Gegen Würgers Roman "Stella" über die Jüdin Stella Goldschlag werden rechtliche Schritte geprüft. Der Anwalt der Erben von Stella Goldschlag sieht die Persönlichkeitsrechte der Jüdin verletzt. Und er fordert, bestimmte Stellen im Roman zu schwärzen und ihn bis dahin nicht mehr zu verkaufen.
Nicht "problembewusst gearbeitet"
Bei der Frage, wo die Grenzen der Literatur liegen, argumentiert Julika Griem im Deutschlandfunk-Interview aber nicht juristisch. Die Literaturwissenschaftlerin und Direktorin des Kulturwissenschaftlichen Instituts in Essen kennt Takis Würger als historisch informierten Schriftsteller. Daher blickt sie besonders genau auf den Stil und die Machart seines Textes.
Ihr Urteil: Der Roman sei deprimierend schlecht. Seine Machart sei schnell zu durchschauen: Ein heutiges Publikum abholen mit möglichst starken Reflexen. Historisierende Kulissen würden hin und her geschoben. Der Vorwurf: Der Autor habe nicht problembewusst mit seinem historischen Material gearbeitet, von dem sein Roman lebe.
Sorgfalt gefragt
Gerade beim Thema Kollaboration und Denunziation von Juden während der NS-Verfolgung fordert Griem einen hohen Anspruch an Authentizität und historischer Information. Griem mahnt: Sensibilitäten ändern sich: Es könnten immer weniger Zeitzeugen eine Art Gegeninstanz zu solch freierer Stoff-Behandlung bilden.
Daher sei bei den Autoren umso mehr Sorgfalt gefragt. Verharmlosung und Vereinseitigung seien problematisch. Julika Griem zieht da eine Parallele zu der hitzigen Diskussion über die deutsche Serie "Unsere Mütter, unsere Väter". Die Frage "Darf man das?" wurde schon damals gestellt.