"No bank is too big to jail."
Keine Bank ist zu groß, um nicht im Knast zu landen - dies die glasklare Botschaft von US-Justizminister Eric Holder bei der Präsentation der Übereinkunft mit der Credit Suisse im US-Steuerstreit. Die Vereinbarung ist eine Kapitulation der Schweizer Bank und ein Desaster für das zweitgrößte Finanzinstitut des Landes. Denn die CS musste nicht nur ein Schuldeingeständnis abgeben, sondern darf richtig bluten.
CS-Vorstandschef Brady Dougan und Verwaltungsratspräsident Urs Rohner haben nach der ersten Strafaktion gegen die UBS 2009 nicht nur die Lage falsch eingeschätzt, sondern keine Konsequenzen gezogen. Man spielte auf Zeit, und das war fatal. Die Amerikaner griffen seither immer härter durch. Die Credit Suisse muss jetzt mehr als dreimal so viel bezahlen wie die UBS 2009. Dazu ein Schuldeingständnis, das der UBS erspart blieb. Und was für Vorwürfe:
"Bei unseren jahrelangen Ermittlungen haben wir festgestellt, dass die Credit Suisse und ihre Tochtergesellschaften an einer weitreichenden Verschwörung beteiligt waren, US-Bürgern bei Steuerhinterziehung zu helfen", so US-Justizminister Holder.
CS-Spitze spricht von weißer Weste
Zudem wirft das US-Justizministerium der CS vor, keine sofortigen Gegenmaßnahmen ergriffen und nicht kooperiert zu haben. Schwere Vorwürfe, in der Tat, doch CS-Verwaltungsratpräsident Urs Rohner behauptet immer noch, er und Vorstandschef Dougan hätten eine weiße Weste:
"Persönlich haben wir sicher eine weiße Weste. Eine ganz andere Frage ist die der Bank insgesamt über die vergangenen Jahrzehnte. Es ist natürlich so, dass Schweizer Banken unversteuerte Gelder angenommen haben, auch die Credit Suisse. Man hat Regeln gehabt, die hätten verhindern sollen, dass Gesetze anderer Länder verletzt wurden. Wir müssen heute feststellen, dass dies nicht hundertprozentig gelungen ist."
Solche Aussagen sind dreist. Die Spitzenmanager behandeln den Skandal als eine Art Betriebsunfall. Zudem schiebt man Fehler und Verantwortung auf die eigenen Mitarbeiter. Niemand aus der Konzernleitung will offenbar seinen Hut nehmen. Chefkontrolleur Rohner auf die Frage nach Rücktritt:
"Nein, die Verantwortung übernehmen wir insoweit, dass wir auch in dieser schwierigen Phase die Firma durch diese schwierige Phase geführt haben und sie jetzt in die Zukunft führen."
Finanzministerin verhindert Notrecht
Die CS-Spitze mag zwar keine Konsequenzen ziehen, steht gleichwohl aber mächtig unter Druck. Mehrere Schweizer Spitzenpolitiker haben den Rücktritt der Konzernleitung gefordert und einen Neuanfang für die Bank. Derweil Erleichterung bei der Schweizer Regierung. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf erklärte am Vormittag:
"Die nun erzielte Vereinbarung ermöglicht eine Bereinigung der rechtlichen Auseinandersetzungen der letzten Jahre, ohne dass es zu einer formellen Anklageerhebung kommt. Und das ist sehr wichtig."
Denn eine Anklage wäre das Aus für die CS gewesen. Die Finanzministerin hat in den USA außerdem erreicht, dass kein Notrecht angewandt werden musste. Doch das ist für Washington nicht entscheidend. Fest steht: Die USA haben ein Exempel statuiert, und die Banken werden massiv zur Kasse gebeten. Weitere 13 Institute, darunter mehrere Kantonalbanken, stehen in Direktverhandlungen, und rund 100 Banken haben sich im Rahmen des US-Offenlegungsprogramms bereits als Mittäter bekannt. Die USA kassieren also weiter ab.