Dirk Müller: Die Preise für die Energie aus der Steckdose steigen und steigen. Nicht wenige Haushalte müssen inzwischen über 15 Prozent mehr für ihren Strom ausgeben als noch vor Monaten. Energiewende, nein danke, argumentieren diejenigen, die den Ausstieg aus der Kernkraft für falsch halten. Diejenigen, die den Ausstieg für richtig halten, kritisieren schlichtweg eine angeblich falsche Energiepolitik. So ist Peter Altmaier in die Offensive gegangen, will die galoppierenden Strompreise bremsen. Die Pläne des Umweltministers haben allerdings zahlreiche Gegner gefunden: die Opposition, die Industrie, die Gewerkschaften gehören dazu und nicht zuletzt die FDP, der Wirtschaftsminister. Aber Peter Altmaier und Philipp Rösler haben sich offenbar gestern Abend auf einen Kompromiss geeinigt. Wie also runter mit den Strompreisen? Die Fachminister sind gefragt aus Bund und Ländern. Sie kommen in wenigen Stunden in Berlin zusammen.
Das Treffen der Fachminister – mit dabei ist auch Matthias Machnig, Wirtschafts- und Energieminister von Thüringen (SPD), der gerade auf dem Weg in die Hauptstadt ist. Guten Morgen!
Matthias Machnig: Schönen guten Morgen!
Müller: Herr Machnig, erpressen die Stromgiganten die deutsche Politik?
Machnig: Also wir müssen das Thema Strompreise ernst nehmen. Das ist sowohl ein soziales, wie ein Wettbewerbsthema. Allerdings was ich erwarte: Wir haben durch das EEG und durch den Zubau Erneuerbarer auch zum Beispiel Kosten dämpfende Entwicklungen an der Strombörse, und die werden nicht weitergegeben an die Kunden. Das wäre zunächst mal ein erster wichtiger Schritt, den wir auf den Weg bringen müssen. Und deswegen rate ich zu einem: sozusagen nicht jeden Tag die Strompreise zu beklagen, sondern die Dinge jetzt tun, die wir tun können, damit wir einen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit und auch zu sozialen Preisen im Energiemarkt schaffen können.
Müller: Ich versuche noch mal die Frage, Herr Machnig. Vier Große bestimmen das ganze Szenario. Erpressen die Stromkonzerne?
Machnig: Also ich bin dafür, dass wir weiter den Weg gehen, den wir jetzt auch mit der Energiewende eingeschlagen haben, nämlich dass wir weiter dezentralisieren, dass wir uns unabhängiger machen von den großen vier. Und Vorschläge, die zum Beispiel von Herrn Rösler gemacht werden, Quotenmodelle und da Ähnliches einzuführen, führen genau dahin, dass eigentlich die Macht der großen Energieversorger dann auch im Bereich der erneuerbaren Energien gestärkt würde. Das ist ein völlig falscher Weg. Wir brauchen mehr Wettbewerb auf dem Energiemarkt und das heißt auch, die Macht und der Einfluss der großen Konzerne muss reduziert werden.
Müller: Das hört sich ein bisschen doch nach Zerschlagung von Kartellen an.
Machnig: Ja zunächst mal: Wir haben vier große Energieversorger. Und wie gesagt: die stehen für 60, 70 Prozent der gesamten Stromversorgung. Mehr Wettbewerb tut dort gut. Und über das EEG, über eine dezentrale Sicherung der Energieversorgung haben wir auch einen Schritt getan. Dieser Schritt muss weitergehen und das kann dann auch zu preissenkenden Effekten führen.
Müller: Aber am Anteil der Großen am Markt – Sie haben gesagt, 60 bis 70 Prozent; die Berechnungen gehen da ja ein bisschen auseinander, differieren ein bisschen – ist ja eine Aufspaltung dieses vermeintlichen Monopols bis jetzt jedenfalls nicht gelungen.
Machnig: Nein. Aber wie gesagt, wir haben mehr Wettbewerb. Wir brauchen auch mehr Wettbewerb. Wir müssen zum Beispiel unsere Stadtwerke stärken. In Thüringen gehen wir gerade den Weg, oder die Kommunen gehen den Weg der Rekommunalisierung der Energieversorgung. Das heißt, wir kaufen gerade in Thüringen, oder die Thüringer Kommunen kaufen gerade Teile von E.ON Thüringen und übernehmen das. Das ist ein Beitrag zu mehr Wettbewerb und das brauchen wir in den nächsten Jahren.
Müller: War das ein Kardinalfehler der Politik, so viel auszulagern, so viel zu verkaufen?
Machnig: Ich glaube, wir haben seit Beginn der 90er-Jahre dort auch Fehler gemacht. Ich glaube, dass wir auch Stadtwerke-Strukturen in den nächsten Jahren stärken müssen, die nach anderen Kriterien als börsenorientierte Unternehmen auch Energiepolitik machen: sehr regional bezogen, sehr viel stärker am Verbraucher orientiert. Von daher, glaube ich, brauchen wir eine neue Balance auch auf diesem Gebiet zwischen Stadtwerken und zum Beispiel großen Energieversorgern.
Müller: Also immer mehr Stadtwerke sollen auch wieder zurück tatsächlich in die Stadt, zurück in die Arme der Politik?
Machnig: Nicht in die Arme der Politik, sondern sie sollen ein Wettbewerber sein. Die Stadtwerke sollen nicht nur diejenigen sein, die Strom von den Großen kaufen und ihn dann vermarkten, sondern selber wieder in die Produktion einsteigen, damit neue Erzeugungskapazitäten und damit mehr Wettbewerb am Markt sicherstellen.
Müller: Mit welcher Kontrolle?
Machnig: Was heißt mit welcher Kontrolle? Wir haben einen Marktmechanismus und wir müssen darauf achten, dass wir am Markt endlich wieder vernünftige Preisentwicklungen haben, und mehr Wettbewerb ist dazu ein Beitrag.
Müller: Bundesumweltminister und der Bundeswirtschaftsminister, sie haben sich beide jetzt wochenlang, monatelang gestritten. Offenbar ist jetzt ein Kompromiss gefunden . Wenn sich jemand wie Peter Altmaier mit Philipp Rösler, dem Bundeswirtschaftsminister, einigen kann, dann sind jetzt viele optimistisch, dass sich beide auch mit der Opposition einigen können. Sind Sie da auch optimistisch?
Machnig: Ich möchte zunächst mal gerne die Vorschläge hören. Dass es eine Verständigung gibt, habe ich gerade erfahren. Uns liegt bislang, den Ländern liegt dazu nichts vor, sondern ich stelle zunächst mal fest: In der Bundesregierung gibt es keine einheitliche Position. Die Vorschläge von Herrn Altmaier und von Herrn Rösler passen überhaupt nicht zueinander und Gespräche kann man nur auf der Grundlage führen, wenn wir wissen, was denn eigentlich die Bundesregierung will, und es gibt seit Monaten ein Kompetenzgerangel, es gibt seit Monaten unterschiedliche Auffassungen zwischen Umweltministerium, Wirtschaftsministerium oder die Landwirtschaftsministerin hat sich jetzt noch eingeschaltet. Das ist eine ziemliche Chaosveranstaltung und ich bin gespannt, was Herr Altmaier uns um neun Uhr zu sagen hat, wie denn eine solche Verständigung zwischen ihm und Herrn Rösler aussieht.
Müller: Herr Machnig, versuchen wir das, jetzt hier im Deutschlandfunk schon mal ein bisschen zu ordnen. Ein Punkt wird ja sein eine stärkere Beteiligung der Betroffenen. Also: Wie sieht es aus mit der stärkeren Beteiligung der Ökostrom-Produzenten? Machen Sie da mit?
Machnig: Also: Maßnahmen, die auch diesen Bereich umfassen, schließe ich nicht grundsätzlich aus. Allerdings muss eines sichergestellt sein. Wir brauchen in den nächsten Jahren auch Investitionssicherheit. Wenn ich zum Beispiel Vorschläge lese von Herrn Altmaier, dass er in bestehende Verträge, also die Vergütungen, die gezahlt werden auch für Altanlagen, eingreifen will, dann heißt das eines: Es gibt keine Investorensicherheit. Ob ein solcher Vorschlag überhaupt vor Gerichten Bestand haben würde, weil man ja in Eigentumsrechte eingreift, die man gewährt hat, da mache ich mal drei große Fragezeichen. Und im Übrigen: Wir wollen ja weiter ausbauen. Der Ausbau der Erneuerbaren muss vorangehen, und deswegen brauche ich auch Planungs- und Rechtssicherheit für Investoren. Solche Vorschläge wie von Herrn Altmaier sind dazu kein Beitrag.
Müller: Immerhin sagen Sie ja, kann man darüber reden, wenn die Ökostrom-Produzenten stärker mitbeteiligt werden sollen. – Reden wir über den zweiten Punkt.
Machnig: Das müssen vernünftige Vorschläge sein, die auch praktikabel sind. Die Vorschläge, die Herr Altmaier auf den Tisch gelegt hat, sind das nicht.
Müller: Reden wir, Herr Machnig, über den zweiten Punkt: stärkere Beteiligung der Industrie. Das heißt, Verzicht auf Ausnahmen. Machen Sie da mit?
Machnig: Ja, das halte ich für sinnvoll. Ich meine, diese Bundesregierung hat ja seit 2009 beim Thema EEG-Umlage, bei dem Thema Netzentgelt immer mehr Ausnahmen sozusagen gewährt, und zwar auch für Unternehmen, die eben nicht im internationalen Wettbewerb stehen oder besonders energieintensiv sind. Das sind inzwischen Milliarden-Beträge und das muss zurückgeführt werden auf ein vernünftiges Niveau, und dazu, sagen wir mal so, soll Herr Altmaier dann entsprechende Vorschläge machen. Er hat das mehrfach angekündigt inzwischen, dass er das tun will, allerdings ohne das sozusagen zu konkretisieren. Aber die Rückführung halte ich für sinnvoll, da müssen wir uns auch verständigen.
Müller: Sind damit nicht auch Arbeitsplätze gesichert worden?
Machnig: Ja natürlich! Ich bin ja auch gar nicht gegen Ausnahmen. Aber im Kern geht es um die Frage, genau zu schauen, was sind denn die Betriebe, die wirklich im internationalen Wettbewerb stehen, welche sind denn wirklich energieintensiv. Es sind doch Unternehmen dabei gewesen, die eben diese Kategorie nicht erfüllen und bei denen ich auch nicht sehe, wenn diese Ausnahmen wieder zurückgenommen werden würden, dass damit ein ernsthaftes Existenzproblem entstehen würde. Allerdings Ausnahmen sind notwendig, allerdings sie müssen begrenzt sein.
Müller: Über einen Punkt sollten wir noch reden, bevor wir leider Schluss machen müssen: Einfrieren der Öko-Umlage. Das heißt, das darf nicht weiter steigen, sagt der Umweltminister. Sind Sie da dabei?
Machnig: Das ist auch so eine fiktive Diskussion, weil auch da muss Herr Altmaier sich entscheiden. Einfrieren – wenn dieses einmal gelingt, dann stellt sich doch die Frage, was tun wir denn im Hinblick auf den weiteren Ausbau und die notwendigen Kapazitäten, die wir brauchen auch in den nächsten Jahren. Ich halte das für kein vernünftiges, für kein wirklich praktikables Instrument. Das ist ein bisschen Wahlkampfgeklingel, das Altmaier dort vorführt. So geht das aus meiner Sicht nicht. Ich glaube, was wir tun können – und die SPD hat dazu auch Vorschläge gemacht -, dass wir über eine Absenkung der Stromsteuer reden können beziehungsweise dass eine bestimmte Größenordnung von Strom von der Stromsteuer befreit werden könnte. Das hätte unmittelbare Wirkung bei der Industrie und natürlich bei den Verbrauchern, und darüber sind wir gerne bereit zu sprechen.
Müller: Herr Machnig, Sie haben es auch gehört: die Musik kommt und damit kommen die Nachrichten im Deutschlandfunk. Danke Ihnen ganz herzlich für das Gespräch – Matthias Machnig, Wirtschafts- und Energieminister von Thüringen (SPD), bei uns heute Morgen im Interview. Danke und auf Wiederhören.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Das Treffen der Fachminister – mit dabei ist auch Matthias Machnig, Wirtschafts- und Energieminister von Thüringen (SPD), der gerade auf dem Weg in die Hauptstadt ist. Guten Morgen!
Matthias Machnig: Schönen guten Morgen!
Müller: Herr Machnig, erpressen die Stromgiganten die deutsche Politik?
Machnig: Also wir müssen das Thema Strompreise ernst nehmen. Das ist sowohl ein soziales, wie ein Wettbewerbsthema. Allerdings was ich erwarte: Wir haben durch das EEG und durch den Zubau Erneuerbarer auch zum Beispiel Kosten dämpfende Entwicklungen an der Strombörse, und die werden nicht weitergegeben an die Kunden. Das wäre zunächst mal ein erster wichtiger Schritt, den wir auf den Weg bringen müssen. Und deswegen rate ich zu einem: sozusagen nicht jeden Tag die Strompreise zu beklagen, sondern die Dinge jetzt tun, die wir tun können, damit wir einen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit und auch zu sozialen Preisen im Energiemarkt schaffen können.
Müller: Ich versuche noch mal die Frage, Herr Machnig. Vier Große bestimmen das ganze Szenario. Erpressen die Stromkonzerne?
Machnig: Also ich bin dafür, dass wir weiter den Weg gehen, den wir jetzt auch mit der Energiewende eingeschlagen haben, nämlich dass wir weiter dezentralisieren, dass wir uns unabhängiger machen von den großen vier. Und Vorschläge, die zum Beispiel von Herrn Rösler gemacht werden, Quotenmodelle und da Ähnliches einzuführen, führen genau dahin, dass eigentlich die Macht der großen Energieversorger dann auch im Bereich der erneuerbaren Energien gestärkt würde. Das ist ein völlig falscher Weg. Wir brauchen mehr Wettbewerb auf dem Energiemarkt und das heißt auch, die Macht und der Einfluss der großen Konzerne muss reduziert werden.
Müller: Das hört sich ein bisschen doch nach Zerschlagung von Kartellen an.
Machnig: Ja zunächst mal: Wir haben vier große Energieversorger. Und wie gesagt: die stehen für 60, 70 Prozent der gesamten Stromversorgung. Mehr Wettbewerb tut dort gut. Und über das EEG, über eine dezentrale Sicherung der Energieversorgung haben wir auch einen Schritt getan. Dieser Schritt muss weitergehen und das kann dann auch zu preissenkenden Effekten führen.
Müller: Aber am Anteil der Großen am Markt – Sie haben gesagt, 60 bis 70 Prozent; die Berechnungen gehen da ja ein bisschen auseinander, differieren ein bisschen – ist ja eine Aufspaltung dieses vermeintlichen Monopols bis jetzt jedenfalls nicht gelungen.
Machnig: Nein. Aber wie gesagt, wir haben mehr Wettbewerb. Wir brauchen auch mehr Wettbewerb. Wir müssen zum Beispiel unsere Stadtwerke stärken. In Thüringen gehen wir gerade den Weg, oder die Kommunen gehen den Weg der Rekommunalisierung der Energieversorgung. Das heißt, wir kaufen gerade in Thüringen, oder die Thüringer Kommunen kaufen gerade Teile von E.ON Thüringen und übernehmen das. Das ist ein Beitrag zu mehr Wettbewerb und das brauchen wir in den nächsten Jahren.
Müller: War das ein Kardinalfehler der Politik, so viel auszulagern, so viel zu verkaufen?
Machnig: Ich glaube, wir haben seit Beginn der 90er-Jahre dort auch Fehler gemacht. Ich glaube, dass wir auch Stadtwerke-Strukturen in den nächsten Jahren stärken müssen, die nach anderen Kriterien als börsenorientierte Unternehmen auch Energiepolitik machen: sehr regional bezogen, sehr viel stärker am Verbraucher orientiert. Von daher, glaube ich, brauchen wir eine neue Balance auch auf diesem Gebiet zwischen Stadtwerken und zum Beispiel großen Energieversorgern.
Müller: Also immer mehr Stadtwerke sollen auch wieder zurück tatsächlich in die Stadt, zurück in die Arme der Politik?
Machnig: Nicht in die Arme der Politik, sondern sie sollen ein Wettbewerber sein. Die Stadtwerke sollen nicht nur diejenigen sein, die Strom von den Großen kaufen und ihn dann vermarkten, sondern selber wieder in die Produktion einsteigen, damit neue Erzeugungskapazitäten und damit mehr Wettbewerb am Markt sicherstellen.
Müller: Mit welcher Kontrolle?
Machnig: Was heißt mit welcher Kontrolle? Wir haben einen Marktmechanismus und wir müssen darauf achten, dass wir am Markt endlich wieder vernünftige Preisentwicklungen haben, und mehr Wettbewerb ist dazu ein Beitrag.
Müller: Bundesumweltminister und der Bundeswirtschaftsminister, sie haben sich beide jetzt wochenlang, monatelang gestritten. Offenbar ist jetzt ein Kompromiss gefunden . Wenn sich jemand wie Peter Altmaier mit Philipp Rösler, dem Bundeswirtschaftsminister, einigen kann, dann sind jetzt viele optimistisch, dass sich beide auch mit der Opposition einigen können. Sind Sie da auch optimistisch?
Machnig: Ich möchte zunächst mal gerne die Vorschläge hören. Dass es eine Verständigung gibt, habe ich gerade erfahren. Uns liegt bislang, den Ländern liegt dazu nichts vor, sondern ich stelle zunächst mal fest: In der Bundesregierung gibt es keine einheitliche Position. Die Vorschläge von Herrn Altmaier und von Herrn Rösler passen überhaupt nicht zueinander und Gespräche kann man nur auf der Grundlage führen, wenn wir wissen, was denn eigentlich die Bundesregierung will, und es gibt seit Monaten ein Kompetenzgerangel, es gibt seit Monaten unterschiedliche Auffassungen zwischen Umweltministerium, Wirtschaftsministerium oder die Landwirtschaftsministerin hat sich jetzt noch eingeschaltet. Das ist eine ziemliche Chaosveranstaltung und ich bin gespannt, was Herr Altmaier uns um neun Uhr zu sagen hat, wie denn eine solche Verständigung zwischen ihm und Herrn Rösler aussieht.
Müller: Herr Machnig, versuchen wir das, jetzt hier im Deutschlandfunk schon mal ein bisschen zu ordnen. Ein Punkt wird ja sein eine stärkere Beteiligung der Betroffenen. Also: Wie sieht es aus mit der stärkeren Beteiligung der Ökostrom-Produzenten? Machen Sie da mit?
Machnig: Also: Maßnahmen, die auch diesen Bereich umfassen, schließe ich nicht grundsätzlich aus. Allerdings muss eines sichergestellt sein. Wir brauchen in den nächsten Jahren auch Investitionssicherheit. Wenn ich zum Beispiel Vorschläge lese von Herrn Altmaier, dass er in bestehende Verträge, also die Vergütungen, die gezahlt werden auch für Altanlagen, eingreifen will, dann heißt das eines: Es gibt keine Investorensicherheit. Ob ein solcher Vorschlag überhaupt vor Gerichten Bestand haben würde, weil man ja in Eigentumsrechte eingreift, die man gewährt hat, da mache ich mal drei große Fragezeichen. Und im Übrigen: Wir wollen ja weiter ausbauen. Der Ausbau der Erneuerbaren muss vorangehen, und deswegen brauche ich auch Planungs- und Rechtssicherheit für Investoren. Solche Vorschläge wie von Herrn Altmaier sind dazu kein Beitrag.
Müller: Immerhin sagen Sie ja, kann man darüber reden, wenn die Ökostrom-Produzenten stärker mitbeteiligt werden sollen. – Reden wir über den zweiten Punkt.
Machnig: Das müssen vernünftige Vorschläge sein, die auch praktikabel sind. Die Vorschläge, die Herr Altmaier auf den Tisch gelegt hat, sind das nicht.
Müller: Reden wir, Herr Machnig, über den zweiten Punkt: stärkere Beteiligung der Industrie. Das heißt, Verzicht auf Ausnahmen. Machen Sie da mit?
Machnig: Ja, das halte ich für sinnvoll. Ich meine, diese Bundesregierung hat ja seit 2009 beim Thema EEG-Umlage, bei dem Thema Netzentgelt immer mehr Ausnahmen sozusagen gewährt, und zwar auch für Unternehmen, die eben nicht im internationalen Wettbewerb stehen oder besonders energieintensiv sind. Das sind inzwischen Milliarden-Beträge und das muss zurückgeführt werden auf ein vernünftiges Niveau, und dazu, sagen wir mal so, soll Herr Altmaier dann entsprechende Vorschläge machen. Er hat das mehrfach angekündigt inzwischen, dass er das tun will, allerdings ohne das sozusagen zu konkretisieren. Aber die Rückführung halte ich für sinnvoll, da müssen wir uns auch verständigen.
Müller: Sind damit nicht auch Arbeitsplätze gesichert worden?
Machnig: Ja natürlich! Ich bin ja auch gar nicht gegen Ausnahmen. Aber im Kern geht es um die Frage, genau zu schauen, was sind denn die Betriebe, die wirklich im internationalen Wettbewerb stehen, welche sind denn wirklich energieintensiv. Es sind doch Unternehmen dabei gewesen, die eben diese Kategorie nicht erfüllen und bei denen ich auch nicht sehe, wenn diese Ausnahmen wieder zurückgenommen werden würden, dass damit ein ernsthaftes Existenzproblem entstehen würde. Allerdings Ausnahmen sind notwendig, allerdings sie müssen begrenzt sein.
Müller: Über einen Punkt sollten wir noch reden, bevor wir leider Schluss machen müssen: Einfrieren der Öko-Umlage. Das heißt, das darf nicht weiter steigen, sagt der Umweltminister. Sind Sie da dabei?
Machnig: Das ist auch so eine fiktive Diskussion, weil auch da muss Herr Altmaier sich entscheiden. Einfrieren – wenn dieses einmal gelingt, dann stellt sich doch die Frage, was tun wir denn im Hinblick auf den weiteren Ausbau und die notwendigen Kapazitäten, die wir brauchen auch in den nächsten Jahren. Ich halte das für kein vernünftiges, für kein wirklich praktikables Instrument. Das ist ein bisschen Wahlkampfgeklingel, das Altmaier dort vorführt. So geht das aus meiner Sicht nicht. Ich glaube, was wir tun können – und die SPD hat dazu auch Vorschläge gemacht -, dass wir über eine Absenkung der Stromsteuer reden können beziehungsweise dass eine bestimmte Größenordnung von Strom von der Stromsteuer befreit werden könnte. Das hätte unmittelbare Wirkung bei der Industrie und natürlich bei den Verbrauchern, und darüber sind wir gerne bereit zu sprechen.
Müller: Herr Machnig, Sie haben es auch gehört: die Musik kommt und damit kommen die Nachrichten im Deutschlandfunk. Danke Ihnen ganz herzlich für das Gespräch – Matthias Machnig, Wirtschafts- und Energieminister von Thüringen (SPD), bei uns heute Morgen im Interview. Danke und auf Wiederhören.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.