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Spürhund sucht Schimmel

Schimmel an Hauswänden ist gesundheitsgefährdend und tückisch, denn er versteckt sich hinter Schrankwänden und Tapeten. Um Schimmelpilz aufzuspüren, setzt ein Malerbetrieb einen Hund ein, der die Sporen erschnüffeln soll.

Von Eva Werler |
    Joey ist ein knapp zweijähriger schwarzer Labrador. Hüfthoch und noch recht verspielt. Aber bei der Arbeit ist er hochkonzentriert. Bedächtig und hochaufmerksam schnuppert der Rüde alle Wände ab - Zentimeter für Zentimeter. Er ist im Einsatz gegen Schimmel.

    Heute hat der Northeimer Horst Medecke Joey angefordert. Er vermietet ein Haus mit mehreren Wohnungen und hat den Schimmel fürchten gelernt.

    "Also wir haben hier im Haus, seit wir vor 15 Jahren neue Fenster eingebaut haben, immer wieder Schimmel. Und haben schon einige Sanierungsmaßnahmen hinter uns. Haben hier jetzt den Schimmel abgekratzt, und möchten eine Bestätigung, dass es hier jetzt schimmelfrei ist."

    Der Schimmelspürhund beginnt im Keller. Als Erstes müssen die Wände leergeräumt werden, damit der schwarze Rüde gut daran schnüffeln kann. Er lässt sich Zeit, prüft jede Stelle doppelt. Bisher hat er nichts gefunden. Aber Frauchen Katja Ringeisen ermuntert ihn zur Gründlichkeit.

    "Ja, Joey, komm, such!"

    Dann die gute Nachricht:

    "Da hat er alles abgesucht und ist nicht fündig geworden, also wird hier kein Schimmel vorhanden sein."

    Joey ist quasi der neue Mitarbeiter im Malerbetrieb. Olaf Ringeisen hatte genug davon, immer wieder böse Überraschungen zu erleben, wenn er Tapeten abriss und darunter Schimmel entdeckte. Jetzt schickt er den Schimmelhund durch die Räume, bevor er mit dem Streichen beginnt. Seine Zuverlässigkeit liege bei 99 Prozent, sagt Ringeisen. Und die Gesundheitsgefährdung von Schimmel sei nicht zu unterschätzen.

    "Die Sporen sind hochgradig gesundheitsschädlich, gerade bei kleinen Kindern."

    Die gesundheitsgefährdende Wirkung von Schimmel ist unumstritten. Der Einsatz von Schimmelspürhunden dagegen schon. Einen Hund bei der Schimmelbekämpfung brauche er nicht, sagt Bausanierer und Spezialist für Dichtungsarbeiten Joachim Tinter. Er hat technische Messgeräte, um dem Schimmel auf die Spur zu kommen.

    "Man sieht ja optisch alleine schon, wenn man in einen Raum hereinkommt, was für Schäden vorhanden sind. Und wie gehen wir dann vor: Wir messen die Luftfeuchte, die Lufttemperatur und die Objekttemperatur. Also, ich brauch keinen Hund."

    Die Messungen verraten dem Sanierungsexperten, wo sich im Raum eventuelle Wärmbrücken befinden, das sind Stellen, an denen die Wärme schneller nach draußen transportiert wird, als in anderen Bereichen. Hier ist eine Schimmelbildung besonders wahrscheinlich. Das alles braucht der Schimmelspürhund nicht. Er verlässt sich ganz auf seine Nase.

    "Er ist hochsensibel, was seine Nase betrifft, er riecht kleinste Dinge."

    Um seine Spürnase noch zu verfeinern, war Joey ein halbes Jahr in Ausbildung. Bei einem Hundetrainer in Frankfurt, der auch Drogenhunde ausbildet. Einziger Unterschied ist, dass Joey auf Schimmel angesetzt ist. Katja Ringeisen.

    "Wir haben erstmal angefangen, Kegel aufzubauen und darunter den Geruch zu verstecken, und wenn er ihn angezeigt hat, indem er daran gekratzt hat oder geschnüffelt hat, haben wir ihn bestätigt und ihm das Leckerli gegeben. Und so baut man das langsam auf."

    Dr. Heidrun Hofmann vom Bremer Umweltinstitut findet es grundsätzlich gut, die feine Nase des Hundes zu nutzen, um Schimmel zu entdecken. Allerdings hilft das oftmals nicht weiter, sagt sie: Nicht selten werde der Schimmelgeruch durch Luftströme im ganzen Raum verteilt, sodass der Hund die verschimmelten Stellen selbst nicht finden kann. Trotz Hundeeinsatz könnten beispielsweise Bohrungen unter Fliesen oder Parkett nötig sein, um dem Herd des Schimmels tatsächlich auf die Spur zu kommen.

    In Northeim muss sich Joey heute noch einmal an die Arbeit machen. Im selben Haus, in der darüber gelegenen Wohnung, folgt sein nächster Einsatz.

    "Im Wohnzimmer hatten wir es so, da haben wir keinen Schimmel gesehen, aber dann haben wir die Tapete abgemacht, und da war der dahinter, aber wir haben jetzt den Putz abgeschlagen, da wird wahrscheinlich keiner sein."

    Erneut macht sich Joey an die Schnüffelarbeit. Doch diesmal hat der Vermieter Pech: Joey schlägt an. Aufgeregt scharrt er mit den Vorderpfoten an der befallenen Stelle.
    Keine gute Nachricht für Horst Medecke. Die Wohnung muss saniert werden. Je eher desto besser, denn der Schimmel wächst und dann wird es teuer, sagt Fachfrau Katja und reicht dem Hund sein verdientes Leckerli. Joeys Job ist anstrengend, sagt sie. Zwanzig Minuten intensives Schnüffeln kommen einem einstündigen Jogginglauf gleich. Aber der aufgeweckte Rüde macht das gern und hofft auf weitere Tatorte.

    "Er ist ein Hund, der gerne arbeitet, und sein Futter mittlerweile über die Suche verdient und damit total glücklich ist, weil er das Futter, das im Fressnapf drin ist, nicht mehr annimmt, das heißt, er frisst nur bei der Arbeit und das ist für mich ein Zeichen, dass er glücklich ist."