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Start der Datenethikkommission
Grenzen Künstlicher Intelligenz

In Berlin geht es seit heute um einige der großen Fragen der Digitalisierung: Die Datenethikkommission der Bundesregierung soll Empfehlungen geben, ob und wann Künstliche Intelligenz eingesetzt werden soll oder wann Daten Allgemeingut werden. Eine Umsetzung der Empfehlungen wird bis 2019 erwartet.

Von Falk Steiner | 05.09.2018
    Die norwegische Entwicklerin Karen Dolva zeigt ihren Roboter AV1. Der Roboter ersetzt als Avatar Schüler, die schwer erkrankt sind und von zuhause am Unterricht teilnehmen wollen.
    Die norwegische Entwicklerin Karen Dolva zeigt ihren Roboter AV1. Der Roboter ersetzt als Avatar Schüler, die schwer erkrankt sind und von zuhause am Unterricht teilnehmen wollen. (picture alliance / Michael Kappeler/dpa)
    16 Mitglieder hat sie, die Hälfte davon weiblich, aus Rechtswissenschaften, Informatik, Ethik und weiteren Fachbereichen. Einige Leitfragen hat die Bundesregierung ihr mit auf den Weg gegeben, die es durchaus in sich haben: "Wo verlaufen ethische Grenzen für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Robotern? Kann es ethisch geboten sein, KI einzusetzen?" heißt es zum Beispiel im Fragenkatalog, oder: "Sollten Daten oder der Zugang zu ihnen in bestimmten Fällen zum Allgemeingut erklärt werden?"
    Bundesinnenminister Horst Seehofer freute sich heute, dass diese Expertenkommission so interdisziplinär besetzt sei, dass er sich von ihr einiges erhoffe – zum Beispiel begriffliche Klarheit, beispielsweise wenn es um das Auseinanderhalten von Algorithmen und künstlicher Intelligenz ginge.
    Seehofer: "Darüber hinaus geht es darum, Leitlinien, Empfehlungen und, wenn es notwendig ist, auch Regulierungsoptionen zu erarbeiten. Das Ganze als Ergebnis der Arbeit der Kommission erwarten wir bis zum Sommer 2019. Also innerhalb eines Jahres, das ist eine stramme Zeitvorgabe, aber ich habe heute durchaus den Eindruck gewonnen, dass sie sich das durchaus zutrauen."
    Der Rahmen dafür ist eng gesteckt.
    Seehofer: "Der Abschluss 2019 ist deshalb erforderlich, weil wir dem Eindruck entgegentreten wollen: Jetzt geht's darum, Zeit zu gewinnen, und dann ist wieder Bundestagswahl, und dann geschieht auf diesem Feld in der Umsetzung nichts oder nur wenig. Wir wollen ausdrücklich diesen Zeitplan so gestalten, damit wir 2019/2020 ausreichend Zeit auch in der Umsetzung haben."
    Auch Algorithmen können diskriminieren
    Auch Justiz- und Verbraucherschutzministerin Katharina Barley (SPD) wünscht sich Klarheit, damit die Politik kluge Entscheidungen fällen könne. Die Frage der ethischen Gestaltung der Digitalisierung sei kein abstraktes, sondern ein ganz konkretes Problem:
    "Wenn ich schon in der Programmierung eines Algorithmus' eine Diskriminierung drinhabe, dann wird die sich auf die Entscheidungen auswirken. Mein Lieblingsbeispiel: Gehaltsberechnung auf Grund eines Algorithmus, wo bisherige Erfahrungswerte einfließen – da werden in der Regel die Empfehlungen für Frauen niedriger ausfallen als für Männer. Weil man eben weiß, dass die niedriger sind in der Realität und auch häufig die Frauen in Vertragsverhandlungen weniger scharf sind als das Männer in Vertragsverhandlungen oft sind."
    Diese Auswirkungen sind es, die auch die eine von zwei Vorsitzenden der Kommission umtreiben, wie die Medizinethikerin Christiane Woopen erläutert:
    "Dieser massenweise Anfall von Daten, die Algorithmen, die überall eingesetzt werden, die Entwicklung künstlicher Intelligenz, durchprägen gleichsam das individuelle und gesellschaftliche Leben in allen Bereichen. Daran sind große Chancen geknüpft und auch Hoffnungen, in Form von Wohlstand, Erkenntniszuwachs, besserer Gesundheitsversorgung, effizienterer Verkehr, wirtschaftliche Vorteile etc. Aber es sind natürlich auch Herausforderungen damit verbunden."
    Gesellschaft muss über KI diskutieren
    Dass die Kommission am Ende die eine richtige Antwort geben könnte, das wollte die Ethikkommissionsvorsitzende Woopen dann doch nicht so verstanden wissen:
    "Über diese ethischen Maßstäbe muss die ganze Gesellschaft ja auch ringen. Da kann eine Kommission Empfehlungen geben, aber einer der Aufträge liegt ja auch daran, die öffentliche Diskussion zu befördern."
    Und dafür brauche es eben mehr als nur die Empfehlungen, an denen die Kommission nun im Monatsrhythmus arbeiten will. Die ersten Empfehlungen sollen allerdings bereits in Kürze vorliegen: Einige Fragen wurden aus Dringlichkeitsgründen vorgezogen – denn die Bundesregierung will schon in diesem Herbst eine Strategie zur Künstlichen Intelligenz vorlegen.