Einbürgerung
Neues Staatsbürgerschaftsrecht in Kraft getreten

Einbürgerungen sind jetzt einfacher in Deutschland. Durch die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts können Ausländer, die schon länger in Deutschland leben, schneller die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen. Aber es gibt auch Kritik.

27.06.2024
    Ein Antrag auf Einbürgerung und ein deutscher Pass liegen auf einem Tisch.
    Einbürgerungen in Deutschland könnten jetzt schneller gehen (picture alliance / SVEN SIMON / Frank Hoermann)
    Fast elf Millionen Menschen leben laut Statistischem Bundesamt in Deutschland ohne deutsche Staatsbürgerschaft – etwa jeder achte Einwohner. Um den Weg zum deutschen Pass zu verkürzen, hat der Bundestag am 19. Januar 2024 eine Reform des Staatsangehörigkeitsrecht beschlossen. Am 27. Juni 2024 ist sie in Kraft getreten.
    Eine Einbürgerung ist damit nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland möglich – statt wie bisher nach acht Jahren. Für besonders gut Integrierte ist die Einbürgerung schon nach drei Jahren möglich.
    Wer sich einbürgern lassen will, muss finanziell für sich und gegebenenfalls auch seine Familie sorgen können – darf also keine Sozialleistungen beziehen. Ausgeschlossen ist eine Einbürgerung auch, wenn der Antragsteller sich nicht zu den Werten einer freiheitlichen Gesellschaft bekennt.

    Inhaltsverzeichnis

    Was hat sich im Staatsbürgerschaftsrecht geändert?

    Nach Deutschland eingewanderte Menschen mit einem qualifizierten Aufenthaltsrecht können jetzt nach fünf Jahren eingebürgert werden. Besonders gut integrierte Menschen können bereits nach drei Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten.
    Auch die Mehrstaatigkeit und damit die lange umstrittene doppelte Staatsbürgerschaft wird mit dem Gesetz möglich. In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern erhalten künftig automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. Voraussetzung dafür ist, dass mindestens ein Elternteil seit mehr als fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt.
    Integrationsstaatsministerin Reem Alabali-Radovan (SPD) sieht in der Reform die Anerkennung der Lebensrealität vieler Menschen mit Migrationsgeschichte.

    Bekenntnis zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands

    Für die Einbürgerung müssen sich Menschen, die eingebürgert werden wollen, wie auch bisher schon zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Hinzugekommen ist eine Präzisierung auf die FDP-Politiker Stephan Thomae verwies: „Menschen, die antisemitische, rassistische, menschenfeindliche Straftaten begangen haben, können eben nicht Deutsche werden", so Thomae.
    Neu ist zudem ein Bekenntnis zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihre Folgen insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens sowie zum friedlichen Zusammenleben der Völker und dem Verbot der Führung eines Angriffskrieges.

    Sicherung des Lebensunterhalts

    Zwingende Voraussetzungen für die Einbürgerung sind unter anderem Sprachkenntnissen und die Sicherung des Lebensunterhaltes für sich und die Familie. Eine Ausnahme gilt bisher allerdings für diejenigen, die nicht selbst verschuldet staatliche Leistungen beziehen müssen, zum Beispiel durch Krankheit. Letztere Ausnahme soll nun wegfallen. Ob jemand dennoch die Staatsbürgerschaft bekommt, soll im Ermessen der Behörden liegen.

    Bisherige Voraussetzungen für die Einbürgerung

    Bislang mussten Ausländer acht Jahre, bei besonderen Integrationsleistungen mindestens sechs Jahre "dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland" gelebt haben, bevor ein Anspruch auf Einbürgerung bestand. (*) Zusätzlich werden mündliche und schriftliche Sprachkenntnisse verlangt. Auch einen Einbürgerungstest müssen Antragssteller vor der Einbürgerung bestehen.
    Die bisherige Staatsangehörigkeit musste man im Regelfall aufgeben. Es gab jedoch zahlreiche Ausnahmen, die eine mehrfache Staatsbürgerschaft erlauben. EU-Bürger und Schweizer durften ihre bisherige Staatsangehörigkeit beispielsweise behalten.

    Wer könnte von den Änderungen profitieren?

    Zum Ende des Jahres 2021 lebten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 11,8 Millionen Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft in Deutschland. 5,9 Millionen, also etwa die Hälfte, lebten seit mehr als acht Jahren in Deutschland, also lange genug, um sich auch nach geltendem Recht um eine Einbürgerung bemühen zu können. Etwa zwei Millionen Menschen können von einer Verkürzung der nötigen Aufenthaltsdauer auf fünf Jahre profitieren.

    Doppelte Staatsbürgerschaft: Nicht-EU-Bürger vs EU-Bürger

    Dass die bisherige Staatsangehörigkeit zukünftig grundsätzlich kein Thema mehr ist, erleichtert Nicht-EU-Bürgern den Zugang zur Staatsbürgerschaft.
    Bis zu drei Millionen Menschen könnte die Reform hier akut den Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft erleichtern. So viele Nicht-EU-Bürger leben seit mehr als acht Jahren in Deutschland.
    Die ausländische Bevölkerung ist in der Grafik nach Aufenthaltsdauer in Jahren aufgeschlüsselt. 5,9 Millionen Menschen leben seit über 8 Jahren ohne deutsche Staatsbürgerschaft in Deutschland. 1,4 Millionen Menschen sogar seit 40 Jahren oder mehr.

    Sprachnachweise werden für Ältere vereinfacht

    Dass Menschen ab 67 Jahren zukünftig keine formalen Deutschkenntnisse mehr nachweisen und auch keinen Wissenstest mehr bestehen müssen, könnte etwa einer Millionen Menschen den Weg zum deutschen Pass erleichtern. Nach Zahlen des statistischen Bundesamtes leben 1,1 Millionen Menschen in Deutschland, die keinen deutschen Pass haben und über 65 Jahre als sind.

    Reaktionen auf die Gesetzesänderung

    Kritik kommt unter anderem aus der CDU. Der Parteivorsitzende Friedrich Merz schrieb auf der Online-Plattform X, nie in der Geschichte des Landes habe eine Regierung so klar gegen die Interessen der Bevölkerung regiert. Der thüringische CDU-Landeschef Mario Voigt kritisierte ebenfalls bei X, die Ampel mache die deutsche Staatsbürgerschaft zu "Ramsch-Ware".
    Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Alexander Throm, hatte kurz vor der Abstimmung im Bundestag im Deutschlandfunk kritisiert, es handle sich um ein „Staatsangehörigkeitsentwertungsgesetz“.
    Die Türkische Gemeinde in Deutschland geht davon aus, dass sich durch das geänderte Staatsbürgerschaftsrecht deutlich mehr Menschen einbürgern lassen. Viele würden jetzt merken, dass eine Einbürgerung mehr Vorteile als Nachteile bringe.
    Lob kam auch vom Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. Dem Handelsblatt sagte er vor der Verabschiedung des Gesetzes, eine klare Perspektive auf Staatsangehörigkeit sei ein wichtiges Element, um Deutschland attraktiver für ausländische Fachkräfte zu machen.

    Was sieht das Fachkräfteinwanderungsgesetz vor?

    Ausländische Fachkräfte sollen künftig leichter nach Deutschland kommen können. Das sieht das bereits im Sommer beschlossene Fachkräfteeinwanderungsgesetze vor.
    „Wir brauchen qualifizierte Zuwanderung aus dem Ausland“, sagte Bundesminister Hubertus Heil (SPD) im Deutschlandfunk und forderte die Stärkung der inländischen Aus- und Weiterbildung von Fachkräften als auch deren Einwanderung.
    Viele Unternehmen haben seit langem erhebliche Schwierigkeiten, qualifizierte Fachkräfte zu finden. Die Zahl der offenen Stellen lag 2022 bei rund 1,98 Millionen, der höchste je gemessene Wert. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz sieht vor, dass jeder, der einen in Deutschland erworbenen oder anerkannten Abschluss hat, künftig jede qualifizierte Beschäftigung ausüben kann. 
    Ein weiterer Aspekt im Fachkräfteeinwanderungsgesetz fokussiert auf Berufserfahrung. Damit wird Arbeitskräften die Einwanderung ermöglicht, die mindestens zwei Jahre Berufserfahrung und einen im Herkunftsland staatlich anerkannten Berufsabschluss haben. Wer seinen Berufsabschluss in Deutschland anerkennen lassen will, kann das künftig zudem auch erst nach der Einreise nach Deutschland tun.
    Ein weiterer Weg hat das Potenzial der Menschen im Blick. Neu eingeführt wird eine Chancenkarte zur Arbeitssuche, die auf einem Punktesystem basiert. Zu den Auswahlkriterien gehören Qualifikation, Deutsch- und Englischkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug, Alter und das Potenzial des mitziehenden Ehe- oder Lebenspartners bzw. der mitziehenden Ehe- oder Lebenspartnerin. 
    Außerdem wird für Branchen mit besonders großem Bedarf erstmals eine kontingentierte kurzzeitige Beschäftigung geschaffen. Wer über diesen Weg kommt, darf unabhängig von einer Qualifikation acht Monate in Deutschland arbeiten.

    bu, pto
    (*) Anmerkung der Redaktion: Wir haben an dieser Stelle eine zu enge Formulierung gestrichen.

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