Es sollte eine Rekord-Rechnung werden: 13 Milliarden Euro Nachzahlung für einen elfjährigen Zeitraum. Aber dieses Geld kann der US-Technologiekonzern Apple erstmal für sich behalten und es nicht an die irische Staatskasse überweisen – so wie es die EU-Kommission im Jahr 2016 gefordert hatte. Die Brüsseler Behörde will das Urteil prüfen, wie ihre Sprecherin heute sagte. Die Kommission könnte Rechtsmittel vor dem Europäischen Gerichtshof einlegen.
Nach dem Urteil des EU-Gerichts ist die Kommission fälschlicherweise davon ausgegangen, dass der IPhone-Hersteller unrechtmäßige Steuervergünstigungen erhalten hat, beziehungsweise konnte die Kommission nicht darlegen, dass es in einem Steuerabkommen mit den Behörden in Irland einen Vorteil gab. Gegen den Beschluss hatten sowohl der Konzern, als auch Irland geklagt, dass das Geld gar nicht eintreiben wollte. Es wollte seinen Ruf als attraktiver Steuerstandort behalten und fand, dass alles nach rechten Dingen zugegangen ist.
Bei dem Steuermodell wurde der Gewinn aus dem Verkauf der Apple-Produkte in Europa aufgespalten. Nur ein kleiner Teil wurde über den Standort in Dublin abgerechnet, der Großteil des Gewinns ging an den Verwaltungssitz. Apple hatte argumentiert, in seinem Heimatland würden die Produkte entwickelt, damit die Werte geschaffen, und deshalb müsse der I-Phone-Hersteller den Großteil seiner Gewinne in den USA versteuern. Irand habe deshalb zu Recht nur den Teil der bei den Tochterfirmen verbuchten Gewinne besteuert, die auf Aktivitäten in dem Land zurückgingen.
0,005 Prozent effektiver Steuersatz
Und so hatte der Technologiekonzern 2011 bei einem Gewinn von 16 Milliarden Euro weniger als 50 Millionen Euro in Irland versteuert. Der effektive Steuersatz betrug im Jahr 2014 0,005 Prozent, wie EU-Wettbewerbskommissarin Margarete Vestager im Jahr 2016 ungläubig betont hatte.
Das Urteil ist vor allem eine Niederlage für die Dänin, die sich den Ruf erarbeitet hat, im Kampf gegen Steuervermeidung auch konsequent gegen die großen Konzerne vorzugehen. Die Forderung gegen Apple war ihr größter Coup. Markus Ferber, CSU-Wirtschaftspolitiker im Europaparlament sagte, es sei nicht die erste beihilferechtliche Entscheidung, die der Wettbewerbskommissarin um die Ohren fliege. Mit ihrem Übereifer habe sie dem Kampf gegen Steuervermeidung am Ende einen Bärendienst erwiesen.
Für Sven Giegold, Finanzpolitiker der Grünen im Europaparlament, ist es: "Ein ganz schwarzer Tag für die Steuergerechtigkeit in Europa. Es zeigt klar, dass die europäischen Beihilferegeln nicht geeignet sind, um das Steuerdumping zu beenden. Jetzt muss der Gesetzgeber übernehmen, die Blockade der entsprechenden Vorschläge der EU-Kommission im Rat muss durchbrochen werden. Jetzt ist die Bundesregierung gefragt. Herr Altmaier Herr Scholz zu liefern und entsprechend eine Initiative für eine gemeinsame Unternehmensbesteuerung in Europa auf den Weg zu bringen."
Fast parallel zur Urteilsverkündung ist die EU-Kommission heute mit einem Steuerpaket in die Offensive gegangen. Das Paket aus drei ineinandergreifenden Initiativen soll unter anderem Steuervorschriften vereinfachen und unnötige, administrative Hindernisse beseitigen. Unter anderem sollen die EU-Vorschriften zur Steuertransparenz auf digitale Plattformen erweitert werden. Dem Vorschlag nach sollen sich die Mitgliedsstaaten automatisch über die Einnahmen austauschen, die Verkäufer auf Online-Plattformen erzielen. Gemeinsame Steuerprüfungen sollen den Kampf gegen Steuermissbrauch verstärken.