In Herrenchiemsee sagte Steinmeier wörtlich: "Wir alle, jede Politikerin und jeder Politiker, jede Bürgerin und jeder Bürger, haben eine gemeinsame Verantwortung für unsere Demokratie - Wir müssen sie schützen". Kein mündiger Wähler könne sich auf mildernde Umstände herausreden, wenn er sehenden Auges politische Kräfte stärke, die zur Verrohung der Gesellschaft und zur Aushöhlung der freiheitlichen Demokratie beitrügen.
Steinmeier fügte hinzu, die Unantastbarkeit der Menschenwürde und das Demokratieprinzip seien durch die Verfassung selbst jeder Abschaffung entzogen. Politisch müssten sich die Bürger aber im Klaren sein, dass die Verfassung ihre Gültigkeit an dem Tag verliere, an dem sie ihnen gleichgültig werde.
Bayerns Ministerpräsident Söder rief bei der Feierstunde auf Herrenchiemsee die demokratischen Parteien zum gemeinsamen Kampf gegen alle Feinde von Verfassung und Demokratie auf. Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit, sagte der CSU-Chef. Das Grundgesetz sei ein Bollwerk für Frieden und Freiheit - aber es werde untergraben.
Erstmalig wurde überragende Bedeutung der Menschenwürde verankert
Im Alten Schloss, dem Augustiner-Chorherrenstift von Herrenchiemsee, tagten vom 10. bis 23. August 1948 rund 30 Experten aus elf Ländern der westlichen Besatzungszonen. Sie lieferten die Arbeitsgrundlage für den Parlamentarischen Rat, der das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ausarbeiten sollte.
Unter anderem wurde die überragende Bedeutung der Menschenwürde als vorstaatliches Recht im Herrenchiemseer Verfassungsentwurf an prominenter Stelle erstmalig verankert. Ein paar Monate später, im Dezember 1948, fand die Formulierung auch Eingang in die UNO-Menschenrechtskonvention.
Diese Nachricht wurde am 11.08.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.