Am 26. August 1978 hob die sowjetische Rakete "Sojus 29" ab - auf dem Weg zur Orbitalstation. Mit an Bord: Sigmund Jähn. Der DDR-Kosmonaut galt als lebender Beweis für die Überlegenheit des real existierenden Sozialismus. Der Militäroffizier und Jagdflieger war nämlich der erste Deutsche im All - lange vor Ulf Merbold aus dem Westen.
Seitdem Sputniks um die Erde kreisten, gehörte die Astronomie zum Pflichtfach in den allgemeinbildenden Schulen der DDR. Dabei ging es zwar auch um Sonne, Mond und Sterne, mehr aber noch um die Heldentaten der Kosmonauten, erinnert sich Astronomielehrer Werner Kittelmann aus Halle. Von 1964 an hat er dieses Fach bis zur Pensionierung 1996 mit Leidenschaft unterrichtet.
"Die Astronomie war als eines der naturwissenschaftlichen Fächer mit angebunden. In der DDR gab es ja für die naturwissenschaftlichen Fächer einen sehr hohen Stellenwert. Vielleicht war das systembedingt, weil man damit natürlich versuchte, junge Leute heranzuziehen, die dann in der Produktion klug sind, ihre Aufgabe erfüllen können, die Pläne erfüllen, wie man immer so schön gesagt hat. Die politische Bildung stand ganz oben in der DDR. Auch der naturwissenschaftliche Unterricht war davon betroffen."
Astronomie war in der DDR ein Pflichtfach für Schülerinnen und Schüler der neunten und zehnten Klassen. Im Zentrum des Unterrichts standen vor allem die Errungenschaften der sowjetischen Raumfahrt: Immerhin war Sputnik der erste Satellit in der Menschheitsgeschichte. Und auch bei den bemannten Raumflügen hatte die damalige Sowjetunion lange Zeit die Nase vorn. Juri Gagarin eroberte 1961 als erster Mensch den Kosmos. So war die Astronomie auch Teil der politischen Bildung, um die Überlegenheit der kommunistischen Länder zur Schau zu stellen.
Bis heute ist die Astronomie in Thüringen und Sachsen-Anhalt ein Pflichtfach geblieben. Brandenburg hatte sich von der Astronomie nach der Wende zunächst verabschiedet, dann aber das Fach wieder eingeführt. Dr. Volker Richter erarbeitet im Landesinstitut für Schulqualität der Stadt Halle die Astronomie-Lehrpläne für Sachsen-Anhalt:
"Nun, es war die Infrastruktur für dieses Fach da. Es waren die Lehrkräfte da. Und es ist auch ein Fach mit sehr hoher Akzeptanz bei Schülerinnen und Schülern. Das hat verschiedene Gründe: einmal vom Gegenstand her. Es fängt relativ spät an. Es ist ein sehr interessanter Gegenstand. Und zum anderen ist es immer Prüfungsfach gewesen, und als ein Wahlprüfungsfach von Schülerinnen und Schülern sehr gerne angewählt worden, weil man nur den Hintergrund von einem Schuljahr hatte. Aber es ist eben auch ein sehr interessanter Gegenstand. Und das kann man also, wenn man das geschickt methodisch macht mit Besuchen an Planetarien sehr schön aufbereiten."
Jugendliche im "Raumflug Planetarium Sigmund Jähn der Stadt Halle": Die Vierzehnjährigen kommen vom Gymnasium "Am Markt" aus Hettstedt und warten auf eine Einführung in die Sternenkunde. Im nächsten Jahr beginnt für sie die Astronomie als Pflichtfach. Volker Schreiber - einer von drei Physik-Lehrern, die im Planetarium unterrichten - erarbeitet mit den Schülerinnen und Schülern Sonnenaufgangsszenarien:
"Wir wollen mal schauen, was die Sonne in der Zeit macht und schieben ganz einfach unseren Kalender auf den 21. März. Auf den Frühlingsanfang. Wir verschieben einfach, so leicht geht das im Planetarium, das Datum auf den Frühlingsanfang. Und jetzt schauen wir mal, wo die Sonne aufgeht. Jetzt haben wir Frühlingsanfang. Und sie geht genau unter dem "O" wie Osten auf."
Für Physik-Lehrer Volker Schreiber, der seit 18 Jahren Astronomie unterrichtet, ist das Planetarium ein ganz normales Klassenzimmer und kein Raum für Show-Effekte. Um die jungen Leute für die Sterne zu begeistern, zeigt er die Geburtsstätten der Sterne, und dass alles - so auch das Weltall - vergänglich ist.
"Dieses Licht, was wir jeden Abend von allen Sternen sehen, ist Licht aus der Vergangenheit. Lange, lange, bevor es euch, bevor es mich, bevor es sogar die Menschen gab. Das Licht von den weitesten Sternen hat eine Zeit oder einen Weg von über zwölf Milliarden Jahren zurückgelegt. Das sind die weitesten Sterne."
Wozu die Astronomie gut ist? Für Uwe Nichelmann, der mit seiner Klasse ins Planetarium der Stadt Halle gekommen ist, eigentlich eine überflüssige Frage:
"Wenn man dann des Nachts unterwegs ist und dann zum Himmel guckt und da und dort vielleicht auch eine Sache seinen Kindern beantworten kann, dann ist das schon - glaube ich - sehr viel wert. Wenn sich daraus ein Berufswunsch entwickelt, und dieser oder jener die Mathematik oder die Physik etwas näher kennenlernt, dann ist das noch - glaube ich - wünschenswerter. Ja, und ansonsten, glaube ich, gehört das zur Allgemeinbildung dazu, einige Sachen zu wissen."
Anderthalb Stunden Astronomie haben die Schülerinnen und Schüler hinter sich. Maria, die das Planetarium mit leuchtenden Augen verlässt, freut sich schon auf den Astronomieunterricht, der im kommenden Schuljahr für sie zur Pflicht wird. Ihr Berufswunsch geht allerdings in eine völlig andere Richtung.
"Ich möchte mal Behindertenerzieherin werden, weil auch mein Bruder selber Down-Syndrom hat, und mir macht das eigentlich viel mehr Spaß mit anderen Menschen umzugehen. Aber: Trotzdem interessiert mich das hier eigentlich schon alles so mit Astronomie - und ich freue mich eigentlich auch auf das nächste Jahr, wenn wir das alles dazu bekommen."
Das Beispiel zeigt: Astronomie-Unterricht kann den Berufswunsch und die Neigung junger Menschen nur bedingt beeinflussen. Derzeit hoffen Politiker - insbesondere Bundesbildungsministerin Annette Schavan - auf die weichenstellende Wirkung der Astronomie, so auch mit der Aktion "Teleskope für die Kitas". Ob die Rechnung am Ende aufgeht, ist fraglich. Dr. Volker Richter vom "Institut für Schulqualität" in Halle unterrichtete über viele Jahre in der DDR Astronomie. Sein Urteil heute: Man könne die jungen Menschen nicht so einfach programmieren, wie man sich das gerne vorstellt:
"Man kann natürlich durch einen interessant gestalteten naturwissenschaftlichen Unterricht sicherlich Motivation schaffen, sich in diese Richtung erst einmal zu orientieren und dann später in diese Richtung auch ein Studium aufzunehmen. Aber dass es da eine Kausalität gibt - viel Astronomieunterricht, viel Ingenieurstudenten - das kann ich mir nicht vorstellen."
Seitdem Sputniks um die Erde kreisten, gehörte die Astronomie zum Pflichtfach in den allgemeinbildenden Schulen der DDR. Dabei ging es zwar auch um Sonne, Mond und Sterne, mehr aber noch um die Heldentaten der Kosmonauten, erinnert sich Astronomielehrer Werner Kittelmann aus Halle. Von 1964 an hat er dieses Fach bis zur Pensionierung 1996 mit Leidenschaft unterrichtet.
"Die Astronomie war als eines der naturwissenschaftlichen Fächer mit angebunden. In der DDR gab es ja für die naturwissenschaftlichen Fächer einen sehr hohen Stellenwert. Vielleicht war das systembedingt, weil man damit natürlich versuchte, junge Leute heranzuziehen, die dann in der Produktion klug sind, ihre Aufgabe erfüllen können, die Pläne erfüllen, wie man immer so schön gesagt hat. Die politische Bildung stand ganz oben in der DDR. Auch der naturwissenschaftliche Unterricht war davon betroffen."
Astronomie war in der DDR ein Pflichtfach für Schülerinnen und Schüler der neunten und zehnten Klassen. Im Zentrum des Unterrichts standen vor allem die Errungenschaften der sowjetischen Raumfahrt: Immerhin war Sputnik der erste Satellit in der Menschheitsgeschichte. Und auch bei den bemannten Raumflügen hatte die damalige Sowjetunion lange Zeit die Nase vorn. Juri Gagarin eroberte 1961 als erster Mensch den Kosmos. So war die Astronomie auch Teil der politischen Bildung, um die Überlegenheit der kommunistischen Länder zur Schau zu stellen.
Bis heute ist die Astronomie in Thüringen und Sachsen-Anhalt ein Pflichtfach geblieben. Brandenburg hatte sich von der Astronomie nach der Wende zunächst verabschiedet, dann aber das Fach wieder eingeführt. Dr. Volker Richter erarbeitet im Landesinstitut für Schulqualität der Stadt Halle die Astronomie-Lehrpläne für Sachsen-Anhalt:
"Nun, es war die Infrastruktur für dieses Fach da. Es waren die Lehrkräfte da. Und es ist auch ein Fach mit sehr hoher Akzeptanz bei Schülerinnen und Schülern. Das hat verschiedene Gründe: einmal vom Gegenstand her. Es fängt relativ spät an. Es ist ein sehr interessanter Gegenstand. Und zum anderen ist es immer Prüfungsfach gewesen, und als ein Wahlprüfungsfach von Schülerinnen und Schülern sehr gerne angewählt worden, weil man nur den Hintergrund von einem Schuljahr hatte. Aber es ist eben auch ein sehr interessanter Gegenstand. Und das kann man also, wenn man das geschickt methodisch macht mit Besuchen an Planetarien sehr schön aufbereiten."
Jugendliche im "Raumflug Planetarium Sigmund Jähn der Stadt Halle": Die Vierzehnjährigen kommen vom Gymnasium "Am Markt" aus Hettstedt und warten auf eine Einführung in die Sternenkunde. Im nächsten Jahr beginnt für sie die Astronomie als Pflichtfach. Volker Schreiber - einer von drei Physik-Lehrern, die im Planetarium unterrichten - erarbeitet mit den Schülerinnen und Schülern Sonnenaufgangsszenarien:
"Wir wollen mal schauen, was die Sonne in der Zeit macht und schieben ganz einfach unseren Kalender auf den 21. März. Auf den Frühlingsanfang. Wir verschieben einfach, so leicht geht das im Planetarium, das Datum auf den Frühlingsanfang. Und jetzt schauen wir mal, wo die Sonne aufgeht. Jetzt haben wir Frühlingsanfang. Und sie geht genau unter dem "O" wie Osten auf."
Für Physik-Lehrer Volker Schreiber, der seit 18 Jahren Astronomie unterrichtet, ist das Planetarium ein ganz normales Klassenzimmer und kein Raum für Show-Effekte. Um die jungen Leute für die Sterne zu begeistern, zeigt er die Geburtsstätten der Sterne, und dass alles - so auch das Weltall - vergänglich ist.
"Dieses Licht, was wir jeden Abend von allen Sternen sehen, ist Licht aus der Vergangenheit. Lange, lange, bevor es euch, bevor es mich, bevor es sogar die Menschen gab. Das Licht von den weitesten Sternen hat eine Zeit oder einen Weg von über zwölf Milliarden Jahren zurückgelegt. Das sind die weitesten Sterne."
Wozu die Astronomie gut ist? Für Uwe Nichelmann, der mit seiner Klasse ins Planetarium der Stadt Halle gekommen ist, eigentlich eine überflüssige Frage:
"Wenn man dann des Nachts unterwegs ist und dann zum Himmel guckt und da und dort vielleicht auch eine Sache seinen Kindern beantworten kann, dann ist das schon - glaube ich - sehr viel wert. Wenn sich daraus ein Berufswunsch entwickelt, und dieser oder jener die Mathematik oder die Physik etwas näher kennenlernt, dann ist das noch - glaube ich - wünschenswerter. Ja, und ansonsten, glaube ich, gehört das zur Allgemeinbildung dazu, einige Sachen zu wissen."
Anderthalb Stunden Astronomie haben die Schülerinnen und Schüler hinter sich. Maria, die das Planetarium mit leuchtenden Augen verlässt, freut sich schon auf den Astronomieunterricht, der im kommenden Schuljahr für sie zur Pflicht wird. Ihr Berufswunsch geht allerdings in eine völlig andere Richtung.
"Ich möchte mal Behindertenerzieherin werden, weil auch mein Bruder selber Down-Syndrom hat, und mir macht das eigentlich viel mehr Spaß mit anderen Menschen umzugehen. Aber: Trotzdem interessiert mich das hier eigentlich schon alles so mit Astronomie - und ich freue mich eigentlich auch auf das nächste Jahr, wenn wir das alles dazu bekommen."
Das Beispiel zeigt: Astronomie-Unterricht kann den Berufswunsch und die Neigung junger Menschen nur bedingt beeinflussen. Derzeit hoffen Politiker - insbesondere Bundesbildungsministerin Annette Schavan - auf die weichenstellende Wirkung der Astronomie, so auch mit der Aktion "Teleskope für die Kitas". Ob die Rechnung am Ende aufgeht, ist fraglich. Dr. Volker Richter vom "Institut für Schulqualität" in Halle unterrichtete über viele Jahre in der DDR Astronomie. Sein Urteil heute: Man könne die jungen Menschen nicht so einfach programmieren, wie man sich das gerne vorstellt:
"Man kann natürlich durch einen interessant gestalteten naturwissenschaftlichen Unterricht sicherlich Motivation schaffen, sich in diese Richtung erst einmal zu orientieren und dann später in diese Richtung auch ein Studium aufzunehmen. Aber dass es da eine Kausalität gibt - viel Astronomieunterricht, viel Ingenieurstudenten - das kann ich mir nicht vorstellen."