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Start als Inklusionslehrerin
Viel Arbeit und eine große Herausforderung

Die Klassen sind klein, doch die Verantwortung bleibt groß: Die Sonderpädagogin Eva Hippler übernimmt in diesem Schuljahr erstmals die Klassenleitung an einer Ganztagsförderschule in Nordrhein-Westfalen. Im Vorfeld hat sie den Start mit den Kindern genau geplant.

Von Friederike Müllender | 29.08.2018
    Schülerinnen und Schüler einer Inklusionsklasse in einer Förderschule sitzen im Halbkreis mit ihren Pädagogen zusammen.
    Schülerinnen und Schüler einer Inklusionsklasse in einer Förderschule sitzen im Halbkreis mit ihren Pädagogen zusammen. (picture alliance / dpa)
    "Man ist ein bisschen aufgeregt. Nicht vor dem Unterrichten an sich oder mit den Schülern in Kontakt zu treten. Aber man ist aufgeregt, alles richtig zu machen, dass man an alles denkt. Gerade an den ersten Tagen müssen wir sehr viel Organisatorisches machen, aufgeregt bin ich schon."
    Das erzählt Eva Hippler. Seit heute ist die 29-Jährige Klassenlehrerin der 9a einer Ganztagsförderschule im Oberbergischen Land in NRW. Elf Kinder mit Förderbedarf im Bereich Lernen und emotionaler und sozialer Entwicklung gehören zu ihrer Klasse. Die Sonderpädagogin hat sich auf ihre neue Aufgabe lange und gründlich vorbereitet. Die Einrichtung des Klassenraums gehörte dazu:
    "Zu Beginn muss man sich so eine Klasse anschauen, die ist komplett leer geräumt: Wie möchte ich, dass die Schüler sitzen? Hier ist es ja jetzt ein U gebaut. Welche Schränke brauche ich? Eine Pinnwand wurde umgehangen, man fängt dann an, Klassenregeln zu machen, die hängen dahinten."
    Den Gong hat sie sich neu angeschafft
    Auch ihr Lehrerpult hat sie bereits vor Schulbeginn perfekt vorbereitet. Feinsäuberlich sortiert liegen ihre Arbeitsmaterialien nebeneinander.
    "Das hab' ich mir jetzt alles neu angeschafft, ich hatte sowas ja noch nicht. Materialablage, ein Gong. Wenn der ertönt, wissen die Schüler: Sie müssen leiser werden. Funktioniert ganz gut. Locher, Tesafilm, Schere, Stifte, Papier. Ich befürchte, da kommt viel dazu. Da geht es weiter: Magnete, Kreide, Kreidestifte…"
    Über eine Woche lang hat Eva Hippler ihren Klassenraum vorbereitet. Die Fensterbänke noch mit frischen grünen Topfpflanzen dekoriert. Vor allem aber hat sie viele Gedanken in ihre ersten Unterrichtsstunden investiert.
    "Was auf dem Pult liegt, ist alles für den Deutschunterricht. Wir werden anfangen mit Wortarten wiederholen, Satzglieder wiederholen, Rechtschreibregel wiederholen, um das hervorzurufen."
    Die Unterrichtsreihen sind vorbereitet und auch das Konzept für den Klassenraum steht. Die junge Lehrerin treiben aber auch noch ganz andere Gedanken um:
    "Ich musste am Anfang überhaupt ganz viel darüber nachdenken: Wie möchte ich das machen, was ist mir wichtig, was sind meine Regeln? Da musste ich mir selbst viele Gedanken machen und da ist es gut möglich, dass ich mein Verhalten nochmal ändere."
    Ein bisschen Respekt vor ihrer neuen Aufgabe hat Eva Hippler schon.
    "Ich glaube, das was da vor einem liegt an Verantwortung, das kann man jetzt auch noch gar nicht so greifen. Ich glaube, es wird eine sehr große Herausforderung. Ich glaube, dass es viel Arbeit wird. Aber es kommt dann im Tun, und dann muss man schauen, wo man sich Hilfe holen kann. Und hier im Kollegium ist es so, dass jeder einen unterstützt und deswegen fühle ich mich sehr aufgehoben."
    Mentor: "Ich weiß von meinen Schülern sehr viel"
    Einer, der hilft, ist Thomas Wagner. Während ihres Referendariats war er ihr Mentor und hat Eva Hippler auf die Aufgabe einer Klassenleitung so gut es eben geht vorbereitet.
    "Wir haben uns nicht hingesetzt 'Kind, du hast jetzt deine erste Klasse, du wirst jetzt erwachsen, jetzt rede ich mit dir über den Ernst des Lebens', so ein Gespräch hatten wir nicht. Aber im Laufe der Zeit hat sie sehr viel von mir mitbekommen. Sie hat bei mir auch schon sehr, sehr viele Aufgaben übernommen. Sie hat bei der Klassenleitung viel mitgemacht. Ich hoffe, dass ich da etwas mitgeben konnte über die Zeit. Die meisten Sachen kann man vorbereiten, es ist gut wenn man vorbereitet ist, aber wie es hinterher aussieht, das muss man dann sehen. Ich warte immer noch auf den Tag, der so läuft, wie ich es mir vorher vorgestellt habe."
    Er wünscht der Sonderpädagogin vor allem eine große Portion Gelassenheit bei ihrer neuen Aufgabe, obwohl die es durchaus in sich hat:
    "Man hat zwar relativ kleine Klassen, aber wir sind sehr nah, persönlich dran. Ich weiß von meinen Schülern sehr viel mehr, als ich je gehofft hätte, dass ein Lehrer von mir das über mich weiß. Man ist sehr viel näher dran, wir bringen sehr viel Bedürfnisse unter einen Hut. Und das bei guter Stimmung hinzubekommen, ist herausfordernd. Und auch die Phasen gut durchzustehen, wo es schwierig läuft. Und das wird auf jeden immer zukommen, egal ob man neu ist oder seit 20 Jahren dabei, dass es Phasen gibt, in denen es in der Klassenleitung nicht gut läuft."
    Die Herausforderungen sind groß, aber Eva Hippler freut sich über ihre neue Aufgabe
    "Ich fühle mich natürlich geehrt, dass ich das machen darf. Und dass man mir das zutraut, finde ich natürlich toll."