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Steigender Energiebedarf, steigender Wasserbedarf

Umwelt. - Probleme mit adäquater Süßwasser-Versorgung gibt es auf allen Kontinenten, am größten sind sie aber in Afrika und in Asien. Gerade in Fernost ist zunehmend die Energiewirtschaft für den gestiegenen Wasserverbrauch verantwortlich, warnen Umweltforscher. Auf der Weltwasserwoche in Stockholm diskutieren derzeit rund 1500 Experten aus aller Welt über Wege, allen Menschen den Zugang zu sauberem Trinkwasser zu ermöglichen.

Von Volker Mrasek |
    Als wenn Asien nicht schon genügend Probleme mit knappem Wasser hätte: In China fließt der legendäre Gelbe Fluss mitunter nur noch als Rinnsal dahin, weil ihn aufkeimende Industriezentren im Norden des Landes förmlich leer saugen. In Indien fällt der Grundwasserspiegel zum Teil rapide ab, weil sich Millionen von Kleinbauern Förderpumpen zugelegt haben. Mega-Städte wie Bangkok oder Djakarta sind so stark gewachsen, dass sie ihren Süßwasserbedarf nicht mehr selbst decken können.

    Und jetzt machen Experten in Stockholm auch noch auf einen anderen Punkt aufmerksam, der die Krise in Asien weiter verschärfen dürfte. Und der bisher, sagen sie, sträflich vernachlässigt wurde: Auch die Produktion von Energie verschlingt große Mengen Wasser, Tendenz stark steigend. Gerade in Fernost:

    " Wasserkraftwerke beanspruchen Fluss- oder Stauwasser, um Elektrizität zu erzeugen. Kern- und Kohlekraftwerke benötigen Kühlwasser. Und das sind enorme Mengen. Um nur ein Beispiel zu nennen: In Frankreich mit seinen vielen Atommeilern ist die Energiewirtschaft der größte Wasserverbraucher, und nicht etwa die Landwirtschaft. "

    Asit Biswas ist Präsident des Dritte-Welt-Zentrums für Wasser-Management in Mexiko. Vorher lehrte der Ingenieur und gebürtige Inder in Großbritannien und Kanada. Es sei an der Zeit, dass auch die Energiewirtschaft Wasser auf ihre Agenda setze, mahnte Biswas jetzt in Stockholm:

    " In China und Indien werden jedes Jahr acht bis zwölf Prozent mehr Strom verbraucht. Entsprechend steigt der Wasserbedarf für seine Erzeugung. Dennoch gibt es kein einziges Land - weder in Asien noch sonst wo auf der Welt -, das bisher einen Wassermanagement-Plan für seine Energiewirtschaft entwickelt hat. Wo soll das zusätzliche Wasser herkommen? Und was sind die Folgen für Umwelt und Gesellschaft, wenn der Nutzungsanspruch des Energiesektors weiter so steigt? "

    China hat angekündigt, dass es künftig massiv in Kernkraftwerke investieren wolle. Daneben sollen seine veralteten Kohlekraftwerke weiter kräftig Strom produzieren. Das heißt: Es wird künftig noch mehr Kühlwasser benötigt. Also auch noch mehr von der knappen Ressource Süßwasser. Und deshalb, so Hinrich Mercker:

    " Die Frage, die man sich dort stellen muss, ist: Welche Energieformen können dazu beitragen, dass der Wasserverbrauch nicht ganz so hoch ist wie bei anderen? "

    Auch Mercker zählt zu den geladenen Experten in Stockholm. Mercker leitet die Abteilung für Umwelt, Energie und Wasser der Inwent GmbH in Berlin. Die hat den Auftrag von der Bundesregierung, Know-how in Schwellen- und Entwicklungsländern aufzubauen ...

    " Also in China gibt es Universitäten, die sich jetzt verstärkt mit erneuerbaren Energien, zum Beispiel mit der Windenergie, beschäftigen. "

    Mercker hält das für sinnvoll. Denn gegenüber Kern- und Kohlekraftwerken haben Windgeneratoren den Vorteil, dass sie nicht Unmengen Wasser zur Kühlung verbrauchen. Stärker auf Alternativen setzen! Den Anstoß dazu könnte in die 2. Welt-Konferenz für Erneuerbare Energien geben. Die erste fand im Vorjahr in Bonn statt ...

    " Die Renewables-Konferenz. Und die wird nun ganz bewusst im November, auch von Deutschland unterstützt, in Peking stattfinden. Wind in China wird ein Thema dabei sein, was da besonders vorgestellt wird. "

    Man darf sich in den erneuerbaren Energien aber auch nicht täuschen. Ein Beispiel: Wenn bei steigenden Öl-Preisen künftig mehr Bio-Kraftstoff produziert wird, dann geraten die Wasser-Ressourcen vermutlich noch stärker unter Druck, wie in Stockholm zu hören ist. Noch einmal Asit Biswas:

    " Bio-Kraftstoffe werden aus Agrarpflanzen gewonnen. Und jede Form pflanzlichen Anbaus benötigt viel Wasser. So erweist sich auch die Produktion von Bio-Sprit mittlerweile als sehr verbrauchsintensiv. Das zeigen Erfahrungen aus Brasilien. "

    Großer Energiehunger scheint also fast immer auch mit großem Wasserdurst verbunden zu sein. Gerade für schnell wachsende Schwellenländer wie Indien oder China heißt das: Sie werden lernen müssen, Energie einzusparen und sie effizienter zu nutzen. Auch das ein guter Rat der Experten in Stockholm.