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Steinmeier in Armenien
Bemühen um Stabilität in Berg-Karabach

Bei dem Besuch von Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Eriwan stand der Konflikt um Berg-Karabach zwischen Armenien und Aserbaidschan im Fokus. Die Regierung in Eriwan pocht auf das Selbstbestimmungsrecht der in Karabach lebenden Armenier, Aserbaidschan auf die Einhaltung der territorialen Integrität. Nun will die OSZE ihr Team an der Kontaktlinie verstärken.

Von Klaus Remme |
    Bundesaußenminister Steinmeier wird vom armenischen Außenminister Nalbandjan am Flughafen der Hauptstadt Eriwan begrüßt (29.6).
    Bundesaußenminister Steinmeier wird vom armenischen Außenminister Nalbandjan am Flughafen der Hauptstadt Eriwan begrüßt (29.6). (picture alliance/dpa/Jan Woitas)
    Ja, natürlich auch hier in Armenien wurde der deutsche Außenminister von hiesigen Journalisten nach den Folgen des Brexits gefragt, doch der ist in Eriwan nun wirklich Randaspekt. Überhaupt, in Armenien und ab heute Abend dann in Aserbaidschan ist Frank-Walter Steinmeier vor allem als amtierender Vorsitzender der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa gefragt. Der Konflikt um Berg-Karabach trägt das Etikett Dauerkrise, zuletzt eskalierte die Lage im April:
    "Es gab Tote auf beiden Seiten und ich denke, allen Seiten und nicht nur den Konfliktparteien, sondern auch in der gesamten OSZE ist noch einmal klar geworden: Der Status quo auf Dauer ist so nicht haltbar."
    Seit den 90er-Jahren tritt dieser Streit auf der Stelle. Die Regierung in Eriwan pocht auf das Selbstbestimmungsrecht der in Karabach lebenden Armenier, Aserbaidschan auf die Einhaltung der territorialen Integrität. Das gleichzeitig Russland und die Türkei als Schutzmächte eine wichtige Rolle spielen, macht die Sache, gerade in diesen Monaten, nicht einfacher. Immerhin, es wird geredet, im OSZE Format, auf Ebene der Außenminister, selbst die Präsidenten beider Länder haben sich jüngst in St. Petersburg getroffen:
    "Wenn man mal alle Aktivitäten zusammennimmt, dann kann man doch sagen, dass aufgrund dieser verschiedenen Aktivitäten sich die Situation an der Kontaktlinie jedenfalls deutlich beruhigt hat. Und ich glaube, das unterstreicht jedenfalls, dass wir prinzipiell auf dem richtigen Weg sind."
    Waffenstillstand muss stabilisiert werden
    Man hört schon, wie fein die politischen Bewegungen gewogen werden müssen, um messbare Fortschritte zu erkennen. Der Waffenstillstand muss stabilisiert werden, die Kontaktlinie ist über 200 Kilometer lang, sie wird momentan von sage und schreibe sechs Beobachtern der OSZE kontrolliert. Jetzt soll dieses Team verstärkt werden, doch selbst eine Verdoppelung kann bei Verletzungen der Waffenruhe und Vorwürfen der ein oder anderen Seite unmöglich für Transparenz sorgen.

    Steinmeier sieht ein wie er sagt, positives Momentum, und will das für den Einstieg in substanzielle Verhandlungen zur Lösung des Konflikts nutzen. Auch über Bilaterales wurde gesprochen. Steinmeier lobte den Fleiß armenischer Studenten, die sich – auch durch Stipendien – anschicken, Deutsch zu lernen, er lobte Reformbemühungen etwa mit Blick auf das Wahlrecht, doch auf das aktuell so kontroverse Thema Völkermord kam der Besuch aus Deutschland nicht von selbst.
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zu Besuch in Eriwan, Armenien.
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zu Besuch in Eriwan, Armenien. (Deutschlandradio / Klaus Remme)
    Steinmeier: "Armenier-Resolution ist vor allen Dingen ein Auftrag"
    Nach Bundespräsident Gauck im Vorjahr hat der Bundestag durch seine Resolution eine klare Sprache gefunden, Frank-Walter Steinmeier hat die Verbrechen des Osmanischen Reichs an den Armeniern nicht als Völkermord bezeichnet. Als der Bundestag die Resolution verabschiedete, war Steinmeier auf lang geplanter Auslandsreise in Südamerika. Warum meiden Sie das Wort, wurde der deutsche Außenminister von einem deutschen Journalisten gefragt?
    "Ich habe diese Resolution unterstützt und deshalb den Begriff des Völkermords nicht gemieden. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass Konflikte sich am Ende auch nicht auf einen einzigen Begriff zurückführen lassen und das man wissen muss, dass hundert Jahre später, genauer gesagt, hunderteins Jahre später, eine solche Resolution vor allen Dingen ein Auftrag ist."
    Ein Auftrag zur historischen Aufarbeitung, immer auch mit im Blick, so Steinmeier, die Verantwortung des Deutsches Reichs beim Genozid an den Armeniern vor 101 Jahren. Der armenische Außenminister würdigte die deutsche Resolution. Die Armenier sehen jedoch nicht nur ein historisches Thema. Das hartnäckige Pochen auf Selbstbestimmung in Berg-Karabach lässt sich nur durch die Brille eines Volkes verstehen, dass die traumatische Erfahrung von 1915 nicht vergessen hat und die Gefahr erneuter Vertreibung tagtäglich beschwört.