröpfchen. Die Fachwelt aber kennt noch raffiniertere Tricks.
    "Wenn ich das Ganze kombiniere mit einer Gasdüse und Luft, Stickstoff oder Argon dazugebe, kann ich meinen Strahl wesentlich feiner zerstäuben, in noch feinere Tröpfchen",
    sagt Lydia Achelis, Oberingenieurin an der Uni Bremen. Sie arbeitet an einem noch jungen Spray-Verfahren, der Flammsprüh-Pyrolyse. Eine neue Methode zur Herstellung von Nanoteilchen.
    "Eine metallorganische Verbindung wird zerstäubt in einzelne Tröpfchen. Diese Tröpfchen verbrennen, als Verbrennungsprodukt entstehen Nanopartikel. Zum Beispiel Titandioxid, was jeder mit der Sonnencreme auf die Haut tut, wenn man in die Sonne hinausgeht."
    Bislang jedoch funktionierte das Verfahren nur im Mini-Maßstab. Pro Stunde ließen sich gerade mal 100 Gramm an Nanoteilchen erzeugen. Einfach nur eine größere Düse mit mehr Massendurchsatz zu nehmen, das klappte nicht. Dadurch nämlich wurde die Flamme größer, ihre Temperatur änderte sich, die Tropfen konnten nicht mehr richtig zu den Nanoteilchen verbrennen. Eine neue Strategie musste her.
    "Die Idee ist, die Flamme breit zu machen und damit eine große Fläche zu haben – und ähnliche Temperaturen wie in der kleinen Flamme. Und diese Nachteile der Veränderung des Produkts damit umgehen können."
    Nun können Achelis und ihr Team immerhin fünf Kilogramm pro Stunde herstellen – ein erster Schritt in Richtung Massenproduktion.
    Bereits zum Einsatz kommt die Spray-Technologie für die Herstellung von Milch- Kakao- und Kaffeepulver oder auch Tütensuppen. Sprühtrocknung, so nennen Fachleute wie Udo Fritsching das Verfahren.
    "Eine Lösung wird zerstäubt. Das Produkt wird in einem erwärmten Luftstrom getrocknet. Dabei entsteht ein Pulver. Ich möchte ja mein Pulver nachher, wenn ich es als Kakaogetränk betrachte, schnell wieder auflösen. Das Wasser muss in diese Kakaokörner eindringen können, um die Aromen freizusetzen. Dafür brauche ich die große Oberfläche. Und das kann ich in Sprühverfahren erreichen."
    Etabliertes Verfahren weiter verbessern
    Ein etabliertes Verfahren, doch die Forscher wollen es weiter verbessern. Wie zum Beispiel lässt sich die Sprühtrocknung effizienter machen, so dass sie weniger Energie braucht? Der Ansatzpunkt: Je weniger Flüssigkeit die zu zerstäubende Grundmasse enthält, umso weniger Energie braucht es, um diese Flüssigkeit zu verdampfen und das Pulver zu trocknen.
    "Um das aber zu tun, um ein noch zäheres Produkt zu zerstäuben, brauche ich gut angepasste Sprüh- und Zerstäuber-Technologien. Das ist ein wesentlicher Punkt, der im Moment in der Entwicklung ist."
    Hier tüfteln die Experten nicht nur an speziell geformten Sprühdüsen, die auch mit zähen, sirupartigen Grundmassen fertig werden. Sondern sie setzen auch neue Tricks ein, etwa indem sie den Sirup zusätzlich mit Ultraschall zerstäuben.