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Steinbach ist "die beste Person für diesen Beirat"

Der CSU-Europaparlamentarier Markus Ferber unterstützt die Nominierung der Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach als Beirätin der Gedenkstätte "Zentrum gegen Vertreibung" auch gegen den Protest aus Warschau. Steinbach sei "aufgrund ihrer Erfahrung und aufgrund ihrer Kommunikationsfähigkeit auch in die Vertriebenenverbände hinein die beste Person" für diesen Posten, so Ferber.

Markus Ferber im Gespräch mit Bettina Klein |
    Bettina Klein: Erika Steinbach, die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, vor gut einem Jahr hier im Deutschlandfunkinterview. Im Moment steht sie in der Kritik, weil ihr Verband sie nominiert hat für den Beirat im geplanten Zentrum gegen Vertreibung. Erzürnt ist Polen, empört ist die SPD, von der Bundeskanzlerin ist bislang noch nichts zu hören. Frau Steinbach spricht heute in einem Zeitungsinterview davon, Polen betreibe Erpressung. Ein Interview dazu gleich mit dem CSU-Europaparlamentarier Markus Ferber. Im Streit um ihre Nominierung hat Erika Steinbach heute also in der Passauer Neuen Presse nachgelegt mit scharfen Worten, Zitat: "Was die polnische Seite hier betreibt, ist nichts anderes als Erpressung. Dies dient dem deutsch-polnischen Miteinander überhaupt nicht und daraus spricht leider nicht der Geist der Versöhnung." Zitat Ende. Am Telefon sind wir nun verbunden mit Markus Ferber, er ist CSU-Europaparlamentarier und Spitzenkandidat der CSU für die Europawahl im Sommer. Ich grüße Sie, Herr Ferber!

    Markus Ferber: Guten Morgen, Frau Klein!

    Klein: Polen erpresst uns oder Deutschland, wen auch immer. Stimmen Sie zu?

    Ferber: Ich glaube, dass es nicht akzeptabel ist, wenn hier Deutschland, die Bundesrepublik Deutschland, ein Zentrum gegen Vertreibungen - und so heißt es auch - schaffen will, das steht im Koalitionsvertrag, dass hier von anderer Seite Einfluss genommen wird, wer in einem entsprechenden Beirat mit dabei ist. Frau Steinbach ist Vorsitzende dieser Stiftung, die gegründet wurde, und deswegen gehört sie auch in den Beirat.

    Klein: Würden Sie auch soweit gehen, das Wort "Erpressung" zu verwenden?

    Ferber: Wir müssen schon mal feststellen, dass in einer Reihe von mittelosteuropäischen Staaten interessante Stellungnahmen stattfinden. Ich bin ja im Europäischen Parlament, heute kommt der tschechische Staatspräsident zu uns. Gestern hat das tschechische Parlament im Zusammenhang mit der Ratifikation des Lissabon-Vertrages noch mal die Fortgeltung der Benes-Dekrete bekräftigt. Ähnliches hatten wir im letzten Jahr in der Slowakei, und wir haben jetzt in Polen auch wieder eine Diskussion, die eigentlich schon überwunden war. Die Polen waren mal an der Spitze der Versöhnung, und deswegen bin ich sehr enttäuscht, dass jetzt gerade von polnischer Seite solche Forderungen, Anforderungen kommen. Ich glaube nicht, dass es Aufgabe Polens ist, sich hier in eine deutsche Angelegenheit mit einzumischen.

    Klein: Die Bundesregierung, Herr Ferber, hat gestern noch mal deutlich gemacht, dass sie das Gremium im Beirat dieses geplanten Zentrums gegen Vertreibungen, dass sie das nur im Einvernehmen mit der polnischen Regierung besetzen will. Ein Fehler?

    Ferber: Zunächst mal muss man die ganze Geschichte sehen. Es war ja die Schröder-Regierung, die sich massiv gegen ein solches Zentrum ausgesprochen hat. Es ist dann gelungen, im Koalitionsvertrag 2005 als Ziel der Bundesregierung dieses Zentrum auf die Ebene der Bundesrepublik Deutschland zu heben und es ist jetzt die Aufgabe, das auch fertigzumachen, und das sollte in dieser Legislaturperiode noch gemacht werden. Natürlich muss man versuchen, mit allen Partnern, die hier mitarbeiten sollen, Einverständnis zu erzielen, aber es geht nicht, dass von einer Seite einseitig hier Personalvorschläge gemacht werden oder Personalvorschläge verhindert werden, das ist nicht Einvernehmen, sondern das ist Einflussnahme.

    Klein: Herr Ferber, empfehlen Sie als Europaparlamentarier der Bundesregierung, sich über polnische Bedenken hinwegzusetzen?

    Ferber: Ich empfehle, dass sich alle Seiten aufeinander zu bewegen. Ich habe gerade ein paar Beispiele genannt, die nicht diesen Geist des Aufeinanderzugehens, des Überwindens der Teilung dieses Kontinents, des Überwindens des völkerrechtswidrigen Verhaltens von verschiedenen Seiten gewährleistet, und das muss überwunden werden. Und das heißt: aufeinander zugehen und aufeinander hören und auch akzeptieren, wer von welcher Seite kommt und Frau Steinbach gehört unbedingt in diesen Beirat mit dazu.

    Klein: Das heißt, die Bundesregierung soll die polnische Seite davon überzeugen, dass Frau Steinbach in diesen Beirat hineingehört?

    Ferber: Es ist eine souveräne Entscheidung der Bundesrepublik Deutschland, wer in diesen Beirat kommt, und die sollte auch souverän getroffen werden. Keine Person hat sich so für dieses Zentrum engagiert wie Frau Steinbach, keine Person ist auch in der Lage, im Thema Vertreibungen - und da haben wir auch in der aktuellen Geschichte ja durchaus Probleme auf dem europäischen Kontinent - klar Position zu beziehen. Es wäre absolut inakzeptabel, wenn Frau Steinbach dem Beirat am Ende nicht angehören würde und das muss die Bundesregierung auch entsprechend durchsetzen.

    Klein: Aber, Herr Ferber, offenbar gibt es ja Vorbehalte auf der polnischen Seite, und wenn Sie sagen, beide Seiten müssen sich aufeinander zu bewegen, dann heißt das ja genauso, dass die deutsche Seite die Bedenken Polens gegen diese Personalentscheidung doch ernst nehmen muss, denn auch nur das ist ja ein Zeichen von Versöhnung?

    Ferber: Aber dann sollte man ja mal ein bisschen hinterfragen, was die Gründe für diese Bedenken Polens sind. Wenn ich mir die Erklärung der polnischen Bischöfe von 1965 anschaue, dann waren wir damals scheinbar schon weiter, als wir es heute sind. Hier werden künstlich Ressentiments aufgebaut. Ich erlebe das auf europäischer Ebene auch immer wieder. Wir haben noch nicht diesen Geist des Aufeinanderzugehens, des Versöhnens, des Zusammenarbeitens, wie er auch in der Europäischen Union nötig sein sollte. Es hat sich schon wieder etwas verbessert im Verhältnis zur Vorgängerregierung, mit Donald Tusk läuft es besser als mit den Kaczynskis. Aber der Geist der Versöhnung, des Aufeinanderzugehens ist in Polen noch nicht da und deswegen kann diese einseitige Forderung Polens auch nicht akzeptiert werden.

    Klein: Aber der Bund der Vertriebenen und teilweise ja auch Frau Steinbach standen in der Vergangenheit für Positionen, die man jetzt auch nicht mit Versöhnung gleichsetzen kann, deswegen noch mal die Frage: Ist diese Personalie in diesem Fall dann wirklich geeignet, einen Streit mit dem polnischen Nachbarn in dieser Dimension zu riskieren?

    Ferber: Ich glaube, dass es notwendig ist, dass auch von unserer Seite die Personen in dem Beirat sitzen, die da reingehören, und dazu gehört Frau Steinbach selbstverständlich. Wir müssen auch sehen, wir haben ja im Zusammenhang mit dem Beitritt Polens, der tschechischen Republik, der Slowakei in die Europäische Union diese Fragestellungen diskutiert und hier ist klar zum Ausdruck gekommen, wir hatten Gutachten bei Völkerrechtlern in Auftrag gegeben, dass das Völkerrecht nicht kennt, dass hier aufgerechnet werden kann. Und deswegen ist es richtig, dass auch Schuld, die von anderen begangen wurde, entsprechend angesprochen wird, ohne dass man die eigene Schuld damit wegdrängt. Und das hat Frau Steinbach immer so formuliert und deswegen kann ich nicht akzeptieren, was hier gegen Frau Steinbach vorgetragen wird.

    Klein: Und Sie würden auch in Kauf nehmen, dass es nachhaltige Verstimmungen in den deutsch-polnischen Beziehungen geben wird darüber?

    Ferber: Ich bin mir sicher, dass die deutsch-polnischen Beziehungen so stabil sind, dass sie auch in der Lage sind, zu ertragen, dass man offen über die Probleme, die wir miteinander hatten, reden kann. Und genau darum geht es. Nur wenn man offen über die Probleme der Vergangenheit redet, kann man auch in eine gute gemeinsame Zukunft gehen.

    Klein: Aus der Bundesregierung kommen jetzt Signale, es sei im Moment vielleicht kein guter Zeitpunkt, eine Entscheidung zu treffen. Wie schnell muss die Bundesregierung und muss die Bundeskanzlerin sich jetzt äußern zu dem Fall?

    Ferber: Ich hätte mich gefreut, wenn das, was im Koalitionsvertrag vereinbart wurde 2005, auch schon wesentlich früher umgesetzt worden wäre. Das war leider nicht möglich, weil die SPD an allen Stellen gebremst hat, als es darum ging, das Zentrum gegen Vertreibungen überhaupt auf den Weg zu bringen. Wenn es jetzt besser ist, noch ein halbes Jahr zu warten, dann, meine ich, sollten wir das auch tun und dann Ende des Jahres die Personalien für die Besetzung des Beirates klären. Wenn das der Sache dient, ist es sicher richtig. Wenn es der Sache nicht dient, dann kann man es auch jetzt machen.

    Klein: Also nach den Bundestagswahlen, meinen Sie?

    Ferber: Nach den Bundestagswahlen.

    Klein: Denn wir steuern ja im Grunde genommen auch auf einen handfesten Koalitionsstreit zu. Die SPD verlangt und erwartet ja im Grunde genommen von der Union, dass sie auf diese Personalentscheidung Erika Steinbach verzichtet. Sollte sich dann die Kanzlerin gegen den Willen und gegen den geballten Widerstand der Sozialdemokratie durchsetzen, Ihrer Meinung nach?

    Ferber: Auch für eine Koalition gilt, dass man aufeinander zugeht und sich gegenseitig respektiert. Das wird sicherlich bis zum September nicht mehr ganz einfach sein, ich will mich da jetzt gar nicht in die ganze innenpolitische Diskussion einmischen. Aber ich habe wenig Verständnis für die Position der SPD. Eine Bundesregierung sollte gemeinsam auch die Interessen der Bundesrepublik Deutschland vertreten und nicht Interessensvertreter Polens sein.

    Klein: Muss sich die Kanzlerin jetzt positionieren oder nicht?

    Ferber: Die Bundeskanzlerin hat sich schon 2005 klar positioniert und ich glaube, dass die Bundeskanzlerin auch sieht, dass es wohl vor der Bundestagswahl schwierig ist, den Beirat überhaupt zu besetzen. Deswegen macht es sicherlich Sinn, dass sie jetzt nicht zusätzliches Öl ins Feuer gießt, aber ich glaube, Frau Merkel steht sehr stabil, was die Beiratsbesetzung betrifft.

    Klein: Und Sie bleiben dabei: Um jeden Preis sollte diese oder die künftige Bundesregierung an Erika Steinbach im Beirat festhalten?

    Ferber: Ich bin der absoluten Überzeugung, dass Frau Steinbach aufgrund ihrer Erfahrung, aufgrund ihrer Kommunikationsfähigkeit auch in die Vertriebenenverbände hinein die beste Person für diesen Beirat ist.

    Klein: Die Position von Markus Ferber, CSU, Europapolitiker und Spitzenkandidat der CSU für die Europawahl im Sommer. Danke Ihnen, Herr Ferber, für das Gespräch!