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Was haben wir da erlebt?
Auf jeden Fall war es ein äußerst seltenes Ereignis. Beim Deutschen Wetterdienst hat man die gemessenen enormen Regenmengen ad hoc mit historischen Zeitreihen verglichen und getwittert: Es war ein Unwetter mit einer Wiederkehrzeit von mehr als 100 Jahren (bezogen auf die Regenmengen innerhalb von 48 Stunden). Das bedeutet: Statistisch und im Vergleich zur Wetterhistorie hat man solche Niederschläge also nur einmal alle 100 Jahre oder sogar noch etwas seltener.
In Rheinbach bei Bonn sind fast 160 Liter pro Quadratmeter gefallen, im Kölner Stadtteil Stammheim 154 Liter, in Sistig in der Eifel etwa 145 Liter - und das innerhalb von 24 Stunden. Wobei die höchsten Mengen laut Wetterdienst sogar in noch kürzerer Zeit niedergeprasselt sind.
Hier sind drei Komponenten zusammen gekommen: Erstens gab es sehr feuchte Luftmassen über Westdeutschland, zweitens ein sehr träges Tief, das sich kaum von der Stelle bewegt hat und drittens so genannte "Konvektion". Sie ist typisch für diese Jahreszeit: Warme Luft steigt auf, und wenn sie zugleich sehr feucht ist, fällt als Folge dieser Hebung Niederschlag.
Diese feucht-warme Luft ist aus dem Mittelmeerraum herangeführt worden. Und trotz der milden Temperaturen, die derzeit herrschen, ist kein Wolkenwasser in der Atmosphäre verdunstet, was normalerweise passiert. Ein Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes sagte: Die Wetterschicht sei praktisch bis zur Dachkante feucht gewesen, bis in Höhen von zehn Kilometern, da habe einfach nichts verdunsten können.
Das auf der Stelle tretende Tief kam zustande durch eine Wetterlage, die dafür berüchtigt ist, dass sie Starkregen bringt. Diese Wetterlage nennt sich "Tief Mitteleuropa". Normalerweise würde dieses Tief mit der Westwindströmung vom Atlantik recht schnell nach Osten weitergetrieben - aber über Skandinavien saß ein ortsfestes stabiles Hochdruckgebiet und blockierte diese Strömung, so dass sich das Tief kaum von der Stelle bewegte
Im Prinzip ist sie nicht so häufig. Aber offenbar nimmt sie zu - es gibt dazu eine Auswertung des Deutschen Wetterdienstes vor wenigen Jahren. Demnach kam das Tief Mitteleuropa früher, also um 1950 herum, acht bis zehnmal im Jahr vor, heute aber zehn bis zwölfmal (Daten aus dem Jahr 2011). Die Untersuchung zeigt: Das Risiko für ein solches Unwetter ist gestiegen.
Mit dem Tief Mitteleuropa stehen außerdem in Verbindung:
- Das "Jahrhundert-Hochwasser" an der Elbe 2002 *
- Die Extremniederschläge in Münster 2014
- Die Sturzbäche, die 2016 Verwüstungen in Simbach am Inn anrichteten und im baden-württembergischen Braunsbach
Der Klimawandel spielt definitiv eine Rolle. Allein dadurch, dass eine wärmere Atmosphäre in der Lage ist, mehr Wasser aufzunehmen - und auch wieder auszuschütten in Form stärkerer Niederschläge. Es steht natürlich auch die Vermutung im Raum, dass der Klimawandel der Grund sein könnte, dass wir das Tief Mitteleuropa inzwischen häufiger erleben. Das ist aber unklar, es fehlen die wissenschaftlichen Belege.
Was man aber sagen kann: Nicht nur die Wetterlagen verändern sich in ihrer Häufigkeit, sondern auch der Jetstream am Oberrand der Troposphäre, also der Wetterschicht - der starke Höhenwind, der Flüge von Westen nach Osten beschleunigt - er strömt um die ganze Nordhalbkugel, in großen Schleifen. In diesen Schleifen sitzen die Hoch- und Tiefdruckgebiete. Es gibt Beobachtungen, dass sich der Jetstream verlangsamt und weniger von der Stelle bewegt - wie eine Ziehharmonika, die sich nicht mehr bewegt. Wenn die Schleifen unverändert bleiben, bleiben auch die Hoch- und Tiefdruckgebiete stehen. Das ist eine spannende Forschungsfrage: Steckt dahinter die globale Erwärmung?
* Im Beitrag wurde eine Jahreszahl-Angabe korrigiert.