Über 30.000 Straßen- und Parkbäume wachsen in Jena. In einem Klima, das eh schon warm und ziemlich regenarm ist. In Zukunft wird der Hitze- und Trockenstress für das Stadtgrün noch größer werden. Vor allem im Frühjahr sollen die Niederschlagsmengen deutlich zurückgehen. Das lassen Klimasimulationen für die Universitätsstadt befürchten. Manche beliebten Gehölze werden mit dieser Entwicklung nicht mehr klar kommen, wie Daniel Knopf sagt, der in Jena arbeitet - am Thüringer Institut für Nachhaltigkeit und Klimaschutz:
"Da würde ich zum Beispiel den Bergahorn benennen. Der ist eher eine feuchteliebende Baumart. Vielleicht auch die Sommerlinde. Das sind so Arten, die ich ein bisschen kritisch betrachten würde für die Zukunft."
Knopf leitet das Projekt "Stadt- und Straßenbäume im Klimawandel" in Jena. Es ist ein Pilotvorhaben:
"Bisherige Stadt- und Straßenbaumkonzepte haben den Klimawandel immer nur so als peripheres Element betrachtet. Wir versuchen den Klimawandel mal wirklich ins Zentrum zu rücken. Das ist jetzt wirklich eine innovative Geschichte, die ich so bisher bei keiner anderen Stadt gesehen habe."
Am Projekt beteiligt ist auch Andreas Roloff, Professor für Forstbotanik an der TU Dresden. Er hat Bäume nach ihrer klimatischen Anpassungsfähigkeit katalogisiert. Dadurch kennt man die Arten, die geeignete Kandidaten für den Klimawandel sind. Und den zunehmenden Hitze- und Trockenstress auch in Jena gut wegstecken sollten. Laut Daniel Knopf sind darunter zum Beispiel viele Eichenarten:
"Denen kommt diese Temperaturerhöhung durchaus entgegen. Oder auch der Feldahorn, um mal bei den Einheimischen auch zu bleiben, ist durchaus eine geeignete Baumart. Super trockentolerant. Und, ja, bei den Linden vielleicht auf die Sommerlinde verzichten und dafür die durchaus stadtklimataugliche Silberlinde beispielsweise verwenden. Und beim Ahorn eben weniger den Bergahorn mit einbeziehen und dafür aber mehr Spitz- und Feldahorn eben."
Es gibt noch weitere Kriterien, die wichtig sind bei der Auswahl geeigneter Gehölze. Im Fall von Straßenbäumen zum Beispiel: Wie stark ist der Boden versiegelt? Wie viel Licht nehmen die Häuserfluchten weg? Welche Mengen Streusalz werden im Winter eingesetzt?
Höhere Temperaturen und längereTrockenperioden
In Jena wurde das alles ermittelt und in einem geografischen Informationssystem verarbeitet. Der Politologe und Projekt-Begleiter Oliver Gebhardt vom Umweltforschungzentrum Leipzig:
"Auf der Grundlage lassen sich dann Standort-Typen klassifizieren, das heißt Räume, die in sich recht ähnlich sind für das gesamte Stadtgebiet. Es ist tatsächlich ein sehr innovatives Pilotprojekt, eben weil schlussendlich für einzelne Stadtteile Baumartenlisten erstellt werden."
Den Schwenk hin zu anderen Stadtbaumarten empfiehlt Daniel Knopf übrigens nicht sofort. Es gehe keinesfalls darum, nun schlagartig alle anfälligen Sommerlinden und Bergahorne zu ersetzen, so der Biogeowissenschaftler:
"So ein Baum, der entfaltet ja seine Wohlfahrtswirkung als Stadtgrün erst, wenn er wirklich ausgewachsen ist. Und wenn man da jetzt radikal die Stadt umwälzen würde - das hätte natürlich fatale bioklimatische Einflüsse für die Bevölkerung. Aber mittel- bis langfristig sollte man versuchen, die Bestände auf klimatolerantere Arten umzustellen."
Höhere Temperaturen und längereTrockenperioden. Das ist nicht alles, was der Klimawandel für Stadtbäume bereit hält. Auch Schädlinge setzen ihnen stärker zu.
"Wir haben jetzt aktuell drei bewährte Baumarten, die Platane, die Esche und auch die Kastanie, die häufig im Stadtbild sind. Und die gerade seit einigen Jahren mit den Schädlingen zu kämpfen haben. Man kann das schlecht abschätzen, aber es ist anzunehmen, dass eben durch die Veränderungen, die der Klimawandel mit sich bringt, auch neue Schadorganismen unser städtisches Grün befallen werden."
Das gilt es genauer im Auge zu behalten. Um die Empfehlungsliste im Zweifelsfall anzupassen.
Oliver Gebhardt geht davon aus, dass das Pilotprojekt in Jena eine Signalwirkung haben wird. Im Sommer, wenn es offiziell zu Ende geht
"Dann wird es auch eine recht umfangreiche Publikation geben, die natürlich auch anderen Kommunen zur Verfügung steht und auf der Grundlage diese eventuell inspirieren kann, ähnliche Konzepte zu entwickeln."