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Steinmeier in Südafrika
Regenbogennation im Umbruch

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei seinem Besuch in Südafrika für die Demokratie geworben - auch wenn diese stets Kompromisse verlange. Deutschland hegt große Hoffnung in den neuen südafrikanischen Präsidenten Ramaphosa. Von ihm will Steinmeier vor allem in Sachen Migration lernen.

Von Johanna Herzing | 20.11.2018
    Bundespräsident Steinmeier zu Besuch in Südafrika (19.11.2018).
    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei seinem Besuch in Südafrika (dpa / picture alliance / Bernd von Jutrczenka)
    Jungen und Mädchen auf einer Bühne, sie schwingen sachte hin und her, zierliche Metallpfeifen an gespitzten Mündern. Eine Begrüßung voller Fröhlichkeit für den deutschen Bundespräsidenten in Johannesburg. Jedoch an einem Ort, der nicht für Unbeschwertheit steht. Das Apartheid Museum ist jenem Unrechtssystem in Südafrika gewidmet, das die schwarze Bevölkerung im Land bis 1994 systematisch unterjochte. Zugleich erzählt das Museum vom jahrzehntelangen Kampf gegen das Apartheids-Regime, ein Kampf, zu dessen Galionsfigur Nelson Mandela wurde.
    Für Frank-Walter Steinmeier Anlass einer umfassenden Würdigung, aber nicht nur: "Ob in Europa, ob in Afrika: Wir leben in Zeiten voller Bewegung! Wir leben in Zeiten des Aufbruchs! Das spürt man derzeit ganz besonders in Ihrem Land: Südafrika wagt einen neuen Aufbruch, und dafür wünsche ich Ihnen Zuversicht und viel gemeinsamen Willen."
    Hoffnung in den neuen Präsidenten Südafrikas
    Der Bundespräsident macht bei seinem Staatsbesuch keinen Hehl daraus, wie wohlgesonnen er dem neuen Präsidenten Südafrikas, Cyril Ramaphosa, ist. Mit dessen Wahl im Feburar dieses Jahres ging die Ära Jacob Zuma zu Ende. Zehn Jahre geprägt von Stillstand, Korruption, der Entfremdung von Nelsons Mandelas Traum einer geeinten Rainbow Nation. Mit Ramaphosas Wahl verbindet sich nun die Hoffnung, diesen Traum Mandelas wiederzubeleben.
    Ramaphosa steht lachend vor einem Mikrofon im Parlament und hält seine Brille in den Händen.
    Der neue südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa (Mike Hutchings / Reuters / dpa)
    Vor dem Publikum im Apartheid Museum erinnerte nun der Bundespräsident daran, dass einmal gewonnene Freiheit stets verteidigt, mitunter neu errungen werden muss: "Wer die Freiheitsrechte jedes einzelnen respektiert, wer sie schützen will, der muss sich auf die Mühen der Demokratie einlassen. Ja, das ist anstrengend. Die Vielfalt einer demokratischen Gesellschaft ist immer anstrengend."
    Brücke zur deutschen Geschichte und Gegenwart
    Das ist keine heimliche Belehrung durch den Gast aus Europa. Immer wieder schlägt Frank-Walter Steinmeier die Brücke zur deutschen Geschichte und Gegenwart. Es ist das Thema, das ihn seit vielen Monaten zutiefst beschäftigt:
    "Wir erleben, wie die Mauern zwischen den unterschiedlichen Gruppen der Gesellschaft höher werden, der Ton rauer und unversöhnlicher. Wir haben Hass und Verrohung erlebt, längst nicht mehr nur in der Anonymität des Internets, sondern auf offener Straße. Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit sind auch in Deutschland nicht überwunden. Sie zu überwinden, bleibt ein ständiger Auftrag an alle in unserer Gesellschaft."
    Der Bundespräsident also will Mauern abbauen, in Deutschland, aber auch in den Beziehungen seines Landes zu Südafrika, überhaupt zum afrikanischen Kontinent: "Wir Europäer schauen immer noch zu sehr auf Afrika als einen großen Krisenkontinent. Das eine Afrika gibt es nicht", ruft er dem Publikum zu. Südafrika – so das Signal - ist gleichrangiger Partner. Zudem demnächst ein Verbündeter im UN-Sicherheitsrat, der - so hofft Steinmeier - wie Deutschland auf Multilateralismus setzt.
    Bei der Migration kann Deutschland von Südafrika lernen
    "Im Moment sind wir eine aufstrebende Demokratie mit vielen Herausforderungen. Aber die Grundlagen sind da: ein starkes Rechtssystem, eine starke Zivilgesellschaft, starke Institutionen. Wir sind insgesamt gut aufgestellt, auch wenn wir es mit einigen heftigen Herausforderungen zu tun haben", sagt wiederum Themba Maseko.
    Der frühere Regierungssprecher unter Jacob Zuma verlor einst seinen Job, als er sich korrupten Machenschaften der Regierung entgegensetzte. Auch Maseko setzt große Hoffnungen in Präsident Ramaphosa, für den mit der Parlamentswahl im kommenden Mai ein wichtiger Stimmungstest bevorsteht. Seiner Regierungspartei, dem ANC jedoch, könnten dabei schmerzhafte Verluste zugefügt werden.
    "Wenn der ANC ein paar Stimmen verliert, ist das nicht schlimm - es ist doch gut für eine Demokratie, wenn viele Parteien im Parlament vertreten sind und nicht eine einzelne so dominant ist."
    Bundespräsident Steinmeier dürfte solche Worte wohlwollend aufnehmen. Bevor er weiter ins Nachbarland Botsuana reist, wird er heute mit Präsident Ramaphosa zusammentreffen. Ein Thema der Gespräche: die Migration. Wie Deutschland ist Südafrika ein Aufnahmeland. Wie die Rainbow Nation diese Herausforderung meistert? Der Bundespräsident wird aufmerksam zuhören.