Athleten dürften demnach Aussagen tätigen, die überspitzen, solange kein massiver Wertungsexzess vorliege, also der Athlet nicht bei seinen Äußerungen massiv abdrifte und diffamiere. Das sei bei Johannes Dürr nicht geschehen, urteilte der Oberste Gerichtshof - anders als noch die Instanz zuvor.
Johannes Dürr hatte bei einer "FuckUp-Night"-Veranstaltung, in der Menschen von ihren beruflichen Rückschlägen erzählen, seine Einschätzung zur Haltung des Österreichischen Skiverbands zum Doping gegeben. Konkret antwortete er auf die Frage eines Zuschauer, wie der Österreichische Skiverband zum Doping seiner Meinung nach stehe, unter anderem so: "Okay, also, bitte machs, lass dich aber nicht erwischen."
Verfahren muss neu aufgerollt werden
Der Österreichische Skiverband verklagte Dürr daraufhin und verlangte die Behauptung zurückzunehmen, der ÖSV dulde Doping stillschweigend. Der Verband bekam in erster Instanz Recht. Allerdings wurden in dem damaligen Verfahren die von Dürr vorgelegten Beweise nicht gewürdigt, die seine Aussage belegten. Das wurde bereits in der zweiten Instanz, vor dem Berufungsgericht bemängelt und nun vom Obersten Gerichtshof auch nochmal bestätigt – das heißt, das Verfahren muss nochmal neu aufgerollt werden. Dieses Mal mit Würdigung seiner Beweise.
"Ich bin natürlich erleichtert und freue mich sehr, dass mit dem Beschluss des Obersten Gerichtshofs - immerhin die höchste rechtliche Instanz in Österreich - der Weg zur Wahrheitsfindung geebnet wurde", sagte Dürr der ARD. Ein erneutes Verfahren hatte der ÖSV verhindern wollen. Dabei könnten dem Verband unliebsame Dopingverwicklungen auf den Tisch kommen. Auch wird wohl hinterfragt werden, wie die nach außen kommunizierte offizielle Null-Toleranz-Politik des Verbands gegenüber Doping nach innen gelebt wurde.
Doping als Thema der gesellschaftlichen Diskussion
Bedeutsam aber ist vor allem, was der Oberste Gerichtshof bei seinem Beschluss in Bezug auf die Meinungsfreiheit feststellt – beim Thema "Doping" handele es sich um ein durchaus aktuelles Thema der gesellschaftlichen Diskussion, an dem ein öffentliches Interesse bestehe. Hierzu dürften auch Ideen ausgesprochen werden, die verletzen, schockieren oder beunruhigen. Das bedeutet für Athleten, dass sie sich laut Auffassung des Obersten Gerichtshofs freier äußern dürfen. Johannes Dürr wird das in Zukunft nicht mehr betreffen, er hat sich inzwischen ganz vom Leistungssport verabschiedet: "Ich bin derzeit in Ausbildung zum Maschinenbauer und habe richtig Spaß daran."