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Steve Earle über Ondaatjes "Buddy Bolden Blues"

Der Buchklassiker des amerikanischen Songwriters und Buchautors Steve Earle ist Michael Ondaatjes Roman über den Jazzmusiker Buddy Bolden. Bolden lebte Anfang des 19. Jahrhunderts in New Orleans. Von ihm existiert keine einzige Musikaufnahme.

Von Knut Benzner | 17.01.2012
    Vor ein paar Wochen erschien seine letzte CD sowie ein Roman gleichen Titels: "I'll Never Get Out of This World Alive" – eine Reminiszenz an Hank Williams. Earle, linksliberal, lebte lange Jahre in Nashville, Tennessee, und nun seit einiger Zeit in New York. Er ist in siebter Ehe mit der Musikerin Allison Moorer verheiratet. Earles Klassiker ist Michael Ondaatjes Buch "Buddy Boldens Blues", im Original "Coming Through Slaughter" – der Roman um Buddy Bolden, den ersten Jazzmusiker, spielt um 1900 in New Orleans.

    "Steve Earle, ich bin ein Singer/Songwriter und ich schreibe andere Sachen, Gedichte manchmal, Kurzgeschichten vor zehn, elf Jahren und zuletzt einen Roman "I'll Never Get Out of This World Alive" und mein Lieblingsbuch, letztlich ein großer Einfluss auf mein eigenes Buch, ist "Coming Through Slaughter", in deutsch "Buddy Boulden´s Blues", Michael Ondaatjes erster Roman."

    Schlafen tat er Zuwenig, und trinken tat er Zuviel, und viele deuteten seinen späteren Zusammenbruch als das Paradebeispiel eines Talents, das sich selbst zugrunde richtete. Dabei war sein Leben zu dieser Zeit von einer feinen und genauen Ausgewogenheit, Friseur, Herausgeber des Cricket, Kornettist, guter Ehemann und berüchtigter Hansdampf in allen Gassen. Und nach dem Abendessen ging er zur Masonic Hall oder zum Globe oder wo sonst er gerade auftrat. Aufs Podium.

    "Michael Ondaatje ist bekannt durch den 'Englischen Patienten', durch diesen Roman haben die meisten Leute von ihm gehört, ein großes Buch. Er war Poet gewesen, zuvor, bevor er Prosa schrieb, und er war in dieser Übergangsphase, als er 'Buddy Boldens Blues' schrieb. Buddy Bolden war ein Kornettist in New Orleans zur Wende vom 19. Auf das 20. Jahrhundert, und die Legende sagt, dass Buddy Bolden 30 Tage verschwunden war, 1909 – als er zurückkam, war er nicht mehr derselbe. Buddy Bolden hat nicht eine einzige Schallplattenaufnahme gemacht, als die Technik soweit war, war er bereits geisteskrank. Wir wissen somit nicht, wie Buddy Bolden klang, aber Louis Armstrong wusste es."


    Er war eigentlich wie ein Kind – aber die meiste Zeit, und das ist wichtig, war er in Ordnung. Buddy ist nämlich nicht auf der Höhe seines Ruhms abgetreten. Niemand tut das. Wenn man ganz oben ist, hat man keine Zeit, ans Aufhören zu denken, es geht rauf und rauf und rauf. Erst Monate später, wenn es nachlässt, fängt man an, sich zurückzuziehen, falls man zu denen gehört, die sich zurückziehen.

    "Wann ich das Buch zum ersten Mal gelesen habe? Oh Gott! 17, 18 Jahre her, bevor ich clean wurde, nachdem ich aus dem Knast war, eine Weile her."

    Vorbei an nasser Wegwarte die auf Feldern liegt wie der Himmel.
    Vorbei an nassen Wegwartenlügen
    wie der Himmel,
    wie der Himmel der Himmel der Himmel
    vorbei an nasser Himmelswegwarte
    vorbei an nassen Wegwartenlügen.


    "Wir kennen uns schon eine ganze Zeit, Ondaatje und ich. Es stellte sich heraus, dass er ein Musik-Liebhaber ist. Er lebt in Kanada und hat mein Zeug gehört, ein bisschen davon, ich bin in Kanada bekannter als sonst wo, und wir haben zusammen gelesen, als mein Buch erschien, in Chicago."

    Ich bleibe in diesem Zimmer sitzen. Mit den grauen Wänden, die sich zu den Ecken hin verdunkeln. Und einem Fenster mit Zähnen. Bleibe so still sitzen, dass man die Haare in deinem Hemd knistern hört. Schaue weg vom Fenster, als Wolken und andere Dinge vorbeiziehen. Einunddreißig Jahre. Es gibt keine Siegerpreise.



    Michael Ondaatje, "Buddy Boldens Blues", Hanser, 1995, 180 Seiten, aus dem Englischen von Adelheid Dormagen, ISBN 3-446-17338-2 / Seiten: 16/17; 86; 95; 176

    Originalausgabe: "Coming Through Slaughter", 1976, House of Anansi Press, Toronto.c