Niemand kann beziffern, wie hoch die Investitionen der Ukraine waren. Laut Schätzungen sollen sie bei rund zehn Milliarden Euro liegen, das entspricht neun Prozent des Bruttoinlandprodukts. Entstanden sind Projekte, die überfällig waren: Flughäfen, Hotels, Autobahnen, Schnellzüge. Entstanden sind auch Projekte, deren Zukunft ungewiss ist: Das Stadion von Lemberg: 220 Millionen Euro Baukosten für drei EM-Spiele. Die Instandhaltung wird zweieinhalb Millionen beanspruchen. Pro Jahr. Es haftet der Steuerzahler, wie immer nach Sportereignissen.
Die ukrainischen Funktionäre verweisen auf andere Städte, Donezk. Dort hat der Milliardär Rinat Achmetow das Stadion seines Vereins Schachtjor im Alleingang bezahlt. Eine Fünfsternearena, die die Ukraine näher an Europa heranführen soll, fußballerisch. Auch politisch? Die Oligarchen sollen die Hälfte aller Investitionen getragen haben. Für die Projekte hatte es keine Ausschreibungen gegeben. Die Oligarchen verantworten nun Errungenschaften des Gemeinwesens, für die eigentlich der Staat zuständig ist. Oligarchen nutzen Parteien, Medien oder Sportvereine für ihren Machterhalt. Klassische Grenzen zur Rechtsstaatlichkeit gibt es nicht. Die EM ist ohne Pannen über die Bühne gegangen, sie stärkt die Parallelgesellschaft der Oligarchen.
Und damit auch Wiktor Janukowitsch? Der ukrainische Präsident hat sich während des Turniers zurückgehalten. Keine Auftritte - keine kritischen Fragen. Im Oktober stehen Parlamentswahlen an. Es ist zu vermuten, dass mit dem Abpfiff des Endspiels das mediale Interesse schwindet. Und damit auch der Handlungsdruck auf westliche Politiker, die vor sechs Wochen noch einen Boykott der EM gefordert hatten. Wie wird Janukowitsch dieses Vakuum nutzen? Wird er die letzten Protestlager für Julia Timoschenko räumen lassen?
Wir Medien müssen feststellen, dass wir vor dem Turnier auch falsche Themen gesetzt haben: ausufernder Sextourismus, das Schlachten von Straßenhunden, utopische Hotelpreise. Keiner der vorhergesagten Skandale wurde wahr. Stattdessen wurden Themen überdeckt, für die sich nun das Fenster der Öffentlichkeit schließt: die hohe Aids-Rate, Defizite in Bildung und Gesundheit, die strukturelle Benachteiligung von Minderheiten.
Viele Reporter, die für knapp einen Monat eingereist sind, haben in ihren lustig gemeinten Randnotizen auch über aggressiv fahrende Taxifahrer geschrieben, gefährlich ruckelnde U-Bahnen, aufreizend gekleidete Damen. Sie blicken aus einer Brille, die Mitteleuropa als Zentrum der Welt verortet. Lassen sich nicht auf die Menschen ein. Nicht auf kulturelle Eigenheiten, die das Verhalten der Menschen geformt hat. Es ist nicht überraschend, dass die meisten Deutschen über Lebensrealitäten anderer Länder nur das erfahren, was sie seit langem zu wissen glauben. Das hemmt das Verschmelzen Europas.
Dabei haben die freiwilligen Helfer der Ukraine keinen Zweifel daran gelassen, dass die EM für sie das größte Ereignis überhaupt gewesen ist. Sie waren freundlich, hilfsbereit, haben über Monate Englisch gelernt. Diejenigen Touristen, die sich trotz der Hysterie nicht von einer Reise abbringen ließen, werden wiederkommen, ins pochende Kiew oder ins wunderschöne Lemberg. Man sollte in einer Debatte um ein Austragungsland stets politisch argumentieren, die überwältigende Mehrheit der Ukrainer möchte nämlich nicht auf ihre politischen Führer reduziert werden.
Die ukrainischen Funktionäre verweisen auf andere Städte, Donezk. Dort hat der Milliardär Rinat Achmetow das Stadion seines Vereins Schachtjor im Alleingang bezahlt. Eine Fünfsternearena, die die Ukraine näher an Europa heranführen soll, fußballerisch. Auch politisch? Die Oligarchen sollen die Hälfte aller Investitionen getragen haben. Für die Projekte hatte es keine Ausschreibungen gegeben. Die Oligarchen verantworten nun Errungenschaften des Gemeinwesens, für die eigentlich der Staat zuständig ist. Oligarchen nutzen Parteien, Medien oder Sportvereine für ihren Machterhalt. Klassische Grenzen zur Rechtsstaatlichkeit gibt es nicht. Die EM ist ohne Pannen über die Bühne gegangen, sie stärkt die Parallelgesellschaft der Oligarchen.
Und damit auch Wiktor Janukowitsch? Der ukrainische Präsident hat sich während des Turniers zurückgehalten. Keine Auftritte - keine kritischen Fragen. Im Oktober stehen Parlamentswahlen an. Es ist zu vermuten, dass mit dem Abpfiff des Endspiels das mediale Interesse schwindet. Und damit auch der Handlungsdruck auf westliche Politiker, die vor sechs Wochen noch einen Boykott der EM gefordert hatten. Wie wird Janukowitsch dieses Vakuum nutzen? Wird er die letzten Protestlager für Julia Timoschenko räumen lassen?
Wir Medien müssen feststellen, dass wir vor dem Turnier auch falsche Themen gesetzt haben: ausufernder Sextourismus, das Schlachten von Straßenhunden, utopische Hotelpreise. Keiner der vorhergesagten Skandale wurde wahr. Stattdessen wurden Themen überdeckt, für die sich nun das Fenster der Öffentlichkeit schließt: die hohe Aids-Rate, Defizite in Bildung und Gesundheit, die strukturelle Benachteiligung von Minderheiten.
Viele Reporter, die für knapp einen Monat eingereist sind, haben in ihren lustig gemeinten Randnotizen auch über aggressiv fahrende Taxifahrer geschrieben, gefährlich ruckelnde U-Bahnen, aufreizend gekleidete Damen. Sie blicken aus einer Brille, die Mitteleuropa als Zentrum der Welt verortet. Lassen sich nicht auf die Menschen ein. Nicht auf kulturelle Eigenheiten, die das Verhalten der Menschen geformt hat. Es ist nicht überraschend, dass die meisten Deutschen über Lebensrealitäten anderer Länder nur das erfahren, was sie seit langem zu wissen glauben. Das hemmt das Verschmelzen Europas.
Dabei haben die freiwilligen Helfer der Ukraine keinen Zweifel daran gelassen, dass die EM für sie das größte Ereignis überhaupt gewesen ist. Sie waren freundlich, hilfsbereit, haben über Monate Englisch gelernt. Diejenigen Touristen, die sich trotz der Hysterie nicht von einer Reise abbringen ließen, werden wiederkommen, ins pochende Kiew oder ins wunderschöne Lemberg. Man sollte in einer Debatte um ein Austragungsland stets politisch argumentieren, die überwältigende Mehrheit der Ukrainer möchte nämlich nicht auf ihre politischen Führer reduziert werden.