Es ist die erste Reise Frank-Walter Steinmeiers als Bundespräsident nach Lateinamerika – und sie wird überschattet von der politischen Krise im Nachbarland Venezuela. Eigentlich soll es vor allem um Alexander von Humboldt gehen, den großen Naturforscher, der in diesem Jahr seinen 250. Geburtstag feiert. 1801 unternahm er seine legendäre Reise nach Kolumbien und Ecuador, die er in seinen Reisetagebüchern beschrieb.
Steinmeier will auf seinen Spuren wandeln – und beginnt seine Reise in Cartagena, der kolumbianischen Hafenstadt und Festungsanlage, in der auch Humboldt seine zweite große Lateinamerika-Expedition startete. Doch die Zuspitzung der Situation in Venezuela wirft seinen Schatten auch auf die Nachbarländer. Drei Millionen Venezolaner befinden sich mittlerweile auf der Flucht, fast eine Million von ihnen in Kolumbien, eine halbe Million in Ecuador. Dort treffen sie auf eine Bevölkerung, die in weiten Teilen selbst mit Armut zu kämpfen hat. Die Situation ist dennoch kaum zu vergleichen mit Deutschland, sagt Tom Königs, Kolumbien-Beauftragter der Bundesregierung, er wird Steinmeier auf seiner Reise begleiten.
Friedensprozess in Kolumbien stockt
"Man merkt in den Städten, dass es eine neue Unterschicht gibt, also Leute die sehr arm sind, auch auf manchmal auf Verkehrsinseln zelten, also man sieht das. Es gibt aber nicht eigentlich einen wirklichen Unterschied, die sprechen ja alle Spanisch, es gibt auch keine oder sehr wenig Animositäten gegenüber den Venezolanern. Das ist ein Brudervolk. Die haben die letzten 200 Jahre nicht Krieg geführt."
Thema wird auch der Friedensprozess in Kolumbien sein. Steinmeier, der seine letzte Reise als Außenminister nach Kolumbien unternahm, will seine Unterstützung für weitere Friedensbemühungen anbieten. Am Dienstag kommender Woche trifft der Bundespräsident den kolumbianischen Präsident Iván Duque in der Hauptstadt Bogotá. Geplant sind Besuche in Auffangstationen für Flüchtlinge - ebenso wie Gespräche mit den drei Institutionen, die in Kolumbien für die die Umsetzung des 2016 geschlossenen historischen Friedensabkommens mit der Guerilla-Gruppe FARC eingerichtet wurden.
Nach einem schweren Bombenanschlag mit 20 Toten auf eine Polizeistation durch die Guerilla ELN haben die weiteren Verhandlungen mit der ELN gerade einen schweren Rückschlag erlitten. Doch auch der Friedensprozess mit den FARC-Rebellen droht zu scheitern, auch weil die Regierung grundlegende Aspekte des Friedensvertrages wie eine Landreform und mehr Sicherheit bislang nicht umgesetzt habe, mahnt Alexandra Huck von der Menschenrechtsorganisation für Kolumbien kolko e-V.
Humboldt als sozialpolitischer Vordenker
"Wir sind sehr besorgt über die massive Zahl von Ermordungen und auch Drohungen gegen Menschenrechts- und auch Friedensaktivisten in Kolumbien. Betroffen sind darüber hinaus auch ehemalige FARC-Kämpfer und Kämpferinnen, wenn die nicht ohne Angst sich engagieren können, dann ist auch jeder partizipative Prozess und jeder Friedensprozess in Kolumbien gar nicht möglich."
In Ecuador wird dann vor allem wieder Humboldt auf dem Programm stehen. Der Naturforscher wird in Lateinamerika heute noch verehrt – hier jedoch mehr als sozialpolitischer Vordenker und für seine Freundschaft mit dem Unabhängigkeitskämpfer Simon Bolivar, denn als Wissenschaftler. Der Bundespräsident wird in Ecuadors Hauptstadt Quito offiziell die Schirmherrschaft für das dortige Humboldt-Jahr übernehmen.
Bei einem Abstecher zu den Galapagosinseln, die Humboldt rund 30 Jahre vor Charles Darwin besuchte, wird sich Steinmeier zudem über die Bemühungen um Umweltschutz und den Erhalt der Inseln informieren. Wegen des Humboldt-Schwerpunkts werden auch zahlreiche Persönlichkeiten aus dem Kulturbereich den Bundespräsidenten begleiten, darunter Hartmut Dorgerloh, Intendant des Humboldt-Forums, die Humboldt-Biografin Andrea Wulf und die Urenkelin von Charles Darwin, die britische Biologin Sarah Vogel.