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Staatliche Kredite für Condor
Rettungsgelder, die nicht immer helfen

Mit staatlichen Hilfen in Höhe von 380 Millionen Euro soll die deutsche Thomas-Cook-Airline Condor unterstützt werden, um den Betrieb aufrechtzuerhalten und Arbeitsplätze zu sichern. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt aber, dass staatliche Hilfen nicht immer das gewünschte Ziel erreichen.

Von Brigitte Scholtes |
Das Bild zeigt eine Boeing 757 der deutschen Fluggesellschaft Condor beim Abheben von einer Startbahn.
Eine Boeing 757 der deutschen Fluggesellschaft Condor (imago stock&people)
"Gerhard, Gerhard…"
Es ist der Abend des 24. November 1999. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder tritt nach einer Krisensitzung beim Baukonzern Philipp Holzmann vor die wartenden Mitarbeiter an der Taunusanlage in Frankfurt:
"Liebe Freunde, und darf ich das sagen jetzt und gerade jetzt: Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen: Wir haben‘s geschafft!"
Schröder hatte eine Staatsbürgschaft zugesagt, die jedoch an weitere Banken-Hilfen geknüpft war. Das Geld ist deshalb nie geflossen, das Unternehmen war drei Jahre später pleite. Aber der Fall zeigt: Der Staat beziehungsweise seine gewählten Politiker wissen um die Punkte, die sie mit einer Hilfestellung bei Arbeitnehmern und damit Wählern machen können.
Vereinzelt halfen Staatskredite zum Überleben
Zumindest kurzfristig, denn in Erinnerung sind vor allem die Fälle, in denen Staatshilfe nichts mehr gebracht hat. 2002 etwa sprang der Staat beim Maschinenbauer Babcock Borsig ein, der aber dennoch nicht überlebte. Positive Beispiele gibt es auch: Etwa das Telekommunikationsunternehmen Mobilcom, das 2002 gerettet wurde und dann in Freenet aufging. Oder Beiersdorf: Da stieg 2003 die Stadt Hamburg ein und verhinderte zusammen mit dem Kaffeeröster Tchibo die Zerschlagung. Nicht immer aber half der Staat, so etwa nicht beim Familienunternehmen Schaeffler, das nach der schuldenfinanzierten Übernahme der größeren Continental von der Finanzkrise kalt erwischt worden war. Matriarchin Maria-Elisabeth Schaeffler hatte damals um staatliche Unterstützung gebeten:
"Wir sind uns bewusst, dass wir Bund und Länder zur zeitlich begrenzten finanziellen Überbrückung brauchen. Aber wir glauben auch, dass die dazu notwendigen politischen Entscheidungen leichter fallen, wenn Gesellschafter und Gewerkschaft an einem Strang ziehen."
Wann finanzielle Hilfe Sinn machen kann
Die Neuaufstellung des Unternehmens gelang dann ohne den Staat, mit Hilfe der Banken und der Beschäftigten. Doch anderen Unternehmen in dieser Zeit sprang der Staat zur Seite, sagt ZEW-Präsident Achim Wambach, der auch der Monopolkommission des Bundes vorsteht:
"Der Staat hat eine ganze Reihe von Krediten gegeben während der Wirtschaftskrise, weil man gesagt hat, die Finanzmärkte funktionieren nicht richtig, die Unternehmen haben kein Insolvenzproblem, sondern sie haben ein Liquiditätsproblem. Und bevor man die also jetzt in die Insolvenz laufen lässt, nur weil sie jetzt temporär nicht Geld zur Verfügung haben, dann sollte der Staat helfen."
Ein weiteres Kriterium für Staatshilfe sind die Auswirkungen einer Insolvenz auf den Markt – das war der wesentliche Grund, warum der Staat in der Finanzkrise bei der Commerzbank und anderen Banken einstieg – mit bisher großen Verlusten ihrer Anteilswerte.
Schlecker, Air Berlin ...
Aber auch die Konkurrenzsituation ist von Bedeutung: Wird der Wettbewerb beschränkt, wenn ein Unternehmen aus dem Markt geht? Das sah 2012 etwa die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung bei der Drogeriekette Schlecker nicht so, sie ging in die Insolvenz. Staatshilfe floss bei Air Berlin vor zwei Jahren, doch die Fluggesellschaft wurde dennoch zerschlagen. Zumindest aber wurde der Kredit von 150 Millionen Euro aus der Insolvenzmasse zurückgeführt.
Staatshilfe oder nicht – das sei immer wieder eine schwierige Entscheidung, sagte nach der Schlecker-Pleite der damalige Chef der staatseigenen KfW, Ulrich Schröder:
"Die ordnungspolitische Fragestellung, die sich hinter einer solchen Kreditentscheidung stellt, die muss die Politik treffen, da gehört sie auch hin. Und ich habe darauf hingewiesen, dass es manchmal ganz angenehm ist, nur Banker und nicht Politiker zu sein."