Zwar stimmt es, dass Angela Merkel, Jean-Claude Juncker, David Cameron nach Paris gekommen sind, um die Toten der Anschläge auf "Charlie Hebdo" und der Geiselnahme in einem Supermarkt in Paris zu ehren. Sie sind tatsächlich mit François Hollande auf die Straße gegangen, um für die Freiheit zu demonstrieren. Doch es war eine leere Straße. Die Spitzenpolitiker waren nämlich nicht Teil und Spitze des Marsches der Millionen, wie es die Fernsehbilder suggeriert haben.
Die Politiker versammelten sich in einer leeren Nebenstraße
Denn aufgenommen wurden die Bilder nicht da, wo all die anderen demonstrierten, sondern in einer eher ruhigen Nebenstraße, wie "The Independent" oder die "Daily News" aus den USA berichten. Es soll sich um den Platz Léon Blum gehandelt haben, unweit der Metro-Station Voltaire. Dort trafen die Politiker auf ziemlich viele Journalisten - aber eben nicht auf das Volk. Nach den Aufnahmen seien die meisten Präsidenten und Regierungschefs weggefahren. Nur François Hollande und sein Premier Manuel Valls seien zur großen Kundgebung dazu gestoßen.
Die Inszenierung dürfte mit Sicherheitsfragen zu tun haben, die nicht von der Hand zu weisen sind. Und doch bleibt die Frage, warum nicht mit offenen Karten gespielt wurde.
Ultraorthodoxe Zeitung retuschiert Merkel aus dem Bild
Das ultraorthodoxe Blatt "Hamodia" aus Israel nahm eine andere "Korrektur" vor: Um keine Frauen abbilden zu müssen, verschwanden Angela Merkel und die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Die Folge: Anstatt mit Kanzlerin marschiert François Hollande in der Version "Hamodia" neben Palästinenserpräsident Mahmud Abbas.
Auch sonst wird über die Kundgebung diskutiert
Im Übrigen ist das nicht der einzige Punkt, der im Zusammenhang mit der Pariser Großdemonstration weiter für Diskussionen sorgt. In den USA muss Präsident Barack Obama sich immer noch unbequemen Fragen stellen, warum Washington "nur" mit Justizminister Eric Holder vertreten war. Die US-Regierung hatte wohl unterschätzt, welche Symbolkraft der Trauermarsch bekommen würde.
"Je suis Nico" - Sarkozy zieht Spott auf sich
Und es gibt viel Hohn und Spott im Netz. Zum Beispiel für den ehemaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, der gerne auch der nächste Staatschef sein will. Zur weiteren Profilierung hatte er sich aus Sicht mancher auf der Kundgebung etwas in den Vordergrund geschoben. Nun muss er mit Fotomontagen leben, die auf der Kundgebung dreißig und mehr Sarkozys zeigen, in den Kleidern von Hollande, Merkel und all den anderen.
Das ebenfalls ironische Schlagwort "Je suis Nico" ist nun auch der Titel eines Blogs mit weiteren Montagen, die Sarkozy bei anderen historischen Momenten "zeigen".
Schließlich gibt es auch weiter viel Verwunderung, dass sich am vergangenen Sonntag mancher - wie Ungarns Premier Victor Orbán - zur Pressefreiheit bekannt hat, der zuhause in der eigenen politischen Verantwortung nicht dafür bekannt ist.
(mb/bor)