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Staatliche Förderung für Verlage
"Freies Zeitungswesen funktioniert nur im Wettbewerb"

Eine staatliche Förderung privater Medien wie Tageszeitungen? Die Verleger selbst lehnen den Vorschlag von Bremens neuem Bürgermeister Andreas Bovenschulte ab. David Koopmann von der Bremer Tageszeitungen AG sagte im Dlf, das würde "die Unabhängigkeit der freien Presse gefährden".

David Koopmann im Gespräch mit Bettina Schmieding |
Tageszeitungen stecken in verschiedenen Briefkästen eines Mietshauses.
Tageszeitungen stecken in verschiedenen Briefkästen eines Mietshauses. (picture alliance/Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa)
Der Vorschlag des SPD-Politikers Bovenschulte "könnte dazu führen, dass Tageszeitung sich sehr populistisch gegenüber ihren 'Wählern' verhalten und populistische Zeitungen meinen, einen Vorteil zu bekommen". Das könnte die Medienlandschaft einschneidend verändern, warnte der Vorstand der Bremer Tageszeitungen AG. "Wir finden eher, dass Infrastruktur gefördert werden sollte", so Koopmann.
Im Verlag Bremer Tageszeitungen AG erscheinen verschiedene Regionalzeitungen, die in Bremen und im niedersächsischen Umland erscheinen, wie der Weser-Kurier mit den Kopfausgaben Bremer Nachrichten und Verdener Nachrichten sowie die Sonntagszeitung Kurier am Sonntag.
Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat gerade beschlossen, die Zeitungszustellung im kommenden Jahr mit 40 Millionen Euro zu unterstützen, damit die Verleger den Zustellern den staatlichen Mindestlohn zahlen können. Koopmann kann sich aber auch andere Formen öffentlicher Förderung vorstellen.
Andere Formen der Förderung?
So habe der Staat früher Leistungen von Zeitungen bezogen "wie das Veröffentlichen von Handelsregister-Bekanntmachungen, Insolvenzregistern und Stellenanzeigen". Das sei in den vergangenen Jahrzehnten "Stück für Stück abgebaut worden". Vielleicht, so Koopmann, müsse man da "zu einem neuen Konsens kommen".
Beispielsweise könnten Tageszeitungen auch als digitales Angebot an Schulen oder Kindergärten zur Verfügung gestellt werden. Doch davon dürfe ein Zeitungsverlag niemals abhängig werden, betonte er. Ein freies Zeitungswesen funktioniere nur "im Wettbewerb und mit funktionierenden Geschäftsmodellen".
Bovenschulte: Über Medien abstimmen lassen
Andreas Bovenschulte von der SPD hatte sich am Montag dafür ausgesprochen, privaten Medien zu helfen. Eine "Unterstützung der öffentlichen Hand" sei "erforderlich", sagte Bovenschulte gegenüber Radio Bremen. Die Diskussion ist nicht neu, @mediasres hat Ende Juni über verschiedene Vorschläge berichtet. Eine mögliche Idee: per Gießkannen-Prinzip Gelder an alle Verlage auszuschütten - entsprechend ihrer Auflage.
Andreas Bovenschulte steht vor der Bremer Bürgerschaft. 
Andreas Bovenschulte, Bremens neugewählter Regierungschef (dpa)
Für Bovenschulte ist das keine Option. Er plädiert in dem Interview dafür, Bürgerinnen und Bürger abstimmen zu lassen, "vielleicht parallel zu einer Landtagswahl, welche Medien eine Förderung bekommen und welche nicht". Und um so eine Förderung könnten dann sich auch Start-Ups und neue Medien bewerben.
Gemischte Reaktionen
Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger erklärte daraufhin gegenüber Meedia kurz und knapp: "Der BDZV lehnt eine staatliche Förderung von redaktionellen Inhalten ab. Der Vorschlag von Andreas Bovenschulte ist daher nicht zielführend."
Der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands, Frank Überall, kommentierte im selben Portal, er freue sich, wenn ein Ministerpräsident "die Risiken des fortschreitenden Mediensterbens nicht nur erkennt, sondern auch praktische Lösungsvorschläge macht". Allerdings seien die Pläne "unausgereift".
Anlass für Bovenschultes Interview war die Ankündigung der Bremer Tageszeitungen AG, im kommenden Jahr das eigene Druckhaus zu schließen.