Ende Juli 2013 machte dieses Geschäft Schlagzeilen (wie hier in der "Süddeutschen Zeitung") innerhalb Mediendeutschlands: Für 920 Millionen Euro verkaufte damals der Springer-Verlag unter anderem seine Regionalzeitungen „Berliner Zeitung“ und „Hamburger Abendblatt“ an die Funke-Mediengruppe. Springer-Vorstands-Chef Mathias Döpfner sprach damals davon, sein Verlag plane eine "klare Ausrichtung auf die Bild- und die Welt-Gruppe".
Gut zehn Jahre später kommt es aber offenbar zu Änderungen bei dieser Ausrichtung. Bei „Bild“ könne es zu einem deutlichen Personalabbau kommen, schreibt das „Handelsblatt“. Davon betroffen sei vor allem die Regionalberichterstattung.
Medienjournalist Grimberg: Bis zu 200 Jobs werden gekürzt
Aktuell 18 Regionalausgaben sollten auf zwölf reduziert werden, bestätigte im Deutschlandfunk Medienjournalist Steffen Grimberg den Bericht. Der Landesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) in Berlin und Brandenburg zitiert einen „Bild“-Kollegen, der die aktuellen Entwicklungen ein „Kettensägenmassaker mit Ansage“ genannt habe. Von bis 200 Mitarbeitenden gehe man aktuell aus, die ihren Job verlieren würden, so Grimberg.
Bereits Ende Februar hatte das Medienunternehmen angekündigt, in bestimmten Bereichen Personal zu kürzen. Von Mitarbeitenden im journalistischen Bereich der Redaktionen war damals allerdings nicht die Rede gewesen. Das Ziel sei „Digital Only“, wurde Döpfner damals auf der eigenen Firmenwebseite zitiert.
Springer: Müssen Kollegen mit KI ersetzen
Von den aktuellen Plänen zur Umsetzung dieser Strategie ist dort aktuell noch nichts zu lesen. Eine entsprechende Presseanfrage sei unbeantwortet geblieben, schreibt das „Handelsblatt“. Auch dem Deutschlandfunk antwortete die Springer-Pressestelle bis zur Veröffentlichung dieses Artikels nicht.
In einer Springer-internen Mail, die "Spiegel"-Medienjournalist Anton Rainer auf Twitter öffentlich gemacht hat, heißt es, man starte "jetzt eine klare KI-Offensive, weil wir das auch für unseren Aufbruch zu Digital Only brauchen".
Weiter heißt es in dieser Mitteilung ans Personal, man müsse sich "damit leider auch von Kollegen trennen, die Aufgaben haben, die in der digitalen Welt durch KI/oder Prozesse ersetzt werden oder sich in dieser neuen Aufstellung mit ihren derzeitigen Fähigkeiten nicht wiederfinden". Dieser Satz habe bei vielen Mitarbeitenden Wut erzeugt, berichtet Steffen Grimberg aus Gesprächen.
Medienforscher: Regionales nicht mehr Fokus von Springer
Auf der Firmenwebseite findet sich unterdessen eine Meldung, in der es heißt, Springer habe personell seine globale Vermarktungseinheit verstärkt. Für Medienforscher Christopher Buschow von der Universität Weimar passt diese Personalie ins große Bild bei „Bild“.
Das Regionale sei schon lange nicht mehr der Fokus von Springer gewesen, stellt Buschow gegenüber dem Deutschlandfunk fest. Der Verkauf der Regionalzeitungen vor zehn Jahren für Buschow: der „Einstieg in den Ausstieg aus dem Regionalen“, die Berichte nun „nur eine konsequente Fortführung dessen“.
Medienmarkt unter ökonomischem Druck
Die Aktivitäten von Springer hätten sich inzwischen ins US-amerikanische Ausland verlagert. „Die deutschen Titel sind viel, viel weniger wichtig in der Gesamtstrategie“, so der Medienforscher. Der „journalistische Arm des Verlags“ sei neben anderen Unternehmensbereichen wie Stellenmärkten und Kleinanzeigen ohnehin vergleichsweise klein geworden. Und hier projiziere man nun seine Zukunftshoffnungen eben in Titel wie „Politico“ oder „Business Insider“.
An dieser Stelle erkennt Steffen Grimberg den Einfluss des US-Finanzinvestors und Springer-Gesellschafters KKR. Die Einnahmen aus den klassischen Printprodukten seien für KKR wahrscheinlich zu gering gewesen, vermutet der Medienjournalist.
„Insgesamt ist das eigentlich nur eine Fortschreibung dessen, was wir schon bei Gruner + Jahr gesehen haben“, sagt Christopher Buschow mit Blick auf Entwicklungen auf den deutschen Medienmarkt.
Dieser Markt sei inzwischen weniger relevant angesichts einer stärkeren Konkurrenzsituation mit „immensem ökonomischem Druck“ für Verlage wie Springer oder Gruner + Jahr. „Und wenn die einen Stellen abbauen, sehen andere die Chance, ebenfalls ökonomische Einsparungen vorzunehmen – eben mit der Rechtfertigung, dass auch andere das tun.“
Kritik vom DJV
Kritik an den Springer-Plänen kam auch von der DJV-Bundesspitze. Wenn Springer-Chef Mathias Döpfner die Milchkuh des Konzerns schlachten wolle, sei das nicht nur unsozial gegenüber den Beschäftigten, "sondern wirtschaftlich extrem dumm", erklärte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall.
Die "Bild"-Zeitung sei nach wie vor der Gewinnbringer von Axel Springer. "Weniger Regionalberichterstattung bedeutet weniger Leserservice und damit weniger Leserinnen und Leser", so Überall.