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Sterbehilfe
Streit ums selbstbestimmte Sterben

Eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten um Peter Hintze (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) will Ärzten ausdrücklich erlauben, todkranken Menschen beim Suizid behilflich zu sein. Vertreter von Ärzten, Patientenorganisationen und christlichen Kirchen üben scharfe Kritik.

Von Gerd Schröder |
    Im Vordergrund eine Rose, im Hintergrund ein Krankenbett mit einer alten Frau und einer jüngeren am Bett.
    Eine sinnvolle Diskussionsgrundlage sieht anders aus, ein tragfähiger Gesetzentwurf erst recht. (Picture-alliance / dpa / Sebastian Kahnert)
    Wir wollen schwer leidenden Menschen ein Sterben in Würde ermöglichen, sagte der Christdemokrat Peter Hintze. Aus dem Schutz menschlichen Lebens dürfe kein staatlicher Zwang zum Leiden werden. Deshalb plädiert Hintze – gemeinsam mit fünf Abgeordneten von Union und SPD dafür, Ärzten ausdrücklich zu erlauben, todkranken Patienten beim Suizid zu helfen.
    "Dabei muss der sterbende Mensch selbst bestimmen, was er noch ertragen kann. Das ist eine Frage der Selbstbestimmung am Lebensende und aus unserer Sicht auch eine Frage der Menschenwürde, die ja die Selbstbestimmung als ihren Kern versteht."
    Hintze nannte sieben Voraussetzungen, die erfüllt sein müssten, damit Ärzte bei der Selbsttötung helfen dürften. Der Patient muss volljährig und unheilbar tödlich erkrankt sein, einen extremen Leidensdruck verspüren und voll einwilligungsfähig sein. Ein Beratungsgespräch mit dem Arzt ist Pflicht, zudem soll ein zweiter Arzt die Diagnose bestätigen müssen. Sind diese Bedingungen erfüllt, soll der Arzt beim Suizid helfen dürfen, indem er zum Beispiel eine tödliche Dosis bereitstellt, er darf sie aber nicht selbst verabreichen. Das muss dem Patienten überlassen bleiben, sagte die Sozialdemokratin Carola Reimann:
    "Wir wollen alle Möglichkeiten der Palliativmedizin ausschöpfen. Aber wir wollen nicht einfach die Augen davor verschließen, wenn unheilbar Kranke den Wunsch äußern, ihr Leben zu beenden. Und allein durch Verbote schaffen wir dieses Problem nicht aus der Welt."
    Ärzten droht der Entzug der Approbation
    Nach der derzeitigen Gesetzeslage ist die Beihilfe zum Suizid nicht strafbar, nach den ärztlichem Standesregeln aber untersagt. Ärzte, die bei der Selbsttötung assistieren, drohe der Entzug der Approbation und damit das Ende ihrer medizinischen Tätigkeit, sagte die CSU-Abgeordnete Dagmar Wöhrl. Hier müssen wir Rechtssicherheit schaffen, forderte auch der Sozialdemokrat Karl Lauterbach:
    "Dann können sich Ärzte zunehmend von den Sterbenden entfernen. Das ist eine große Gefahr, die nicht unterschätzt werden darf. Denn wenn sich Ärzte von Sterbenden entfernen und der Patient ist verzeweifelt, dann kommt es häufig zu Suizidversuchen oder Selbsttötungen, die vermeidbar wären."
    Wir wollen das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient stärken, sagte Lauterbach. Gleichzeitig sprach er sich –wie auch sein Parteifreund Burkhard Lischka, für ein Verbot von kommerzeillen Sterbehilfevereinen aus:
    "Der Staat, finde ich, muss das verbieten, was vollkommen inakzeptabel ist. Beispielsweise eine gewinnorientierte Sterbehilfe, wo man Gewinn damit macht. Oder eine Werbung dafür."
    Scharfe Kritik von Ärzten, Patientenorganisationen und Kirchen
    Scharfe Kritik an dem Eckpunktepapier äußerten Vertreter von Ärzten, Patientenorganisationen und christlichen Kirchen. Sie könne sich nicht vorstellen, dass quasi auf Krankenschein das tödliche Gift» herausgegeben werde, sagte Margot Kässmann, die frühere Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche, EKD, der Oldenburger «Nordwest-Zeitung» Ärzte würden pauschal als Suizidhelfer legitimiert, warnte Eugen Brysch von der deutschen Hospizstiftung, das sei außerordentlich gefährlich. Auch Rudolf Henke, der vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund ist skeptisch. Er sagte im Deutschlandfunk: "Meine große Sorge ist, dass wir damit nach und nach einen Sog in die Selbsttötung auslösen."
    Die Abgeordneten um Hintze und Lauterbach sehen das anders. Sie verstehen ihren Vorstoß als Einladung zu einer offenen Debatte. Der Bundestag wird sich am 13. November erstmals mit dem Thema befassen, dann dürften mehrere fraktionsübergreifende Gruppenanträge vorliegen. Eine Beschlussfassung ist in einem Jahr geplant.