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Steuerreform in den USA
Ein Desaster für die Doktoranden

US-Präsident Donald Trump hat eine große Steuerreform versprochen, die Bürger und Unternehmen erheblich entlasten soll. Noch ist die Verabschiedung nicht in trockenen Tüchern, aber schon jetzt geht unter Doktoranden und Eliteunis die Angst um. Denn bei ihnen sollen die Steuern erhöht werden.

Von Heike Wipperfürth |
    Absolventen der Columbia University in New York während einer Abschlussfeier.
    Absolventen der Columbia University während der Commencement Ceremony (imago / Xinhua / Wang Lei)
    Etwa 70 Demonstranten – Doktoranden, Post-Docs, Forscher – versammelten sich am vergangenen Freitag trotz Minustemperaturen auf dem Campus der Columbia Universität in New York, um zu zeigen, wie besorgt sie sind, dass die Trump-Regierung sie mit hohen Steuern belasten will, die sich viele nicht leisten können. Aaron Limoges, ein 26-jähriger Doktorand der Biowissenschaften, bringt die nicht nur unter seinen Kollegen und in New York verbreiteten Bedenken auf einen Punkt.
    "Noch funktioniert unser Bildungssystem so, dass die am besten qualifizierten und kompetentesten Studierenden promovieren können. Werden unsere Steuern aber drastisch erhöht, können nur noch die promovieren, die es sich finanziell leisten können."
    Steuererhöhungen von im Schnitt 300 bis 400 Prozent
    So könnte es kommen. Denn das US-Repräsentantenhaus erwägt, die Studiengebührenerlasse von rund 150.000 Studierenden im Aufbaustudium als zu versteuerndes Einkommen zu deklarieren. Ein großes Problem für Ian Bradley Perrin, ein Doktorand der Sozialmedizin- und Geschichtswissenschaften. Nach der Reform würden ihm seine Studiengebühren von 56.000 Dollar, die ihm als Stipendiat erlassen wurden, als volles Einkommen angerechnet. Wenn man sein Einkommen von 25.000 Dollar als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Columbia Universität dazuzählt, müsste er insgesamt 9.000 Dollar Steuern zahlen. Ein böses Erwachen für den 28-Jährigen.
    "Ich glaube, wenn es soweit kommt, muss ich mein Studium abbrechen wie so viele andere, die nicht wissen, wie sie sich dann über Wasser halten sollen, weil sie nicht reich sind."
    Nachdem das US-Repräsentantenhaus seine Version der Steuerreform vor einem Monat verabschiedet hatte, begannen überall an Universitäten in Amerika Proteste. In einer gemeinsamen Bittschrift an den US-Kongress kritisierten 3.000 Studierende im Aufbaustudium die Reform und bemängelten, sie würde sie mit Steuererhöhungen von im Schnitt 300 bis 400 Prozent weiter in die Armut treiben. Aaron Limoges befürchtet sogar, dass Amerikas Eliteunis ihr Renommee als Kaderschmieden für Spitzenforscher schnell verlieren könnten.
    "Wenn sich Studierende ihre Ausbildung in Amerika nicht mehr leisten können, werden sie ins Ausland gehen, um zu promovieren. Und dann werden sie vielleicht nie wieder in die USA zurückkommen."
    Hinzu kommt: Von der Columbia Universität sei keine Hilfe zu erwarten, warnt Ian Bradley-Perrin.
    "Die Universitätsverwaltung hat uns eindeutig zu verstehen gegeben, dass sie derzeit nicht vorhat, unsere Stipendien oder unser Einkommen als Reaktion auf höhere Steuern, die wir vielleicht bezahlen müssen, zu erhöhen."
    Für Amerikas Universitäten schlägt die Stunde der Wahrheit
    Vielleicht aber auch deshalb nicht, weil die Eliteuniversität große Kosten auf sich zukommen sieht. Denn sowohl das US-Repräsentantenhaus als auch der US-Senat haben vorgeschlagen, die Stiftungen der 70 reichsten Universitäten zum ersten Mal zu besteuern. Davon erhofft sich die Regierung jährliche Einnahmen bis zu 300 Millionen Dollar. Allein für die Harvard Universität würde sich die Steuersumme auf 43 Millionen Dollar belaufen. Das könne die ohnehin viel zu hohen Studiengebühren weiter nach oben treiben und weniger Stipendien für Studierende aus einkommensschwachen Familien bedeuten, warnen Hochschulexperten.
    Auch für die Bildungsprofessorin Marybeth Gasman ist die Besteuerung der Stiftungen eine Fehlentscheidung. Ihrer Meinung nach sollte das Geld für Bildungszwecke zur Verfügung stehen.
    "Ein Großteil der Stiftungsgelder wird für Stipendien ausgegeben, damit begabte Studierende aus einkommensschwachen Familien eine erstklassige Ausbildung bekommen, für die sie nichts zu bezahlen brauchen. Jetzt soll die US-Bundesregierung einen Teil des Geldes der Stiftungen bekommen und das bedeutet wahrscheinlich, dass sie damit irgendwo einen Krieg finanzieren."
    Schon in dieser Woche soll eine endgültige Fassung der US-Steuerreform erarbeitet werden. Voraussetzung ist, dass das Repräsentantenhaus seinen Entwurf mit der Version des Senats in Einklang bringt – vielleicht schon vor Weihnachten. Dann schlägt für Amerikas Universitäten die Stunde der Wahrheit.