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Stauffenberg und die Akteure des 20. Juli
"Wir sollten uns dessen in Hochachtung erinnern"

Am 20. Juli 1944 scheiterten Graf von Stauffenberg und sein Netzwerk mit einem Attentat auf Adolf Hitler. Was sie versucht hätten, sei aller Ehren wert, sagte Historiker Sven Felix Kellerhoff im Dlf. Allerdings sei Stauffenberg keine zentrale Figur in der Entwicklung der jungen Bundesrepublik gewesen.

Sven Felix Kellerhoff im Gespräch mit Manfred Götzke |
Fotos aus einer Dauerausstellung in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, die am Dienstag (01.07.2014) von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gemeinsam mit Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) eröffnet wurde. (Foto li.: Claus Schenk Graf von Stauffenberg und re. Albrecht Ritter Mertz)
Claus Schenk Graf von Stauffenberg (links) und Albrecht Ritter Mertz (rechts) als lebensgroße Fotos in der Dauerausstellung in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand (imago stock&people)
Historiker Sven Felix Kellerhoff hat ein Buch über das politische Attentat geschrieben und fand im Dlf anerkennende Worte für Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Rolle im Widerstand der NS-Zeit. "Er hat sich aus den gesellschaftlichen Zwängen befreit, weil er sah, dass etwas getan werden musste gegen Hitler. Das ist etwas, was man sehr hoch anerkennen muss." Das Attentat am 20. Juli 1944 hatte Adolf Hitler damals überlebt. Die Widerstandskämpfer vom 20. Juli 1944 um Graf von Stauffenberg wurden hingerichtet.
Kaum Quellen vorhanden
Der Weg Stauffenbergs vom Sympathisanten Hitlers zu seinem Gegner lasse sich allerdings nur kaum nachzeichnen. "So etwas ist sehr schwer zu sagen, wenn man keine Quellen hat." Persönliche Quellen und Quellen aus seinem großen Netzwerk seien größtenteils vernichtet worden.
Die Zeugnisse, die Überlebende aus Stauffenbergs Netzwerk nach Ende des Zweiten Weltkriegs abgegeben hätten, müssten zudem kritisch betrachtet werden. Viele Berichte seien von dem Bemühen geprägt, Stauffenberg zu einer zentralen Figur der Entwicklung der jungen Bundesrepublik zu machen, was so aber nicht zutreffe. Man könne ihn auch nicht - wie vielfach behauptet - als indirekten Vater des Grundgesetzes sehen, so Kellerhoff.
Ein wichtiges Zeugnis sei jedoch ein Bericht von Joachim Kuhn, Mitglied des Netzwerkes. Dieser habe in sowjetischer Gefangenschaft die Aussage gemacht, dass sich Stauffenberg spätestens Anfang 1942 ablehnend über die Kriegsverbrechen der Wehrmacht im Osten geäußert habe.
Rezeption nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges sei die Rezeption des Attentats im Verlauf der Jahrzehnte sehr wechselhaft verlaufen. In den 1950er- und 60er-Jahren hätten sich viele Bürgerinnen und Bürger sehr negativ über die Geschehnisse des 20. Juli geäußert. Erst Anfang der 1980er-Jahre, als die Generation der Kriegsteilnehmer aus der aktiven Führung der Gesellschaft ausgeschieden sei, habe sich die Einstellung der Deutschen geändert. Seit dem Peak im Jahre 2004 nehme die Kenntnis über die Ereignisse des 20. Juli allerdings wieder ab. Das Thema habe nicht mehr die Relevanz. "Inzwischen können 55 Prozent der Deutschen nach repräsentativen Umfragen nichts mehr mit dem Thema 20. Juli anfangen", sagte Buchautor Kellerhoff.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.