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Steuerflüchtling Gérard Depardieu

75 Prozent Spitzensteuersatz sollen französische Millionäre ab dem kommenden Jahr zahlen. Und das lässt den einen oder anderen Umzugspläne schmieden. Auch Gérard Depardieu gehört dazu, seine neue Heimat soll Belgien werden.

Von Ursula Welter |
    Wenn auch der Obelix-Darsteller die Steuerflucht antritt, ist das den Medien eine Meldung wert. Gérard Depardieu gehört zu den bestbezahlten Schauspielern Frankreichs. Sein Leben ist skandalumwittert, er besitzt Weinberge und nun auch eine hässliche Adresse in Belgien. Die französischen Zeitungen druckten ein betongraues Eckhaus an einer Kreuzung in Néchin ab. Das Dorf liegt unweit der französischen Grenze in der Gemarkung Estaimpuis, deren Bürgermeister im französischen Rundfunk sagt, wir sind das französischste Dorf Belgiens.

    Ja, erklärt Daniel Senesael, es gibt einige bekannte Familien aus der Finanzwelt, die sich hier niedergelassen haben, aber wir sind auch traditionell sehr französisch. Wir haben 23 Kilometer gemeinsame Grenze mit Frankreich, und die Anbindung an Flughäfen und Großstädte Nordfrankreichs erleichtert die Mobilität von hier aus.

    Ein wichtiges Argument, aber noch wichtiger: Es gibt auf der belgischen Seite der Grenze keine Vermögenssteuer. Auch deshalb ist ein Viertel der Einwohner französisch.
    Gérard Depardieu ließ sich mit den Größen der kleinen Kommune ablichten.

    "Er hat sich erkundigt, wo der Metzger ist, wo es nette Restaurants gibt," erzählt der Bürgermeister in einem der vielen Interviews, die er über den prominenten Neubürger geben muss, Depardieu wolle sich ernsthaft in das Sozialleben der belgischen Kommune einbringen.

    Diese Meinung wird auf der anderen Seite der Grenze, in Frankreich, nicht geteilt. So recht glaubt niemand, dass die männliche Filmdiva im Steuerparadies auch wohnen will, allerdings 180 Tage Aufenthalt sind nötig, damit der Franzose seine Staatsangehörigkeit behalten und dennoch in den Genuss belgischer Steuervorteile kommen kann.

    "Man kann nicht beides haben", wettert die Chefin des rechtsradikalen Front National, "es kommt der Moment, da muss auch ein Depardieu sich entscheiden. Er kann nicht die Vorteile Frankreichs nutzen und gleichzeitig nur an sein Portemonnaie denken."

    Sollte er also ganz nach Belgien übersiedeln?

    Ja, sagt Marine Le Pen.

    Der Trubel um den Obelix-Darsteller ist vorläufiger Höhepunkt einer Debatte, die Frankreich seit dem Wahlsieg der Sozialisten im Frühsommer begleitet. Symbolträchtige 75 Prozent Spitzensteuer für Millionäre, Anhebung der Erbschafts- und der Spitzensteuersätze, der britische Premier David Cameron war der Erste, der mit britischem Humor, aber ernsthaftem Hintergrund anbot, den roten Teppich für französische Steuerflüchtlinge ausrollen zu wollen.

    Von einer Fluchtwelle kann, daran ändert auch der Fall Depardieu nichts, keine Rede sein. Auch hat die neue Regierung den Unternehmen Entlastung versprochen, damit das Investitionsklima nicht vollends leidet, aber Spitzenverdiener fühlen sich unwohl und suchen ihre Nischen. Banker tuscheln beim Glas Rotwein, dass die Verlegung des Investmentgeschäfts samt Personal nach London einzig der Steuerersparnis diene; der reichste Mann Frankreichs, Bernard Arnault, Chef des Luxuskonzern LVMH, machte im Herbst Schlagzeilen, als sein Antrag auf Staatsbürgerschaft in Belgien bekannt wurde. Die Zeitung "Libération" titelte daraufhin, "Hau doch ab, reicher Idiot". Das Klima für Wohlhabende ist schlechter geworden.

    Es sei ja richtig, das hohe Einkommen höher besteuert würden, sagt auch die Opposition, aber die Steuerflucht müsse verhindert werden.

    "Hinter all dem steckt doch", sagt Chantal Jouanne für die Zentrumspartei UDI, "dass wir die Steuern in Europa harmonisieren müssen."