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Sterile Männchen und klebrige Fallen
Wie Deutschland die Tigermücke bekämpft

Denguefieber, West-Nil-Fieber, Zika-Virus: Die Tigermücke ist Überträgerin zahlreicher Erkrankungen. Ursprünglich kam sie nur in Südostasien vor, mittlerweile ist sie auch in Europa und sogar Süddeutschland heimisch. Noch bestehe die Chance, die Tigermücke wieder loszuwerden, glauben Experten. Die Frage ist nur: Wie lange noch?

Von Joachim Budde |
    Eine Asiatische Tigermücke (Aedes albopicts)
    Eine Asiatische Tigermücke (Aedes albopicts) (picture alliance / dpa / James Gathany/CDC)
    „Wir sind jetzt hier, das ist jetzt mein Garten. Oder unser Garten, meine Frau pflegt den überwiegend, 90 Prozent. Ich mach die schweren Dinge.“
    Orangefarbene Zierkürbisse hängen an Edmund Sauters Gartentörchen. Rechts und links ranken Brombeerzweige mit prallen schwarzen Beeren über dem schulterhohen Maschendraht. Neben dem Weg zum Gartenhäuschen reifen Tomaten und Äpfel. Der Rentner engagiert sich als Vorstand im Kleingartenverein „Gartenfreunde Freiburg Nord“. Große Blüten schmücken seine Beete.
    „Wir wollten den Garten letztes Jahr schon aufgeben. Meine Frau die ist besonders empfindlich, wenn die zehn Minuten drin ist, hat sie drei Stiche. Weil: Die Tigermücke ist sowas von aggressiv, dass die Ihnen nachfliegt, bis sie stechen kann. Und dann kriegt man solche Placken. Sehr unangenehm, ja.“
    Die Tigermücke. Sie lebt mindestens seit 2014 in dieser Kleingartenanlage. Obwohl sie aus den heißen Subtropen stammt, aus Südostasien, hat sie es geschafft, in Freiburg zu überwintern.
    Musterbeispiel der Globalisierungs-Nutzung
    Das Tier mit dem wissenschaftlichen Namen Aedes albopictus ist ein Musterbeispiel für ein Insekt, das von Globalisierung und Klimawandel profitiert: Mit alten Autoreifen hat es sich über die ganze Welt verbreitet. Alte Reifen sind ein begehrtes Handelsgut, das sich vielseitig weiterverwenden lässt: im Straßenbau oder auf Kunstrasenplätzen als Substrat, in der Parfümherstellung als Basis für Düfte, in Zementfabriken als Brennstoff.
    Früher legte das Insekt seine Eier in Baumhöhlen, heute nimmt es auch gern andere Behälter, in die es hineinregnen kann: Vasen auf dem Friedhof, Getränkedosen im Gebüsch oder eben Autoreifen, die unter freiem Himmel auf den Abtransport warten. Die Tigermücke bereitet den Experten besonders aus einem Grund Sorgen, sagt die Infektionsschutzexpertin Isolde Piechotowski.
    „Die Tigermücke ist einfach ein potenter Krankheitsüberträger für bestimmte, vor allem virale Erkrankungen. Dazu zählen Chikungunyafieber, Denguefieber, West-Nil-Fieber, und es gibt Hinweise, dass auch das Zika-Virus durch diese Mücke übertragen werden kann.“
    Und der Klimawandel sorgt dafür, dass die Mücke an immer mehr Stellen geeignete Lebensbedingungen findet. So wie in den vergangenen Jahren in Freiburg.
    Kleingarten-Überwachung
    Die 200 Parzellen des Freiburger Kleingartenvereins hinter den neuen Messehallen sind eingeklemmt zwischen der Eisenbahnlinie, einer Recyclingfirma und einer lauten Straße. Es liegt Regen in der Luft. Am Eingang beim Parkplatz klagt ein Pächter sein Leid.
    Artur Jöst und Ina Ferstl sind hier, um zu helfen. Die beiden Biologen überwachen für die Kabs, die Kommunale Arbeitsgemeinschaft zur Bekämpfung der Stechmückenplage, die Kleingartenanlage. Seit einer Pächterin die ungewöhnlichen Mücken aufgefallen waren.
    „Schön auffällig gezeichnet, und da hat sie auch ihren Namen her: Tigermücke kommt eben von dieser auffälligen schwarz-silberweißen Zeichnung und nicht etwa von der Größe, aber eben durch diese auffällige Zeichnung und diese Aggressivität.“
    Die Mückenexperten wollen wissen, wie viele Mücken wo in der Kleingartenanlage unterwegs sind. Dazu haben sie alle 25 Meter eine Falle aufgestellt: Ein kleiner schwarzer Eimer mit einem Klarsichtdeckel, in dem wiederum ein offener schwarzer Trichter steckt, so groß wie ein Blumentopf.
    „Da ist unten ein Heuaufguss drin, also einfach Heu mit Wasser ein paar Tage lang ziehen lassen, das gibt einen schön stinkenden Geruch, den die Tigermücken eben riechen, und dann dort hinwollen und ihre Eier ablegen. Also die haben schon gestochen und wollen ihr Eier ablegen. Und dann fliegen die hier oben rein, und dann ist hier unten so ein Netz drin, und das ist mit einem Insektizid getränkt, und dann sterben die da drin.“
    Ina Ferstl kontrolliert die Fallen einmal pro Woche. Hinten in der Anlage, direkt an der drei Meter hohen Mauer zu der Firma, die Wertstoffe wiederverwertet, gehen ihr besonders viele Mücken ins Netz. Erst am Tag zuvor hat sie dort 13 Tigermückenweibchen gefunden. Das ist viel für dieses Jahr. Die Kabs-Mitarbeiter vermuten, dass der Geruch, der vom Wertstoffdienstleister herüberweht, die Tiere in diese Richtung lockt.
    „Und hier hinten in der Anlage sind auch viele Gärten mit Regentonnen, bei welchen die Leute ganz, ganz selten da sind, und ich bis jetzt fast jedes Mal, wenn ich mal jemand getroffen habe, in den Tonnen massig Larven gefunden habe, also viel mehr als weiter vorne. Also hier hinten gibt es einfach viel mehr Mücken als weiter vorne.“
    Brutstätten unbewohnbar machen
    Denn wichtiger als die Fallen ist, dass die Kleingärtner selbst anpacken und jeden noch so kleinen Behälter mit Wasser ausgießen und auch an ihren Regentonnen jede noch so kleine Öffnung abdichten oder mit einem feinen Netz verschließen. Die Biologen dürfen die Gärten allerdings nur mit Zustimmung der jeweiligen Pächter betreten.
    „Wenn wir hier eben drei, vier Gärten haben, wo keine Bekämpfung stattfindet, beziehungsweise wo die Pächter das Ganze Jahr vielleicht nur einmal da sind, dann können sich die Mücken auf diesem Grundstück natürlich gut vermehren, und selbst wenn alle anderen dann mitmachen außen rum, hat man immer ein gewisses Quantum an Tigermücken, und das schmälert dann natürlich unser Ergebnis.“
    Und direkt hinter der Mauer lagert die Recyclingfirma: alte Autoreifen. Auch auf dem Firmengelände hat Ina Ferstl Fallen aufgestellt. Bislang blieben sie leer.
    Reisende Plagegeister
    „Und das ist jetzt hier direkt angrenzend das Terminal von der RoLa.“
    Die RoLa, die Rollende Landstraße, bringt komplette Lkw per Eisenbahn von Novara in Norditalien durch die Alpentunnel hierher nach Freiburg. Jeder Zug bringt 20 Lastwagen.
    Stündlich fahren sie ein. Während der Mückensaison kommen so 25.000 LKW zusammen. Wenn Mückenweibchen in Italien auf der Suche nach Blut den Fahrern in die Führerhäuschen folgen, sind sie die ganze Fahrt über eingesperrt.
    „Hier direkt gegenüber hält der Zug mit den LKWs, die Fahrer gehen dann zu den Kabinen, und das ist dann die erste Möglichkeit für die Mücken seit Italien wieder aus diesen LKW zu entweichen, und man sieht: Hier direkt gegenüber beginnen schon die ersten Parzellen, das heißt, die Mücke findet sofort nach ihrer Freisetzung alles was sie braucht: Die Regentonnen, um die Eier abzulegen, Gebüsche und Hecken, um sich zu verstecken, und natürlich die Pächter, um sie zu stechen, um an Blut heranzukommen.“
    Die RoLa-Firma ist sehr kooperativ. Die Kabs-Leute können seit einem Monat einmal pro Woche in 20 Lastwagen klebrige Fallen platzieren.
    „Es spricht schon sehr viel dafür, dass das wirklich der Einschleppungsweg ist.“
    Hohe Kosten zur Bekämpfung einer Plage
    Von Südostasien aus hat sich die Tigermücke mit dem Warenverkehr über die ganze Welt verbreitet. Heute kommt sie an der ganzen Nordküste des Mittelmeeres vor. Italien war das erste Land in Europa, in dem sie aufgetaucht ist.
    „Wir sprechen hier über die 90er-Jahre. Damals waren wir völlig unvorbereitet. Es fehlte der politische Wille. Man hat dem Phänomen bloß zugesehen. Und es fehlten die Mittel, etwas gegen die Tigermücke zu unternehmen.“
    Romeo Bellini ist Insektenexperte am Centro Agricoltura Ambiente Giorgio Nicoli in der Nähe von Bologna. Die öffentliche Agentur bekämpft invasive Arten wie die Tigermücke. Italien hat heute große Probleme mit dem Insekt. Es ist beinahe im ganzen Land heimisch. Und vielerorts eine echte Plage. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen sie hat, dazu gibt es fast keine Studien. Fest steht aber, dass Städte und Gemeinden jedes Jahr hohe Summen ausgeben müssen, um die Mücke zu überwachen und zu bekämpfen.
    „Auch, um Verluste beim Tourismus zu verhindern. Die Städte müssen die Tigermückenpopulationen klein halten, denn Touristen haben keine Lust, sich von Mücken stechen zu lassen.“
    Mancherorts – das hört man immer wieder – sind so viele Tigermücken unterwegs, dass Café-Besitzer schon gar keine Tische und Stühle mehr auf die Terrasse stellen. Und dann ist da die gesundheitliche Seite.
    „Wir haben vor zehn Jahren eine schlechte Erfahrung gemacht. Ein Reisender war am Chikungunya-Virus erkrankt und in die Region Ravenna gekommen. Dann wurde er von einer Tigermücke gestochen, die das Virus an mehr als 200 Menschen weiterverteilt hat. Eine richtige Epidemie. Ein Patient starb. Darüber hinaus kann das Insekt Dengue und Zika übertragen, das sind Risiken, die wir erwägen müssen.“
    Auch nach Deutschland bringen Reisende immer wieder Viren mit, sagt Isolde Piechotowski vom Ministerium für Soziales und Integration des Landes Baden-Württemberg, das auch für Gesundheit zuständig ist. Sie leitet dort die Stabsstelle Infektionsschutz.
    „In den Jahren 2010 bis 2015 kamen durchschnittlich elf Reiserückkehrer mit Chikungunya nach Baden-Württemberg und 111 mit Dengue. Also wenn die Mücke auf eine dieser Personen trifft, nimmt sie die Viren auf und kann beim Stechen einer weiteren Person auf diese dann den Krankheitserreger übertragen, also so ganz aus der Welt gegriffen ist das Risiko nicht.“
    Auch Heimische Mücken birgen Gefahren
    Eine Gießkanne steht auf einer Wiese.
    Weggeworfene Coladosen, Pfützen, Gießkannen mit Restwasser: Ideale Brutstätten für Tigermücken. (Jan-Martin Altgeld )
    Am Rande bemerkt: Welche hier heimischen Mücken exotische Krankheiten übertragen können – auch da kann es noch einige Überraschungen geben. Wie 2009 mit dem Erreger der Blauzungenkrankheit oder 2011 mit dem Schmallenberg-Virus. Beides sind Viren, die eigentlich von winzigen tropischen Mücken, von Gnitzen, verbreitet werden. Doch es hat sich gezeigt, dass auch mitteleuropäische Gnitzen dazu in der Lage sind. Die beiden Tierseuchen haben für schwere Schäden bei Züchtern geführt. Um solche Überraschungen zu vermeiden, testen Forscher des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin in Hamburg derzeit, ob heimische Stechmücken das Zika-Virus übertragen können.
    Seit Mai sind Krankheiten, die von Mücken übertragen werden, in Deutschland übrigens meldepflichtig. Dass immer wieder Viren nach Deutschland kommen, lässt sich kaum vermeiden. Deshalb muss man also bei den Überträgern, den Mücken, ansetzen. Denn auch Impfungen fehlen gegen diese Erreger bislang.
    „Damit sie sich nicht festsetzt, sind Bekämpfungsmaßnahmen aus unserer Sicht erforderlich, überall dort, wo Populationen festgestellt werden, und insofern raten wir den Gesundheitsämtern, Bekämpfungsmaßnahmen zu empfehlen. Unser Ziel ist, es gar nicht so weit kommen zu lassen wie in Italien.
    Wenn wir eben jetzt, wo wir einzelne, kleinere Populationen finden, konsequent bekämpfen, müsste es eigentlich möglich sein, die Mücke soweit zurückzudrängen, dass sie nicht in die Innenstädte vordringt.“
    In der Freiburger Kleingartenanlage haben die Maßnahmen schon Wirkung gezeigt, sagt Edmund Sauter.
    „Der Nachbar da, der hat glaube ich 20 Stück an den Füßen gehabt letztes Jahr. Dieses Jahr höre ich nicht so viel, also haben wir schon ein bisschen Erfolg oder großen Erfolg eigentlich, sind wir stolz drauf, ne?“
    Informieren und aufklären
    Ganz ähnlich ist es etwa 180 Kilometer weiter nördlich in Heidelberg, im Wohngebiet auf dem Ochsenkopf. Alles Häuser mit Garten. Viele Menschen hier haben sich in der „Siedlungsgemeinschaft Ochsenkopf“ zusammengeschlossen. An sechs Schwarzen Brettern im Viertel informieren sie über Neuigkeiten. Seit ein paar Monaten hängen dort neben Plakaten für das jährliche Backfischfest auch Informationen über die Tigermücke und wie man sie bekämpft. Lilith Stelzner und Björn Pluskota haben sie dort angebracht. Auch sie arbeiten für die Kabs.
    „Das wird wirklich gut angenommen, hier laufen immer wieder Leute vorbei, und die lesen das, und die sind dann auch gut informiert.“
    Wie schon in Freiburg haben die Kabs-Leute auch hier Vorträge gehalten, ihre Arbeit vorgestellt und gezeigt, was die Leute selbst gegen die Tigermücke unternehmen müssen. Denn sonst herrschen hier paradiesische Zustände für Aedes albopictus.
    „Wir hatten es mal überschlagen, dass so im Schnitt alle sieben bis zehn Meter eine rein potenzielle Brutstätte für albopictus wäre. Wirklich Kleinstbrutstätten wie ein weggeworfener Becher oder Kinderspielzeug, das schon seit einem Jahr im Gebüsch steht und nicht mehr benutzt wird, oder auch mal ein Blumentopf, der einfach mal eine Woche rumsteht, das reicht denen auch im Sommer bei hohen Temperaturen.“
    „Und wir haben natürlich alle Anwohner informiert, dass sie darauf achten sollen, der Blumentopf muss ja nicht da rum stehen, ohne Blume, dass man einfach drauf achtet, die Brutstätten zu beseitigen, um es der Mücke eben so schwer wie möglich zu machen.“
    Anwohner informieren, Fallen aufstellen und überwachen, und zweimal im Jahr die Umgebung der Fundstellen sowie alle Kleingärten und Friedhöfe überprüfen, ob das Tier noch andere Stadtteile besiedelt hat – eine aufwendige Arbeit. Ina Ferstl und Lilith Stelzner sind Studentinnen, sie machen das für wenig Geld im Rahmen ihrer Abschlussarbeiten. Dennoch kommen einige Kosten zusammen, sagt Norbert Becker, der wissenschaftliche Direktor der Kabs.
    „Die Kabs, also unsere Organisation, hat hier zunächst mal Pionierarbeit geleistet und wir haben über Drittmittel das finanziert, aber so zwischen 50 und 100.000 Euro, es sind keine Riesensummen, muss man schon ansetzen für die Bekämpfung.“
    Nicht nur ein Freiburger Problem
    Dr. Björn Pluskota und seine Mückenfalle
    Dr. Björn Pluskota und seine Mückenfalle (Joachim Budde)
    In Freiburg kommt das Geld vom Umweltbundesamt, in Heidelberg vom Land Baden-Württemberg. Für die nächsten Jahre laufen die Verhandlungen. Formal sind die Gemeinden für die Bekämpfung zuständig. Doch die sehen das Land in der Pflicht. Ralf Zähringer, stellvertretender Amtsleiter des Umweltschutzamtes der Stadt Freiburg, das dort für die Bekämpfung der Tigermücke zuständig ist:
    „Aus unserer Sicht würden wir sehr befürworten, wenn die Maßnahmen der Kabs beziehungsweise das Engagement der Kabs durch das Land weiter unterstützt wird und das Land es weiter trägt. Das wäre für uns so die Zielvorstellung. Zumal das Ganze natürlich nicht nur ein Freiburger Problem ist, sondern sich ja auch landesweit dann irgendwann mal darstellt. Es ist ja nicht auszuschließen, dass auch an anderen Stellen solche Populationen demnächst auftreten werden und man dann natürlich auf die Erkenntnisse, die man hier gewinnt dann auch zurückgreifen kann.“
    Im Herbst werde es Gespräche darüber geben. In den vergangenen Monaten ist an vielen Stellen Bewegung in die Situation gekommen: Neue bundesweite Monitoring- und Forschungsprojekte wurden aufgelegt, eine Expertenkommission gebildet, um Versäumnisse aus den vergangenen Jahren auszubügeln, sagt Norbert Becker von der Kabs.
    „Ich denke, man hat das Potenzial einfach unterschätzt, jetzt hat man es erkannt, jetzt muss man halt auch die richtigen Schlüsse ziehen und die Forschung wird jetzt unterstützt, es sind einige Millionen Euro, die jetzt in der Box drin sind, verschiedene Institute, da ist zu nennen das Bernhard-Nocht-Institut, da ist zu nennen das Friedrich-Löffler-Institut in Riems, das ZALF ist zu nennen, also wir arbeiten in einem sehr engen Netz zusammen und tun alles, um eben das Risiko möglichst gegen Null gehen zu lassen.“
    Ausrottung in Deutschland noch möglich
    Noch könne man die Tigermücke in Deutschland wieder loswerden – das glaubt auch Romeo Bellini, der italienische Bekämpfungsexperte.
    „Die Besiedlung ist noch am Anfang und die betroffenen Gebiete sind sehr klein. Ich glaube, die Mücke kann vertrieben werden ohne allzu viel Geld, ohne allzu große Anstrengung, in einem erträglichen Verhältnis von Kosten und Nutzen.“
    Unfruchtbar dank Radioaktivität
    In Heidelberg, das schätzt Björn Pluskota, sind im Vergleich zum Vorjahr weniger als zehn Prozent der Mücken übrig. Alle zu erwischen, ist schwierig, in jedem Gebüsch können alte Getränkedosen liegen. Die Mücken finden diese Brutplätze, nicht aber ihre Jäger.
    Jetzt lassen die Kabs-Leute die Mücken selbst die Arbeit tun. Sterile Insektentechnologie heißt das Verfahren. Sie haben in Italien Tausende Mückenmännchen züchten und radioaktiv bestrahlen lassen, sodass sie Weibchen zwar noch begatten, aber nicht mehr befruchten können. Die Weibchen legen Eier, aber die Embryonen darin sterben.
    Sterile Männchen haben gleich mehrere Vorteile: Sie stechen nicht, sind also den Anwohnern weniger lästig, sie spüren die Weibchen auch in Verstecken auf, die die Kabs-Leute übersehen, und sie gelangen auch in Gärten von Leuten, die nicht bei ihrer Bekämpfung mitmachen. An einem Abend Ende August sind die sterilen Mückenmännchen auf dem Ochsenkopf in Heidelberg eingetroffen. Lilith Stelzner schaut auf ihren Plan.
    Also die grünen Kreuze, da lassen wir sie frei. Da, da und hier hinten noch mal zwei.“
    „Ok, sieben Stück, ja.“
    Norbert Becker trägt eine Kühlbox in eine ruhige Seitenstraße. Lilith Stelzner nimmt den ersten Käfig mit tausend sterilen Mückenmännchen heraus und stellt ihn auf den Boden.
    „Ich mache jetzt auf, ja?
    „Aufmachen, ein bisschen rausschütteln. So wunderbar.“
    Noch bis September will Norbert Becker jede Woche weitere sterile Mückenmännchen freilassen. Und 2017 die ganze Saison über. Dann soll diese Technik auch in Freiburg zum Einsatz kommen.
    „Die Mücken muss man immer bekämpfen, wenn man ein, zwei, drei Jahre aussetzt, dann ist die Mücke sofort wieder da.“
    Den ganzen Tag über waren die Mückenmännchen auf dem Weg von Italien an den Neckar. So ganz scheinen sich noch nicht alle von der langen Fahrt erholt zu haben.
    „Lassen wir es vielleicht jetzt stehen bis wir alle ausgesetzt haben, dann kommen wir nachher zurück und holen die wieder ab. In der Zeit können noch ein paar weggeflogen sein. Da sind noch ein paar Unlustige dabei, die nicht fliegen wollen.“