Archiv

Städteplanung
"Flüchtlinge wohnen am besten in der Nähe der Mittelschicht"

Am besten leben Flüchtlinge in Wohngebieten der Mittelschicht. Da gibt es tendenziell weniger Vorurteile. Je gemischter die Einheimischen mit Flüchtlingen wohnen, desto besser funktioniert das Zusammenleben. Das meint der Stadtsoziologe Jürgen Friedrichs und erläutert die Fehler deutscher Stadtplaner bei der Unterbringung von Flüchtlingen.

    Modernisierte DDR-Einfamilien-Typenhäuser EW 58 sind am 27.03.2014 in Leezen (Mecklenburg-Vorpommern) in einer Eigenheimsiedlung zu sehen. Stadtplaner und Künstler Ton Matton aus Rotterdam (Niederlande) baut das Typen-Einfamilienhaus der DDR in Almere (Niederlande) im Rahmen eines Wettbewerbes mit Originalteilen wieder auf.
    "Am besten wohnen Flüchtlinge in Wohngebieten der Mittelschicht." (picture alliance / dpa / Jens Büttner)
    Flüchtlinge leben bei in Deutschland oft in Containern, in umfunktionierten Hallen oder leerstehenden Gebäuden, die eigentlich für etwas ganz anderes gedacht waren. Friedrichs sagte dem Evangelischen Pressedienst, wenn jeder sieht, dass die Unterbringung ein Problem sei, dann sinke die Akzeptanz für Flüchtlinge in der Bevölkerung. "Der Einzelhandel sieht sein Geschäft bedroht, Eltern irgendwann die Schulqualität ihrer Kinder", führt Friedrichs aus. Solche Fehler könnten den sozialen Frieden in den Städten gefährden.
    Neben- und übereinandergestapelte Container in blau, rot, gelb und weiß auf einer Baustelle, davor ein Schild mit dem Text "Hier entsteht eine Unterkunft für Flüchtlinge".
    Im Ortsteil Buch von Berlin-Pankow entsteht ein Containerdorf für Flüchtlinge. (imago / Jürgen Heinrich)
    Vor allem in Großstädten fehlt es an günstigem Wohnraum, und das auch schon ohne die vielen Flüchtlinge. Der Städteforscher kritisiert, dass die Kommunen jetzt von einem Notfallplan zum nächsten stolpern. Die Kommunen hätten den sozialen Wohnungsbau stark zurückgefahren und "gleichzeitig die Unterkünfte aus Zeiten des Balkan-Krieges abgebaut". Dabei hätte man die steigende Zahl von Flüchtlingen schon vor zwei Jahren absehen und sich darauf vorbereiten können.
    "Flüchtlinge in ostdeutschen Dörfern unterzubringen, ist problematisch"
    Flüchtlinge vermehrt in ostdeutschen Dörfern mit hohem Leerstand unterzubringen - wie es Baden-Württembergs Ministerpräsident fordere -, hält der emeritierte Kölner Professor wegen "der Fremdenfeindlichkeit eines Teils der Bevölkerung" für problematisch. Allerdings sei es auch nötig, diese dort unterzubringen, damit die Rechten nicht erfolgreich Ausländer aus der Region fernhalten können. (tgs/dau)
    Der emeritierte Soziologieprofessor Jürgen Friedrichs.
    Jürgen Friedrichs. (dpa / Horst Galuschka)