Unser Darm steckt in einem ständigen Dilemma: Einerseits muss er überlebenswichtige Inhalte aus der Nahrung aufnehmen – Wasser, Nährstoffe und Elektrolyte. Andererseits sind in unserer Nahrung auch Stoffe enthalten, die nicht in den Körper gelangen dürfen - zum Beispiel schädliche Bakterien. Aufnahme und Abwehr: Diese beiden Funktionen übernimmt das sogenannte Epithel, eine einzelne Zellschicht, die die Innenwand des Darms auskleidet. Wird sie beschädigt, kann das eine Reihe von Konsequenzen haben, sagt Ismail Ögülür vom Schweizerischen Institut für Allergie- und Asthmaforschung.
„Einer kürzlich aufgestellten Hypothese zufolge steht die Zunahme von Allergien, Autoimmun- und Stoffwechselkrankheiten in den letzten Jahrzehnten damit in Verbindung, dass wir mehr und mehr Stoffen ausgesetzt sind, die unter anderem die wichtige Epithelbarriere im Darm zerstören.“
„Einer kürzlich aufgestellten Hypothese zufolge steht die Zunahme von Allergien, Autoimmun- und Stoffwechselkrankheiten in den letzten Jahrzehnten damit in Verbindung, dass wir mehr und mehr Stoffen ausgesetzt sind, die unter anderem die wichtige Epithelbarriere im Darm zerstören.“
Das Team in der Schweiz untersucht diese potenziell gefährlichen Stoffe, die Menschen im Alltag begegnen und die Schutzfunktion des Epithels beeinträchtigen könnten. Dabei fiel ihnen eine spannende Koinzidenz ins Auge: In den 2000er-Jahren gab es einen signifikanten Anstieg von Allergien und Autoimmunkrankheiten, sagt Ögülür. Zeitgleich kamen in Restaurants und Kantinen immer öfter professionelle Spülmaschinen zum Einsatz. So kamen die Forschenden auf die Idee, die Inhaltsstoffe von Spülmitteln und Klarspülern genauer zu untersuchen. Dafür machten sie Experimente mit den chemischen Rückständen auf gespültem Geschirr.
“Nach dem professionellen Waschgang haben wir eine Nährstofflösung für Zellen in die Gläser und Teller gegeben, sie darin geschwenkt, fünf Minuten gewartet und sie dann verwendet. Wir haben gezeigt, dass diese Nährlösung selbst in zehnfacher Verdünnung giftig für die Zellen ist.“
“Nach dem professionellen Waschgang haben wir eine Nährstofflösung für Zellen in die Gläser und Teller gegeben, sie darin geschwenkt, fünf Minuten gewartet und sie dann verwendet. Wir haben gezeigt, dass diese Nährlösung selbst in zehnfacher Verdünnung giftig für die Zellen ist.“
Simulierte Tests: Große Zersetzungskraft von Spülrückständen auf Darmepithel
Das Team verdünnte die Flüssigkeit mit den Rückständen des getrockneten Geschirrs verschieden stark und gab das Medium dann auf Zellschichten, die das Darmepithel repräsentieren. Bei der höchsten Konzentration waren nach 24 Stunden fast alle Zellen gestorben. Bei niedrigeren Konzentrationen bis zu einer zehnfachen Verdünnung überlebten zwar die meisten Zellen einen Tag, allerdings beobachteten die Forschenden Entzündungsreaktionen und eine erhöhte Durchlässigkeit des Epithels. Detaillierte Versuche mit verschiedenen Zellstrukturen verrieten die Ursache: Alkoholethoxylate - ein Gruppe von Inhaltsstoffen in Klarspülern.
“Es wird als nicht-ionisches Tensid genutzt und führt auch dazu, dass die Tassen und Gläser nach dem Waschgang glänzen.“
“Es wird als nicht-ionisches Tensid genutzt und führt auch dazu, dass die Tassen und Gläser nach dem Waschgang glänzen.“
Keine negativen Effekte bei normalen Haushalts-Spülmaschinen
Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich in der Fachzeitschrift „Journal of Allergy and Clinical Immunology“ veröffentlicht. Für seine Experimente nutzte das Team sowohl flache als auch dreidimensionale Zellstrukturen. Unter anderem sogenannte Organoide, eine Ansammlung von Zellen, die aus menschlichen Stammzellen heranwachsen. Mithilfe solcher Organoide lässt sich die Interaktion zwischen den Epithel-Zellen im menschlichen Darm simulieren. Um zu prüfen, ob die Schäden in der Zellkultur tatsächlich auch im Darm von lebenden Organismen auftreten, plant das Team nun Versuche mit Mäusen. Neben den besorgniserregenden Ergebnissen zu möglichen gesundheitlichen Nebenwirkungen von Klarspülern enthält die kürzlich veröffentlichte Studie aber auch eine Entwarnung:
„Wir haben die Experimente auch mit Geschirr aus normalen Haushalts-Spülmaschinen durchgeführt und keinerlei toxische Effekte gesehen. Das liegt daran, dass es dort am Ende zwei zusätzliche Spülgänge gibt, um Rückstände zu entfernen. Professionelle Spülmaschinen dagegen reinigen Geschirr in nur zwei Minuten. Und nach dem Klarspüler gibt es keinen extra Spülgang mehr, um ihn abzuwaschen. Deshalb findet man seine Überreste auf den Tellern und Gläsern.“
Sollte sich bestätigen, dass die Rückstände das Darmepithel schädigen, könnten zwei Maßnahmen Abhilfe schaffen: Entweder der Einbau eines zusätzlichen Spülgangs in neue gewerbliche Spülmaschinen oder der Verzicht auf Alkoholethoxylate in Klarspülern.
„Wir haben die Experimente auch mit Geschirr aus normalen Haushalts-Spülmaschinen durchgeführt und keinerlei toxische Effekte gesehen. Das liegt daran, dass es dort am Ende zwei zusätzliche Spülgänge gibt, um Rückstände zu entfernen. Professionelle Spülmaschinen dagegen reinigen Geschirr in nur zwei Minuten. Und nach dem Klarspüler gibt es keinen extra Spülgang mehr, um ihn abzuwaschen. Deshalb findet man seine Überreste auf den Tellern und Gläsern.“
Sollte sich bestätigen, dass die Rückstände das Darmepithel schädigen, könnten zwei Maßnahmen Abhilfe schaffen: Entweder der Einbau eines zusätzlichen Spülgangs in neue gewerbliche Spülmaschinen oder der Verzicht auf Alkoholethoxylate in Klarspülern.