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Steuerentlastungen für Alleinerziehende
"Eine notwendige Leistung"

Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt, hat die steuerliche Entlastung von Alleinerziehenden als notwendig bezeichnet. Die Leistung komme einer Gruppe zugute, die dringend Unterstützung brauche, sagte sie im Deutschlandfunk.

Gerda Hasselfeldt im Gespräch mit Christoph Heinemann |
    Die CSU-Abgeordnete Gerda Hasselfeldt
    Die CSU-Abgeordnete Gerda Hasselfeldt (imago stock&people / Sven Simon)
    Die Steuererleichterungen seien nicht nur ein Anliegen der SPD gewesen, sondern auch eines der CSU-Landesgruppe. Die Anpassung sei notwendig, deshalb sei es gut, dass dies jetzt gelungen sei. Die meisten Alleinerziehenden würden von der Unterstützung profitieren, da sie durch das geltende Unterhaltsrecht gezwungen seien, arbeiten zu gehen. Sie hätten deshalb auch höhere Kosten für die Kinderbetreuung. Wer keine Steuern zahle, werde mit anderen Maßnahmen unterstützt, sagte die CSU-Bundestagsabgeordnete Gerda Hasselfeldt im Deutschlandfunk.
    "Von der Größenordnung her leistbar"
    Die Finanzierung solle aus dem Haushalt des Familienministeriums kommen. Das müsse aber noch in der Koalition geklärt werden. Die Unterstützung für Alleinerziehende sei von der Größenordnung her leistbar. Sie koste den Bund 80 Millionen. Hasselfeldt betonte, es müsse dort investiert werden, wo es notwendig sei. Und die Gruppe der Alleinerziehenden benötige dringend eine stärkere Unterstützung.
    Die Fraktionsspitzen von Union und SPD hatten sich gestern darauf verständigt, den jährlichen Steuerfreitrag um 600 Euro auf 1.908 Euro anzuheben. Für jedes weitere Kind soll ein zusätzlicher Freibetrag von 240 Euro pro Jahr gewährt werden.

    Das Interview in voller Länge:
    Heinemann: Ist Ihnen wichtig, dass Sie auf der Siegerseite stehen?
    Hasselfeldt: Es ist mir wichtig, dass wir das, was seit zehn Jahren nicht mehr angepasst wurde, nämlich diesen Freibetrag von 1.300 Euro, dass dieser erhöht wird und dass wir damit die Alleinerziehenden entlasten. Es sind immerhin etwa 20 Prozent der Familien, die allein erziehen, und es sind überwiegend Frauen, Frauen, die sich die Erziehungstätigkeit eben nicht mit einem Partner teilen können, die meistens auch höhere Kinderbetreuungskosten haben, und deshalb ist diese Anhebung des Entlastungsbetrages einfach notwendig.
    Heinemann: Die entsprechen ja nicht dem klassischen Familienbild der CSU. Hat es vielleicht deshalb auch so lange gedauert, über zehn Jahre?
    Hasselfeldt: Nun, das ist ein Vorurteil, dass wir uns dafür nicht einsetzen würden, sondern im Gegenteil. Wir haben übrigens auch schon vor der Wahl dafür gekämpft, dass im Wahlprogramm und dann auch in der Koalitionsvereinbarung dieses Ziel verankert wird. Wir haben gerade auch durch die vielen Aktivitäten der Frauen in der CSU und auch durch Beschlüsse in der Frauenunion der CSU immer wieder auf die Notwendigkeit dieser Anpassung hingewiesen. Und deshalb freue ich mich auch, dass es jetzt endlich gelungen ist.
    "Dieser erhöhte Freibetrag ist notwendig"
    Heinemann: Frau Hasselfeldt, was haben Alleinerziehende, die wegen des Alleinerziehens nicht arbeiten können oder wollen, von einem höheren steuerlichen Freibetrag?
    Hasselfeldt: Es ist richtig, dass der steuerliche Freibetrag natürlich nur bei denen gilt, die auch Steuern bezahlen. Das liegt nun mal in der Natur der Sache. Aber bei den meisten Alleinerziehenden ist das auch der Fall, weil sie aufgrund der unterhaltsrechtlichen Situation in aller Regel ja auch gezwungen sind, einer Beschäftigung nachzugehen, und die Kinder in aller Regel auch in öffentlichen oder privaten Einrichtungen betreuen lassen. Das heißt, sie haben in der Regel höhere Kinderbetreuungskosten und sie zahlen sehr wohl Steuern, und deshalb ist dieser erhöhte Freibetrag jetzt notwendig.
    Übrigens hat es bis 2004 keinen solchen Freibetrag gegeben; der ist 2004 erst eingeführt worden.
    Heinemann: Aber wir halten fest: Die, die nicht arbeiten, schauen in die Röhre?
    Hasselfeldt: Die werden auch durch andere Maßnahmen unterstützt, beispielsweise ja auch bei Kinderbetreuungskosten in den Kitas je nach Trägerschaft. Das entscheiden aber dann die entsprechenden Träger, zum Beispiel auch die Kommunen.
    Steuerentlastung für Alleinerziehende "muss finanzierbar und lösbar sein"
    Heinemann: Wie wird diese Erhöhung finanziert?
    Hasselfeldt: Über die Finanzierung müssen sich das Bundesfamilienministerium und das Finanzministerium noch verständigen. Es soll aus dem Haushalt des Familienministeriums kommen. Aber ich gehe davon aus, dass dies auch gelingen wird.
    Der Betrag ist insgesamt 200 Millionen, das heißt 200 Millionen Mindereinnahmen für Bund, Länder und Kommunen. Den Bund treffen dabei 80 Millionen. Ich denke, das muss finanzierbar und lösbar sein.
    Heinemann: Frau Hasselfeldt, könnte ein Teil der 900 Millionen für das Betreuungsgeld vielleicht dafür eingesetzt werden? Das muss ja nach dem Verfassungs-TÜV in Karlsruhe vermutlich verschrottet werden.
    Hasselfeldt: Ich finde es schon etwas verfrüht und auch nicht seriös, wenn bei einem laufenden Verfahren vor dem Verfassungsgericht jetzt schon so getan würde, als stünde das Geld zur Verfügung und der Bund hätte dafür jetzt keine Zuständigkeit, denn um diese Frage geht es ja, die Frage der Zuständigkeit. Aber unabhängig davon bin ich überzeugt davon, dass die beiden Ministerien, das finanz- und das Familienministerium, zu einer Lösung kommen werden, die tragfähig ist und die seriös ist.
    Heinemann: Rechnen Sie noch damit, dass das Betreuungsgeld in Karlsruhe Bestand hat?
    Hasselfeldt: Meine politische Bewertung hier ist eindeutig. Es sind etwa 400.000 Eltern, die von dem Betreuungsgeld Gebrauch machen. Nicht jedes Kind ist da, in eine Kita gegeben zu werden, und deshalb bin ich der Meinung, dass die Eltern das wirklich selbst entscheiden können. Und wenn der Staat etwa 1.000 Euro für einen öffentlich geförderten Kinderkrippenplatz ausgibt, dann ist es, finde ich, nur recht und billig, dass diejenigen, die dieses nicht in Anspruch nehmen oder nehmen können, aus welchen Gründen auch immer, dass die auch eine Anerkennung ihrer Erziehungsleistung in Höhe von 150 Euro Betreuungsgeld erhalten.
    Heinemann: Nun geht es in Karlsruhe nicht um die politische, sondern um die verfassungsrechtliche Bewertung, und die kundigen Thebaner, die zugehört haben, sagen, die Richter haben sich sehr, sehr kritisch geäußert, oder schon in eine gewisse Richtung doch eine Fährte ausgelegt. Gibt es eigentlich in der Koalition keine Juristen, die so was vorher prüfen?
    Hasselfeldt: Sie wissen, dass bei Juristen die Meinungen auch nicht immer ganz einheitlich sind. Sonst hätten wir auch nicht so viele Entscheidungen vor den Gerichten. Deshalb, finde ich, sollten wir in aller Ruhe abwarten, wie das Verfassungsgericht entscheidet. Ich hoffe sehr, dass das im Gesamtkontext entschieden wird, und da müssen wir eben abwarten.
    Heinemann: Aber die kluge Landesgruppenchefin baut doch vor. Was passierte denn, wenn das Betreuungsgeld jetzt scheitern würde?
    "Da muss noch einiges auf den Prüfstand"
    Hasselfeldt: Auch Fragen, wenn, dann und so, antworte ich ungern, denn natürlich muss man sich Gedanken machen für das eine oder andere. Aber entscheidend ist, dann zu reagieren, wenn wir wissen, wie das Verfassungsgericht entschieden hat. Bis da haben wir noch ein Stück weit Zeit und dann ist diese Entscheidung auch seriös und nicht Spekulation.
    Heinemann: Konkrete Gedanken macht sich offenbar Manuela Schwesig. Die "Bild"-Zeitung berichtete gestern, dass das SPD-geführte Bundesfamilienministerium gegenwärtig an einem Plan B arbeiten würde für das gerade scheiternde oder möglicherweise scheiternde Betreuungsgeld, nämlich ein Modell Familienarbeitszeit. Das sieht so aus: Eltern verringern ihre Arbeitszeit, um mehr Zeit zu haben für die Kinder und für die Kindererziehung, und bekommen einen Teil des Verdienstausfalles ersetzt. Würde die Union, die CSU diesem Modell folgen?
    Hasselfeldt: Erstens ist es meines Erachtens unseriös, in einer Phase, in der das Gericht noch nicht entschieden hat, das Geld, das für das Betreuungsgeld veranschlagt ist, schon anderweitig zu verbraten. So kann man keine Politik machen. Zum zweiten sollten wir sehr vorsichtig sein, alle möglichen wünschenswerten Ideen gleich auf dem Markt auszutragen, denn das alles muss auch seriös finanziert werden und langfristig finanziert werden und der Staat kann nicht für alles öffentliche Gelder und Steuergelder ausgeben, sondern da muss auch noch einiges auf den Prüfstand. Deshalb wäre ich da sehr, sehr vorsichtig.
    Heinemann: Frau Hasselfeldt, nach Mindestlohn und Rente mit 63 hieß es gerade aus der Union, jetzt sei Schluss mit dem Verteilen sozialer Wohltaten. Jetzt kommt das Geld für die Alleinerziehenden hinzu. Geht es munter so weiter?
    Hasselfeldt: Die Regelung jetzt für die Alleinerziehenden, das ist etwas, was wir in der Koalitionsvereinbarung auch schon als Vorhaben artikuliert haben, und jetzt haben wir die Möglichkeit, dieses auch umzusetzen. Es ist eine finanzielle Größenordnung, die verkraftbar ist und die einer Gruppe, die dringend auch zusätzliche Entlastung braucht, zugutekommt. Das ist sehr wohl überlegt.
    Das ist nicht etwas, wo man sagt, da gibt man jetzt ein Füllhorn aus oder so, sondern das ist eine ganz gezielte Leistung, die von der Größenordnung her berechenbar ist und leistbar ist. Deshalb passt dies sehr wohl in die Gesamtlandschaft, die da heißt, erstens Haushaltskonsolidierungskurs weiterführen und zum Zweiten auch keine Steuererhöhung und zum Dritten dort investieren, wo es notwendig ist, in die Köpfe und in die Infrastruktur.
    Heinemann: Gerda Hasselfeldt, die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.
    Hasselfeldt: Gerne! Auf Wiederhören.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.