Das Thema Steuervermeidungsstrategien ist im EU-Parlament kein Unbekanntes, hatte es doch in den vergangenen Jahren hier drei Sonder- bzw. Untersuchungsausschüsse zu den LuxLeaks und den Panama-Papers gegeben. Auch CDU-Mann Werner Langen war Mitglied in diesen Ausschüssen. Im Parlament forderte er, den Blick auf die eigenen Steueroasen zu lenken:
"Beispiele gibt es genug in der Europäischen Union: Ob die Niederlande, ob Malta, ob Luxemburg: Alle diese gehören in die Prüfung, und nicht nur Drittstaaten."
Deshalb fordert Langen einen Paradigmenwechsel, weg von den Doppelbesteuerungsabkommen, die zwischen Staaten abgeschlossen werden, hin zu Mindestbesteuerungsabkommen:
"Und da höre ich immer: 'Steuerwettbewerb ist gesund.' Die Frage die gerechten Steuerteilung und das Akzeptieren von steuerlichen Mindestregeln ist keine Abkehr von einem gesunden Steuerwettbewerb, sondern die notwendige Grundlage in Zeiten der Globalisierung und neuer, mächtiger Konzerne, im digitalen Zeitalter."
Der SPD-Abgeordnete Udo Bullmann ging die estnische Ratspräsidentschaft an. Deren EU-Minister Matti Maasikas hatte davon gesprochen, dass es unter den veröffentlichten Fällen auch Steuerbetrug geben könnte:
"Herr Ratspräsident, das ist zu diplomatisch. Diese diplomatische Sprache ist nicht ein Teil der Lösung. Sie ist ein Teil des Problems. Wir müssen klar erkennen, dass diese Konstrukte deswegen geschaffen worden sind, um Steuern zu vermeiden. Nur deswegen gibt es sie, die wir dort ausfindig machen können."
Wie bereit sind Rat und EU-Länder zu ernsthaften Schritten?
Der grüne Finanzexperte Sven Giegold wies darauf hin, dass parallel zur Debatte eigentlich Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten über die Geldwäscherichtlinie hätten stattfinden sollen:
"Was passiert heute? Der Rat, die Ratspräsidentschaft hat nicht einmal ein Mandat bekommen, um einen schlechten Kompromiss mit dem Parlament heute zu schließen, geschweige denn, ernsthafte Konsequenzen zu ziehen. Der heutige Trilog wird scheitern, genau wie viele andere Vorschläge von Herrn Moscovici derzeit auf Eis liegen, weil der Rat und wichtige Mitgliedsländer nicht bereit sind, ernsthafte Schritte gegen Steuervermeidung und Geldwäsche auf den Weg zu bringen."
Viel Kritik an den Mitgliedsstaaten, da es immer einzelne Bremser gebe, die Reformen blockierten – Was Aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips in Steuerfragen schnell passiert. Bernd Lucke aus der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformen lenkte den Blick noch aus einem anderen Grund auf die Staaten:
"Und da muss man doch mal die Frage stellen: Warum wird so etwas ständig von Journalisten aufgedeckt und was macht eigentlich die Steuerfahndung unserer Länder? Haben denn unsere Mitgliedsstaaten nicht bessere investigative Möglichkeiten, als Journalisten? Warum wird denn so etwas nicht endlich einmal aufgedeckt von den zuständigen Behörden?"
Finanzkommissar will das politische Momentum nutzen
Urban Crespo von den Linken stellte die Frage, warum es noch immer keinen vernünftigen Schutz für Whistleblower in der EU gäbe, da diese ja die Veröffentlichungen erst möglich machten.
Anfang Dezember will das Parlament über den Abschlussbericht des Panama-Untersuchungsausschusses abstimmen. Finanz- und Währungskommissar Pierre Moscovici rief in der Debatte dazu auf, das politische Momentum der neuen Veröffentlichungen zu nutzen. Neue Transparenzregeln für Anwälte, Bänker und Steuerberater müssten innerhalb der kommenden sechs Monate verabschiedet werden.
Die Kommission hatte einen Vorschlag vorgelegt, wonach diese Modelle der Steuerplanung den Behörden melden müssen.