Joseph Joachim gilt als einer der bedeutendsten Geiger seiner Zeit und er war gleichzeitig einer der einflussreichsten Musiker im Musikleben des Zweiten Deutschen Kaiserreichs. Er hatte viele bedeutende Schülerinnen und Schüler und stand im Austausch mit den großen Komponisten seiner Zeit.
So war er auch mit Johannes Brahms befreundet und beriet ihn bei der Komposition seines Violinkonzertes op. 77, beide Musiker hatten intensiv um die Form des Werkes gerungen. Mit Brahms am Dirigentenpult hat Joachim es auch am Neujahrstag 1879 im Leipziger Gewandhaus uraufgeführt.
Ginette Neveu hat Joseph Joachims Kadenz für ihre Einspielung des Violinkonzertes von Brahms am 25. April 1948 in Baden-Baden ausgesucht. Neveu, die noch bei Carl Flesch studiert hatte, war damals 29 Jahre alt und ihre Karriere entwickelte sich rasant.
Nachdem sie 1935, noch vor David Oistrach, den Wieniawski-Wettbewerb gewonnen hatte, galt sie als die weltbeste Geigerin. Kritiker lobten ihr ausdrucksstarkes, leidenschaftliches, brillantes und souveränes Spiel, wenn es auch manchen doch zu wenig "weiblich" erschien, was auch immer damit gemeint war. Sie setzte dem entgegen: "Das Wichtigste für den Künstler ist die Individualität, die sich immer weiter steigern muss."
Leider war es Neveu nicht vergönnt, ihre vielversprechende, einzigartige Karriere fortzusetzen. Sie, wie auch ihr Bruder und Klavierbegleiter Jean-Paul, verstarb am 28. Oktober 1949 auf dem Weg zu einer Konzertreise in die USA bei einem Flugzeugabsturz.
Johannes Brahms, Joseph Joachim (Kadenz)
Konzert für Violine und Orchester D-Dur, op. 77
Ginette Neveu, Violine
Orchestre National de la Radiodiffusion Télévision Française
Leitung: Roger Desormière
Konzert für Violine und Orchester D-Dur, op. 77
Ginette Neveu, Violine
Orchestre National de la Radiodiffusion Télévision Française
Leitung: Roger Desormière
Aufnahme von 25.4.1948 aus dem Kurhaus in Baden-Baden, Großer Saal