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Start mit Schwierigkeiten

Nach jahrelanger Vorbereitung hat die EULEX-Mission im Kosovo offiziell begonnen. steht für "European Union Rule of Law Mission in Kosovo" und soll dabei helfen, das einseitig unabhängige Land zu einem Rechtsstaat zu machen. Doch die Vermittlung der hehren Ziele ist angesichts der anhaltenden Spannungen zwischen Serben und Kosovaren nicht ganz einfach.

Von Thomas Franke |
    Vergangene Woche in Pristina, der Hauptstadt des Kosovo. Autos fahren vor, gut gekleidete Menschen steigen aus, schütteln einander die Hände. Fotografen und Kameraleute bringen sich in Position. Schließlich greifen die Justizministerin des Kosovo und der Leiter der EU-Mission, Yves de Kermabon, gemeinsam nach einer Schnur. Sie hängt an einer EU-Fahne, die über die Balkonbrüstung drapiert ist. Ein gemeinsames Ziehen – und irritierte Blicke nach oben. Die Fahne hakt. Immerhin, das Schild darunter ist zu erkennen. EULEX steht darauf.

    EULEX ist die Rechtsstaatsmission der Europäischen Union im Kosovo. Und so wie bei der feierlichen Enthüllung des EULEX-Schildes, hakte auch der Start der gesamten Mission. Er hat sich um Monate verzögert.

    Die EULEX ist das Flaggschiff des EU-Engagements auf dem Balkan. Mit dieser Mission assistieren die Länder der Europäischen Union den kosovarischen Institutionen in den Bereichen Justiz, Polizei und Zoll. Mehr als 1.500 EU-Mitarbeiter sind derzeit im Kosovo, dazu kommen noch annähernd 600 lokale Kräfte. Insgesamt sollen es einmal 3.000 Mitarbeiter werden. Ihr Ziel ist ehrgeizig: Sie wollen den Kosovaren helfen, aus dem Kosovo einen Rechtsstaat zu machen. Ob das Erfolg haben kann, ist fraglich.

    Problem Nummer eins ist, dass die Serben im Kosovo das EU-Engagement nicht unterstützen. Das betrifft vor allem den Norden des Kosovo, denn dort leben mehrheitlich Serben. Aber auch die Serben in den Dörfern im Süden, in den so genannten Enklaven, lehnen die EU-Präsenz und die Zusammenarbeit mit der Europäischen Union mehrheitlich ab.

    Die Situation zwischen Serben und Albanern ist noch immer angespannt. Damit die Unstimmigkeiten der beiden Volksgruppen nicht in Gewalttätigkeiten eskalieren und um die ausländischen Beamten zu schützen, sind derzeit noch etwa 16.000 Soldaten der Nato-Mission KFOR im Kosovo.

    Als die EULEX dieser Tage startete, waren die Soldaten im Norden in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden. Der Norden des Kosovo steht unter dem Kommando französischer KFOR. Der befehlshabende französische General, Michel Yakovleff, versicherte, dass man nicht erst auf ein Blutvergießen warten werde, ehe man handele.

    Die EU-Mission startete dementsprechend zurückhaltend. Gerade mal 15 Mitarbeiter schickte die EU zum Start in den Norden. Mittlerweile sind es an die hundert. Roy Reeve ist der stellvertretende Leiter der EULEX-Mission im Kosovo, und er war der Leiter der Planungsmission, die über mehrere Jahre den Start der EU-Mission im Kosovo vorbereitet hat:

    "Wir machen Risikoanalysen, und wir haben nicht die Absicht, EU-Personal in Gebiete mit schweren Waffen und ähnlichem zu schicken. Wir gehen da nicht mit all unseren Konflikt-Sondertruppen unbedacht vor, sondern behutsam."

    Auch Oliver Ivanovic, Staatsekretär im Ministerium für Kosovo in der Regierung Serbiens, warnte die EU-Vertreter bereits im Vorfeld der Mission:

    "Die EU wird Kooperationen mit niemandem dort haben. Warum sollen die in den Norden gehen, wenn sie dort nicht willkommen sind?"

    Die Serben beanspruchen das Kosovo als ihr Stammland. Im 20. Jahrhundert gehörte die Provinz zu Jugoslawien und wurde mehrheitlich von Albanern bewohnt. Ende der 80er Jahre begannen serbische Milizen und Paramilitärs, die Albaner im Kosovo zu unterdrücken und zu vertreiben. Albanische Schulen wurden geschlossen. 1999 griff die Nato ein, bombardierte Serbien und rückte ins Kosovo vor. Nun kehrten vertriebene Albaner zurück. Es kam zu Racheakten an Serben.

    Der UN-Sicherheitsrat verabschiedete damals eine Resolution mit der Nummer 1244. Sie beendete die Gewalt und stellte das Kosovo unter die Verwaltung der Vereinten Nationen.

    Nach dem Ende des Krieges wurde im Kosovo rasch mit dem Wiederaufbau begonnen, außerdem wurde ein Parlament und eine Regierung gewählt. Aber alle Institutionen standen unter Aufsicht der UN-Verwaltung. Dabei war klar, dass die UN nicht für alle Zeiten im Kosovo bleiben kann und darf. Zum einen, weil sie keine von der Bevölkerung gewählte demokratische Institution ist, zum anderen, weil sie nach diversen Skandalen und Fehltritten ihr Ansehen in der Bevölkerung verspielt hatte.

    Bereits vor mehreren Jahren begannen deshalb Mitarbeiter der EU, eine spätere europäische Mission im Kosovo vorzubereiten, die nach dem Abzug der Vereinten Nationen tätig werden sollte. Parallel dazu gab es Verhandlungen zwischen Serben und Albanern über den künftigen Status des Kosovo.

    Geleitet wurden diese Verhandlungen von Marti Ahtisaari, dem früheren finnischen Präsidenten und Friedensnobelpreisträger, im Auftrag der UN. Ahtisaari unterbreitete einen Plan, der eine eingeschränkte Souveränität für das Kosovo vorsah, unter Aufsicht der EU. Einer der Eckpunkte seines Vorschlags war das friedliche Zusammenleben der unterschiedlichen Ethnien im Kosovo. Die EU favorisiert auch heute noch diesen Vorschlag, die Serben lehnen ihn ab. Somit kann der Ahtisaari-Plan als gescheitert gelten.

    Im Februar dieses Jahres erklärten sich die Kosovaren einseitig für unabhängig. Eine Reihe von Staaten erkannten die Unabhängigkeit sofort an, doch die große Welle der Anerkennung blieb aus. Nicht einmal alle EU-Staaten haben das Kosovo bis heute anerkannt. Und in den Vereinten Nationen blockiert die Vetomacht Russland im Namen der Serben jeden Fortschritt.

    Fakt ist, dass die EU nicht einfach die Aufsicht von der UN übernehmen kann, ohne dafür ein Mandat des Weltsicherheitsrates zu haben. Und das blieb bislang aus. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon schrieb vielmehr in einem Brief an den Präsidenten Serbiens:

    "Eingedenk des Engagements der Europäischen Union in der Region, beabsichtige ich, mich mit dem Hohen Repräsentanten der EU für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu beraten, um zu bestimmen, welche operative Rolle die EU bei der Implementierung der oben genannten Bestimmungen innerhalb des statusneutralen Rahmens der Vereinten Nationen einnehmen kann."

    "Statusneutral" ist das Schlüsselwort. Statusneutral bedeutet, dass die EU im Kosovo nichts unternehmen darf, was die staatliche Unabhängigkeit des Kosovo unterstützt. Die Resolution 1244 gilt weiter, und damit auch die Oberaufsicht der UN-Verwaltung.

    Ist EULEX also nur eine Art UN-Mission in anderem Gewand? Cristina Gallach verneint das. Sie ist die Sprecherin von Javier Solana, dem hohen Repräsentanten für die Außen- und Sicherheitspolitik der EU-Mitgliedsstaaten, dem die EULEX-Mission unterstellt ist.

    "Die politische Kontrolle, die Anweisungen, die Strukturen der EULEX hängen vollständig an der Europäischen Union. Es wird regelmäßige Berichte an den Generalsekretär der Vereinten Nationen geben, wie in vielen Bereichen, in denen die EU aktiv ist. Das bedeutet aber keine irgendwie geartete Unterordnung der EULEX unter die UN-Vertreter im Kosovo. Es wird eine Kooperation, aber die Weisungen kommen von der EU."

    Gallach setzt auf die, wie sie sagt, Stärken der EU, und zwar auf die Fähigkeit, Rechtsstaatlichkeit einzuführen. Das unterscheide die EU-Mission von UNMIK. Keinesfalls wollen die Europäer das schlechte Image der UNMIK übernehmen.

    Doch Verwechslungen sind programmiert. Vor Ort werden die Europäer zum Beispiel Fahrzeuge der UN übernehmen. Es gab auch schon Protestaktionen gegen EULEX.

    Die EULEX hat viel zu tun. Das ist für jedermann deutlich sichtbar. Im Kosovo gibt es überdurchschnittlich viele Tankstellen mit kleinen Motels und Restaurants. Viel los ist nicht. Es heißt, sie dienen der Geldwäsche.

    Sicherheitskräfte gehen davon aus, dass der Schmuggel von Waffen, Drogen und auch Menschen von höchsten Regierungskreisen gedeckt wird. Diese kriminellen Aktivitäten gehen über alle Grenzen hinweg, und daran nehmen Serben ebenso wie Albaner und andere Volksgruppen teil.

    Roy Reeve, der stellvertretende Leiter der EULEX-Mission und Leiter des Vorbereitungsteams, lenkt den Blick auf den serbisch dominierten Norden, wo kosovarische und internationale Sicherheitskräfte keine Kontrolle haben und die EU Schwierigkeiten hat, überhaupt mit der Arbeit zu beginnen.

    "Viele unserer Probleme im Norden haben nichts mit Politik zu tun. Das ist einfach ein schwarzes Loch; es gibt dort keinen Rechtsstaat. Das Gerichtssystem ist erst installiert worden, und wir müssen abwarten, wie sich das entwickelt. Es gibt keine funktionstüchtige Polizei, und im Norden wird geschmuggelt. Es gibt auch keine Zollposten. Es ist deshalb in jedermanns Interesse, den Rechtsstaat dort wieder einzuführen. Widerstand wird meiner Ansicht nach mehr von kriminellen Interessen geleitet als von politischen. "

    Oliver Ivanovic traut den Europäern nicht zu, mit der Kriminalität wirklich aufzuräumen. Der Kosovo-Serbe, der in Belgrad Politik macht, warnt die EU vor einem zu defensiven Vorgehen:

    "Meine freundliche Botschaft an alle EU-Repräsentanten im Kosovo ist: Wenn Sie nicht bereit sind einzugreifen, zu handeln, dann werden Sie Ärger bekommen. Das erste, woran man denken und was man im Kosovo wissen muss, ist, und das gilt für den ganzen Balkan, wenn du zu nett bist, und wenn du uns gefällig bist, dann wirst du nicht respektiert. Es ist aber das Wichtigste überhaupt, unseren Respekt zu haben, nicht nett und freundlich zu sein. Mein Eindruck ist, dass die EU-Vertreter nicht bereit sind, auch nur in einfachen Bereichen ernsthaft und klar zu handeln, zum Beispiel Gesetze zu ändern. Dabei wäre das sehr einfach. Was glauben Sie, wie Sie sich in den wirklich ernsten Fällen von Verbrechen verhalten müssen? Wenn Sie eine Mischung haben aus Politikern, Mitarbeitern von Institutionen und organisierter Kriminalität vor Ort."

    Im Zentrum von Pristina gibt es ein gutes Anschauungsobjekt eben dieser Mischung. Wer den Hügel hinauf schaut, dem fallen zwei Gebäude ins Auge. Das eine wird von einem blauen Dach geziert. Es gehört Ramush Haradinaj, dem ehemaligen Ministerpräsidenten des Kosovo.

    Haradinaj musste sein Amt aufgeben, nachdem das Internationale Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag Anklage gegen ihn erhoben hatte. Schließlich wurde er freigesprochen. Zeugen, die gegen ehemalige albanische UCK-Führer aussagen sollten, waren unter Druck gesetzt worden. Viele westeuropäische Politiker sehen den Freispruch Haradinajs deshalb skeptisch.

    Nach Haradinajs Rückkehr standen an den Straßen im Kosovo rote Reklametafeln. "Ramush", stand darauf, "Wir brauchen Dich, jetzt!". Es heißt, keiner der Handwerker, die sein Haus gebaut haben, habe ihm eine Rechnung geschrieben.

    Diese Art von Günstlingswirtschaft hat Gründe. In den letzten Jahren des Vielvölkerstaates Jugoslawien wurden die Kosovo-Albaner immer weiter aus dem Sozialsystem hinaus gedrängt. Es entstanden Ersatzstrukturen, und die haben sich verfestigt.

    Um dieses Problem aus der Welt zu schaffen, war die UN-Verwaltung ein denkbar schlechtes Vorbild. Denn sie war nicht transparent, es gab eine Reihe von Bestechungsskandalen, und die UNMIK hat nichts getan, diese Skandale öffentlich aufzuarbeiten.

    Das zweite Gebäude am Hang über Pristina, direkt neben dem des einstigen UCK-Führers Haradinaj, gehört dem Hohen Repräsentanten der EU im Kosovo. Dort ist vor kurzem eine Bombe explodiert. In der Folge wurden drei Agenten des Bundesnachrichtendienstes verhaftet. Diese Aktion wird der Regierung des Kosovo zugeschrieben. Die habe sich dafür rächen wollen, dass deutsche Behörden sie immer wieder mit dem Organisierten Verbrechen in einem Atemzug nennen.

    Avni Zogiani, der Leiter von Cohu, einer Organisation, die gegen Korruption kämpft, spricht, was die Korruption betrifft, deutliche Worte.

    "Kein Fall Organisierter Kriminalität ist bisher vor Gericht verhandelt worden. Es gab mal den Versuch, einen Fall von Geldwäsche aufzuklären. Aber dieser wurde fallen gelassen, nach einer direkten Intervention einer politische Partei. Die war Teil der Regierung und hat Druck auf die UN-Verwaltung ausgeübt."

    Druck wird auch auf Avni Zogiani ausgeübt. Seit Cohu eine Liste mit Politikern veröffentlichte, die in schmutzige Geschäfte verwickelt sein sollen, lebt er unsicher. Auf der Liste finden sich Politiker nahezu aller Parteien. Und Cohu thematisiert Korruptionsfälle, in die die UN-Verwaltung verwickelt ist.

    Zogiani kritisiert das gesamte System, das seit dem Krieg 1999 im Kosovo herrscht.

    Die Experten der EULEX sollen assistieren und beraten. Die Verantwortung liegt bei den Kosovaren.

    "Seit acht Jahren sind wir gewohnt, dass man für uns Gesetze schreibt, sogar die Verfassung wurde für uns entworfen und die Unabhängigkeitserklärung. Und das hat ein Unvermögen erzeugt, ganzheitlich zu handeln. Kreativität wurde somit verhindert. Kosovo wurde zu einem passiven Empfänger der Weisungen der internationalen Gemeinschaft."

    Die Chancen für einen Generationswechsel stehen nicht schlecht, denn mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist unter 30 Jahre alt. Ob ein Generationswechsel aber auch einen Politikwechsel bedeutet, hängt im wesentlich davon ab, ob das alltägliche Leben im Kosovo sich bald normalisiert.

    Und es ist eine Frage von Arbeitsplätzen. Mehr als die Hälfte der Kosovaren ist ohne Arbeit. Und jedes Jahr kommen 28.000 junge Menschen zusätzlich auf den Arbeitsmarkt. Dort haben sie keine Chance mangels Investoren, die Arbeitsplätze schaffen könnten. Doch diese werden abgeschreckt durch Stromausfälle und die marode Infrastruktur.

    Kaum ein Problem des Kosovo kann ohne die Beteiligung Serbiens gelöst werden. Die EULEX plant deshalb, ein Büro in Belgrad zu eröffnen. So glaubt sie, die Kriminalität in der Region besser bekämpfen zu können.

    Der Erfolg von EULEX wäre ein Gewinn für die ganze Region. Alle haben Interesse an einem stabilen Kosovo. Das betont auch Bozidar Djelic, der stellvertretende Premierminister Serbiens:

    "Wir wollen nicht, dass EULEX scheitert. Wir wollen gern dazu beitragen, dass die Mission Erfolg hat. Wir sehen, dass die Dinge, um die sich EULEX kümmern will, wichtig und nützlich sein können für alle Beteiligten."

    In letzter Zeit nähert sich Serbien der EU an. Die Europäische Union hat dem gesamten Westbalkan eine Beitrittsperspektive in Aussicht gestellt. Ob und wie schnell Serbien EU-Mitglied werden kann, hat aber nichts mit dem Verhalten Serbiens in der Kosovo-Frage zu tun, betont Jan Truszczyński von der Generaldirektion Erweiterung der Europäischen Kommission.

    "Wir sind noch in einem frühen Stadium des Prozesses. Serbien hat noch einen langen Weg vor sich. Und wir können nur hoffen, dass Serbien selbst in der Lage ist, die Bedingungen zu erfüllen, die die EU vorgibt, um dem Land im nächsten Jahr den Kandidatenstatus geben zu können. Aber das wissen wir jetzt noch nicht. Soweit sind wir noch nicht."

    Auch der stellvertretende Premierminister Serbiens, Bozidar Djelic, möchte die Annäherung an die EU von der Kosovo-Frage trennen. Djelic ist für die Integration Serbiens in die EU zuständig.

    "Es geht natürlich nicht ums Geld. Und wer denkt, Serbien könne Schritt für Schritt gekauft werden, so lange, bis es Dinge in Sachen Kosovo akzeptiert, für Geld oder für eine schnelle EU-Integration – wer so etwas denkt, versteht die Wichtigkeit des Kosovo für Serbien nicht – und zwar nicht nur für Nationalisten, sondern für alle Bürger Serbiens."

    Die Kosovaren sehen die Annäherung Serbiens an die EU mit Sorge. Sie kritisieren, dass die Europäische Union beim Start der EULEX zu viele Zugeständnisse an die Regierung Serbiens gemacht habe. Skeptiker reden bereits davon, dass die Serben die vor einem Jahr gescheiterten Verhandlungen um den Status des Kosovo neu eröffnen möchten und damit die Unabhängigkeitserklärung der Kosovaren ad absurdum führen könnten. Oliver Ívanovic, Staatsekretär im Ministerium für Kosovo in Belgrad:

    "Irgendjemand muss sich mal bewegen. Aus meiner Sicht müssen wir uns zusammen setzen und einen Weg finden. Beide Seiten müssen etwas abgeben. Das ist dann ein Kompromiss. Dieser Prozess wird so etwa fünf bis zehn Jahre dauern. Dann werden neue politische Eliten da sein, und die werden einsehen, wie schwierig es ist, unter solchen Umständen zu leben wie jetzt. Die werden sich vielleicht zusammensetzen und eine Lösung finden. Das ist hoch hypothetisch, aber ich glaube, dass die politischen Eliten auf beiden Seiten verstehen, dass es wirtschaftlich so nicht geht. Und wenn die Politik dabei das Hindernis ist, dann sollten sie das Hindernis beseitigen."

    In Serbiens Hauptstadt Belgrad ist die neue Generation bereits aktiv. Zum Beispiel Andrej Nosov. Er leitet die Jugend-Initiative für Menschenrechte. In ihr versammeln sich junge Menschen, die weitere Reformen einfordern, eine Versöhnung mit den Nachbarn, die Aufarbeitung der Verbrechen, die im Namen Serbiens begangen wurden. Nosov verurteilt die anti-europäische Rhetorik mancher serbischer Politiker und kann nicht verstehen, dass sich die Serben im Kosovo der EULEX widersetzen.

    "Jeder sagt von EULEX, sie sei eine Besatzer-Mission. Ich frage mich immer: Kann mir einer sagen, wer die Serben in den Enklaven schützt? Die serbische Polizei? Die serbische Armee? Serbische Faschisten? Nein! Nato-Soldaten! EU-Vertreter! UN-Vertreter aus allen möglichen Staaten. Es ist sehr unverantwortlich und sogar unmoralisch, so über EULEX zu reden. "

    Bis diese Erkenntnis reift, werden noch Jahre vergehen. EULEX steht erst am Anfang.