Stalinismus
"Wir halten es für einen unhaltbaren Zustand, dass die Opfer noch kein Denkmal haben"

21. Dezember 1989: Auf einer Soiree im Berliner Ensemble gedenken anlässlich des 110. Geburtstages Josef Stalins Ost-Berliner Theaterschaffende den Opfern des Stalinismus. Der Autor und Dramatiker Holger Teschke:

    Im Mai 1989 werden Opfer stalinistischer Verfolgung aus einem Massengrab in der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik exhumiert.
    Im Mai 1989 werden Opfer stalinistischer Verfolgung aus einem Massengrab in der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik exhumiert. (imago/ITAR-TASS)
    „Es geht natürlich viel mehr um Geschichte als um Kunst, aber es geht natürlich auch um Kunst dahingehend, dass in der Zeit der Verfolgung auch eine Reihe von Künstlern, z.B. ehemalige Künstler die hier am Theater am Schiffbauerdamm, dem jetzigen Berliner Ensemble gearbeitet haben , in den Lagern Stalins umgekommen sind – so z.B. die berühmte deutsche Schauspielerin Carola Neher. Wir haben aber in der Vorzeit, in der wir recherchiert haben, auch eine Reihe von Materialien bekommen von Leuten, die in den vierziger und fünfziger Jahren noch verfolgt gewesen sind, die hier in der DDR noch unzureichend, teilweise gar nicht rehabilitiert sind und die heute hier im Theater das erste Mal zu Wort kommen werden. (...) Es gibt aber auch eine Bestrebung, dass wir eine Initiative ins Leben rufen wollen, zunächst mal in der Neuen Wache eine Erinnerungstafel, eine Gedenktafel an die Opfer des Stalinismus anzubringen. Das ist natürlich nur eine Übergangslösung, denn wir halten es für einen unhaltbaren Zustand, dass die Opfer, die unter dem Stalinismus zu leiden hatten, noch kein Denkmal haben, dass an sie noch kein öffentlicher Platz, ja nicht mal ein Straßenname erinnert."