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Staatskredit für Air Berlin
"Das ist Steuerverschwendung"

Wegen der Pleite der Air-Berlin-Tochter Niki geht dem Staat möglicherweise ein Millionenkredit verloren. Bei der Vergabe der staatlichen Unterstützung sei er von Anfang an skeptisch gewesen, sagte der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach im Dlf. Der Staat dürfe keine Kredite geben, wenn keine Sicherheiten vorhanden seien.

Hans Michelbach im Gespräch mit Christine Heuer |
    Hans Michelbach von der CSU
    Hans Michelbach von der CSU (imago/Sven Simon)
    Christine Heuer: 150 Millionen Euro für die insolvente Air Berlin, Steuergelder, mit denen die Bundesregierung im Sommer gebürgt hat. Mit großer, großer Wahrscheinlichkeit, so Angela Merkel damals, werde das Geld zurückfließen, und zwar über den Verkauf der Air Berlin-Tochter Niki an die Lufthansa. Doch die will Niki jetzt nicht mehr, weil nämlich die Wettbewerbshüter in Brüssel Einspruch erhoben und wohl hohe Auflagen gemacht hätten. Lufthansa verzichtet also auf Niki, und wir Steuerzahler gucken in die Röhre. Sieht so verantwortliche Politik aus? Fragen jetzt an den CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach. Guten Morgen!
    Hans Michelbach: Guten Morgen!
    Heuer: Ist von den 150 Millionen Euro, für die der Bund gebürgt hat, noch etwas zu retten?
    Michelbach: Ja, ich war von Anfang an sehr skeptisch, dass man eine Staatsbürgschaft gibt im Rahmen einer Insolvenz, denn man hat zwar damals erklärt, man würde an erster Rangstelle stehen und man würde in jedem Fall dann das Geld im Zuge eines Verkaufs der Reste bekommen. Aber es ist natürlich klar, dass jeder Insolvenzverwalter erklärt, wenn keine Masse mehr da ist, dann schaut auch die erste Rangstelle in die Röhre. Und so genau ist es passiert. Man hat keine Mittel, und man musste auch sehen, dass die Air Berlin wie auch Niki dadurch keine Masse hat. Die Flugzeuge waren von vornherein nur geleast, das heißt keine Sicherheiten, und der Staat und auch eine Staatsbank dürfen natürlich keine Kredite geben, wenn keine Sicherheiten vorhanden sind.
    "Das kann so eigentlich nicht stattfinden"
    Heuer: So, das ist aber alles trotzdem passiert. Wer ist schuld daran?
    Michelbach: Ja, eine zu leichtfertige Vergabe, das kann so eigentlich nicht stattfinden, denn das sind Steuermittel, und man muss leider sagen, wenn hier dieser Kredit ausfällt, dann muss der Staat bürgen, und das ist eine Steuerverschwendung.
    Heuer: Also hat die Bundesregierung einen Fehler gemacht zulasten der Steuerzahler?
    Michelbach: Das ist im Bundeswirtschaftsministerium trotz meiner Skepsis so entschieden worden. Das ist ganz klar, das ist ein Fehler, für den jemand geradestehen muss.
    Heuer: Ja, aber das zielt ja auf Brigitte Zypries, also auf die SPD. Herr Michelbach, stimmt das, die Union ist schon noch beteiligt an dieser Regierung?
    Michelbach: Das ist eine Gesamtentscheidung natürlich der Bundesregierung, da sind alle beteiligt, das will ich auch gar nicht parteipolitisch sehen. Fakt ist, dass man solche Dinge nicht machen darf und dass man auch mal auf Abgeordnete hört, die natürlich eine Fachexpertise haben und ihre Skepsis damals schon bekannt gegeben haben, dass das wahrscheinlich nicht mehr zurückgezahlt wird.
    Heuer: Also Angela Merkel hätte auf Sie hören sollen, und es war ein Fehler, dass sie das nicht getan hat.
    Michelbach: Nicht nur Angela Merkel, die ganze Bundesregierung muss auch mal sehen, dass Abgeordnete natürlich nicht leichtfertig ihr Wort erheben und sagen, seid vorsichtig, das kann so nicht stattfinden.
    Heuer: Herr Michelbach, jetzt haben Sie mehrfach gesagt, dass Sie von Anfang an skeptisch waren, das hab ich auch gelesen. Ich hab aber auch gelesen, dass Sie im August gesagt haben, trotzdem sei die Unterstützung gerechtfertigt, um Urlauber zurückzuholen.
    Michelbach: Das ist richtig. Man hätte mit anderen Fluggesellschaften vereinbaren müssen, dass sie die Urlauber natürlich zurückholen, denn es kann ja nicht zulasten der Kunden von Air Berlin oder Niki gehen. Ich glaube, das hätte man natürlich vereinbaren können, denn die Fluggesellschaften, gerade wie die Lufthansa, waren ja groß interessiert an der Übernahme, und man hat natürlich jetzt auch nicht damit rechnen können, dass überhaupt keine Übernahme stattfindet. Aber das hätte man mit den Fluggesellschaften vereinbaren können, hätte sich vielleicht auch Sicherheiten von Lufthansa geben können, dann hätte man das Geld nicht in den Wind schreiben dürfen.
    "Staatsbürgschaften in einer Insolvenz sind immer sehr fragwürdig"
    Heuer: Aber war es nicht so, erinnern wir uns mal an die Situation letzten Sommer, Herr Michelbach, da war Wahlkampf, und da wären Bilder gestrandeter Urlauber gar nicht gut gekommen. War das Wahlkampf mit Steuergeldern?
    Michelbach: Gut, gestrandete Urlauber sind immer natürlich nicht schön, und man in jedem Fall natürlich auch das Vertrauen der Kunden in die Luftfahrtunternehmen natürlich auch vonseiten des Staates sehen, aber …
    Heuer: Aber Wahlkampf war schon, ne?
    Michelbach: Es ist immer Wahlkampf, denn …
    Heuer: Das wird teuer.
    Michelbach: Es wird immer natürlich gewichtet werden, ob geholfen wird oder nicht. Die Hilfe war nur in diesem Fall sehr dilettantisch angepackt, nämlich auf Kosten einer Staatsbürgschaft, und Staatsbürgschaften in einer Insolvenz sind immer sehr, sehr, sehr fragwürdig.
    Heuer: Ist es, Herr Michelbach, überhaupt Aufgabe der Bundesregierung, insolventen Firmen Geld zuzuschießen, macht man das grundsätzlich oder sollte man das nicht grundsätzlich ausschließen?
    Michelbach: Das ist einer freien sozialen Marktwirtschaft natürlich fragwürdig. Das ist ordnungspolitisch nicht in Ordnung, weil man immer natürlich auch die Gleichbehandlung nicht (Wort nicht verständlich) kann, man kann nicht alle Unternehmen, die in die Insolvenz geraten, vonseiten des Staates mit Staatsbürgschaften ausstatten. Hier hat man das getan, da gibt es dann Wettbewerbsverzerrungen und keine Gleichbehandlung, das ist das Problem. Deswegen sollte sich der Staat rein aus ordnungspolitischen Gründen aus Krediten und Staatsbürgschaften gegenüber privatwirtschaftlichen Unternehmen heraushalten.
    Heuer: Aber das hat diese Bundesregierung im Falle von Air Berlin, also eigentlich im Falle der Lufthansa nicht getan und damit zu einer Monopolbildung beigetragen. Das ist doch ein Sündenfall.
    Michelbach: Tja, die Monopolbildung hat ja jetzt nicht stattgefunden. Man hat jetzt natürlich die Situation, was ist mit dem Wettbewerb insgesamt. Ich denke, die Europäische Kommission hätte sich schon einigen können, indem sie jetzt die Niki in irgendeiner Form mit Lufthansa den Verkauf zustande gebracht hat. Aber da hat man natürlich auch sehr einseitig gegen Lufthansa agiert.
    "Die EU-Kommission hat sich zum Rächer aufgespielt"
    Heuer: Finden Sie?
    Michelbach: Jetzt hat man die Situation, dass Lufthansa natürlich die eigenen Slots erwerben kann und sich auch diese Dinge doch einverleibt. Ich denke, hier hat auch die EU-Kommission Fehler gemacht. Man hätte an Easyjet, an Lufthansa Teile von Niki doch veräußern sollen.
    Heuer: Aber Herr Michelbach, war es nicht vor allen Dingen die Bundesregierung, die immer in diesen ja sehr kurzfristigen und intensiven Verhandlungen immer die Lufthansa unterstützt hat?
    Michelbach: Ja, aber das hat dazu geführt, dass die EU-Kommission sich gewissermaßen zum Rächer aufgespielt hat.
    Heuer: Ist es denn nicht die Aufgabe von Wettbewerbshütern, zu sagen, nee, so geht es nicht?
    Michelbach: Klar, die haben natürlich schon versucht, die Lufthansa oder Niki in eine Verwendung zu bringen und das Personal und die Mitarbeiter auch zu schützen, aber man hat natürlich nicht damit gerechnet, dass Lufthansa natürlich sehr schnell dann aussteigt, wenn die Dinge überfordert werden. Jetzt haben wir die Situation, dass keine Masse entsteht, jetzt haben wir die Situation, dass die Mitarbeiter auf der Straße stehen. Jetzt muss man natürlich die Hoffnung haben, dass andere einsteigen und dass die EU-Kommission auch versucht, die Lösungen zu erreichen. Nur weitere Anbieter können auch die hohe Nachfrage nach Flügen von Flugkunden erfüllen.
    Heuer: Hans Michelbach, CSU-Finanzpolitiker, er ist auch Vorsitzender der CSU-Mittelstandsunion, war das im Interview mit dem Deutschlandfunk. Herr Michelbach, vielen Dank dafür!
    Michelbach: Ich danke Ihnen!
    Heuer: Schönen Tag!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.