Zur Rettung der Artenvielfalt musste Günter Fuhr erst einmal lernen, Lastwagen zu fahren.
"Das macht Spaß, aber ist auch immer eine große Verantwortung, denn wir haben nicht die Erfahrung, die ein Berufskraftfahrer hat. Und trotzdem müssen Sie mit so einem Gefährt klar kommen."
Günter Fuhr ist Biophysiker und leitet das Fraunhofer Institut für Biomedizinische Technik in Sankt Ingbert. Seit anderthalb Jahren lenkt er einen dunkelblauen 14-Tonner durch die Republik: Ein Hightech-Labor auf Rädern. Es ist das Herzstück von Cryo-Brehm, einem etwas anderen Artenschutzprojekt. Fuhr und seine Kollegen sammeln Stammzellen von Zootieren. Für Cryo-Brehm wird kein Tier extra getötet. Aber sobald in irgendeinem Zoo ein seltenes Exemplar stirbt, klingelt in Sankt Ingbert das Telefon. Und dann kommt Günter Fuhr mit seinem blauen LKW zum Einsatz.
"Wir hatten zum Beispiel beim Weißnackenkranich den Fall, dass sich so eine junge Weißnackendame ein Bein abgerissen hatte, nachts am Zaun. Das ist ein sehr bedauerlicher Unfall, aber so etwas passiert eben und das Tier war am Verbluten. Und dann muss da der Wagen sehr schnell hin, und da gibt's kein Zögern."
Cryo-Brehm soll ein 'Lebendkompendium der Tiere' werden: Die Forscher frieren Zellen von gefährdeten Arten in flüssigem Stickstoff ein. So sollen die Zellen Jahrhunderte lang erhalten bleiben und der Nachwelt wertvolle Informationen über unsere Tierwelt liefern. Lebende Stammzellen eignen sich dafür am besten, sagt Fuhr. Sie enthalten nämlich nicht nur das Erbmaterial, sondern auch Informationen über den Stoffwechsel. Und je schneller die Stammzellen von dem toten Tier gewonnen werden, desto besser ist die Qualität.
"Es ist nicht so leicht, robuste Zellkulturen anzulegen. Insbesondere dann, wenn man das Tier noch nie in der Hand gehabt hat. Das ist auch für uns eine Herausforderung, dann die entsprechenden Organe schnell genug zu finden. Je früher wir dran sind, desto größer ist die Chance, dass wir eine robuste Zellkultur installieren können."
Noch im Zoo entnehmen Tierärzte die Organe und reichen sie durch eine Schleuse in den LKW. Das Labor auf der Ladefläche ist Hightech auf fünfzehn Quadratmetern: Es gibt eine Luftdusche für die Wissenschaftler, Sterilräume zum Sezieren. Und Tanks mit flüssigem Stickstoff. Einige Zellen werden sofort eingefroren, die anderen landen in einem gefederten Brutschrank. So kann das empfindliche Zellmaterial zum Fraunhofer Institut nach Sankt Ingbert transportiert werden, ohne durchgeschüttelt zu werden.
"Gerade so ein Schrank ist wirklich Hightech. Das müssen Sie erst einmal hinbekommen, dass da drin die Zellen nicht verrutschen, auch wenn ich durch ein Schlagloch fahre, oder um eine Kurve. Das ist nicht so einfach zu lösen."
Die Proben werden in eine Lagerhalle nach Sankt Ingbert im Saarland gebracht. Dort werden sie bei minus 145 Grad Celsius in riesigen Stahltanks aufbewahrt. Cryo-Brehm ist eine Investition in die Zukunft - ausschließlich: Was mit den Zellen irgendwann einmal passieren wird, darüber können die Forscher heute nur spekulieren. Unsere Nachfahren werden vielleicht ein ausgestorbenes Tier klonen: Sie könnten sein Erbmaterial auftauen, in eine Eizelle einsetzen und das Tier wieder zum Leben erwecken. Das ist heute technisch noch nicht möglich, und ethisch umstritten.
"Das Ziel dieser Kryoablagen ist ja, dass wir sagen, wir halten diese Chance und diese Entscheidung späteren Generationen. Vielleicht in 200, 300 Jahren? Wir sammeln hier für unsere Nachkommen, und wir müssen überliefern, was wir heute an Artenvielfalt vorgefunden haben, und das so vital und komplett wie möglich."
Cryo-Brehm ist nicht das einzige Projekt dieser Art. In den USA und in Großbritannien wird schon seit Jahren genetisches Material von Tieren eingefroren. Der Londoner Bill Holt hat 2004 die Frozen Ark gegründet, die Kryo-Arche. Er hat sich den Wagen in Trier angesehen und schaut ein wenig wehmütig auf seine deutschen Kollegen.
"Wir würden alle gerne unter solchen Bedingungen arbeiten. Aber es ist vielleicht ein bisschen optimistisch zu glauben, dass man ein paar Einfriertechniken für alle Arten einsetzen kann. Das ist das Schwierige an Zootieren. Das sind so viele verschiedene Arten auf einem Haufen, und man kann nicht vorhersagen, welches Tier stirbt. Ich denke, meine deutschen Kollegen sind auf Experten angewiesen, die viel Ahnung von den einzelnen Tiergruppen haben."
Zellen von 34 Arten hat das Team um Günter Fuhr bis heute gesammelt, Säugetiere sind darunter, Fische und Vögel. Die Forschung geht weiter. Sie wollen die Zellen der unterschiedlichen Tiere noch sorgfältiger gewinnen und noch besser konservieren. Und sie warten auf den nächsten Notfall im Zoo.
"Das macht Spaß, aber ist auch immer eine große Verantwortung, denn wir haben nicht die Erfahrung, die ein Berufskraftfahrer hat. Und trotzdem müssen Sie mit so einem Gefährt klar kommen."
Günter Fuhr ist Biophysiker und leitet das Fraunhofer Institut für Biomedizinische Technik in Sankt Ingbert. Seit anderthalb Jahren lenkt er einen dunkelblauen 14-Tonner durch die Republik: Ein Hightech-Labor auf Rädern. Es ist das Herzstück von Cryo-Brehm, einem etwas anderen Artenschutzprojekt. Fuhr und seine Kollegen sammeln Stammzellen von Zootieren. Für Cryo-Brehm wird kein Tier extra getötet. Aber sobald in irgendeinem Zoo ein seltenes Exemplar stirbt, klingelt in Sankt Ingbert das Telefon. Und dann kommt Günter Fuhr mit seinem blauen LKW zum Einsatz.
"Wir hatten zum Beispiel beim Weißnackenkranich den Fall, dass sich so eine junge Weißnackendame ein Bein abgerissen hatte, nachts am Zaun. Das ist ein sehr bedauerlicher Unfall, aber so etwas passiert eben und das Tier war am Verbluten. Und dann muss da der Wagen sehr schnell hin, und da gibt's kein Zögern."
Cryo-Brehm soll ein 'Lebendkompendium der Tiere' werden: Die Forscher frieren Zellen von gefährdeten Arten in flüssigem Stickstoff ein. So sollen die Zellen Jahrhunderte lang erhalten bleiben und der Nachwelt wertvolle Informationen über unsere Tierwelt liefern. Lebende Stammzellen eignen sich dafür am besten, sagt Fuhr. Sie enthalten nämlich nicht nur das Erbmaterial, sondern auch Informationen über den Stoffwechsel. Und je schneller die Stammzellen von dem toten Tier gewonnen werden, desto besser ist die Qualität.
"Es ist nicht so leicht, robuste Zellkulturen anzulegen. Insbesondere dann, wenn man das Tier noch nie in der Hand gehabt hat. Das ist auch für uns eine Herausforderung, dann die entsprechenden Organe schnell genug zu finden. Je früher wir dran sind, desto größer ist die Chance, dass wir eine robuste Zellkultur installieren können."
Noch im Zoo entnehmen Tierärzte die Organe und reichen sie durch eine Schleuse in den LKW. Das Labor auf der Ladefläche ist Hightech auf fünfzehn Quadratmetern: Es gibt eine Luftdusche für die Wissenschaftler, Sterilräume zum Sezieren. Und Tanks mit flüssigem Stickstoff. Einige Zellen werden sofort eingefroren, die anderen landen in einem gefederten Brutschrank. So kann das empfindliche Zellmaterial zum Fraunhofer Institut nach Sankt Ingbert transportiert werden, ohne durchgeschüttelt zu werden.
"Gerade so ein Schrank ist wirklich Hightech. Das müssen Sie erst einmal hinbekommen, dass da drin die Zellen nicht verrutschen, auch wenn ich durch ein Schlagloch fahre, oder um eine Kurve. Das ist nicht so einfach zu lösen."
Die Proben werden in eine Lagerhalle nach Sankt Ingbert im Saarland gebracht. Dort werden sie bei minus 145 Grad Celsius in riesigen Stahltanks aufbewahrt. Cryo-Brehm ist eine Investition in die Zukunft - ausschließlich: Was mit den Zellen irgendwann einmal passieren wird, darüber können die Forscher heute nur spekulieren. Unsere Nachfahren werden vielleicht ein ausgestorbenes Tier klonen: Sie könnten sein Erbmaterial auftauen, in eine Eizelle einsetzen und das Tier wieder zum Leben erwecken. Das ist heute technisch noch nicht möglich, und ethisch umstritten.
"Das Ziel dieser Kryoablagen ist ja, dass wir sagen, wir halten diese Chance und diese Entscheidung späteren Generationen. Vielleicht in 200, 300 Jahren? Wir sammeln hier für unsere Nachkommen, und wir müssen überliefern, was wir heute an Artenvielfalt vorgefunden haben, und das so vital und komplett wie möglich."
Cryo-Brehm ist nicht das einzige Projekt dieser Art. In den USA und in Großbritannien wird schon seit Jahren genetisches Material von Tieren eingefroren. Der Londoner Bill Holt hat 2004 die Frozen Ark gegründet, die Kryo-Arche. Er hat sich den Wagen in Trier angesehen und schaut ein wenig wehmütig auf seine deutschen Kollegen.
"Wir würden alle gerne unter solchen Bedingungen arbeiten. Aber es ist vielleicht ein bisschen optimistisch zu glauben, dass man ein paar Einfriertechniken für alle Arten einsetzen kann. Das ist das Schwierige an Zootieren. Das sind so viele verschiedene Arten auf einem Haufen, und man kann nicht vorhersagen, welches Tier stirbt. Ich denke, meine deutschen Kollegen sind auf Experten angewiesen, die viel Ahnung von den einzelnen Tiergruppen haben."
Zellen von 34 Arten hat das Team um Günter Fuhr bis heute gesammelt, Säugetiere sind darunter, Fische und Vögel. Die Forschung geht weiter. Sie wollen die Zellen der unterschiedlichen Tiere noch sorgfältiger gewinnen und noch besser konservieren. Und sie warten auf den nächsten Notfall im Zoo.