Nallinger sagte im Deutschlandfunk, die Wirtschaft habe in den vergangenen Jahren festgestellt, dass die Verlässlichkeit, die man einfordere, um Investitionen auszulösen, nicht gegeben sei. Beschlossene Programme würden zurückgenommen und geplante Fonds von Gerichtsseite gekippt, so dass es eine große Verunsicherung in der Wirtschaft gebe. Als Beispiele nannte sie den Umgang mit der Förderung der Elektromobilität und den Wärmepumpen-Ausbau.
Die Situation sei kritisch. Viele Zukunftstechnologien kämen im hohen Maße nicht mehr aus Deutschland. 95 Prozent der Solarmodule würden in China produziert. Dasselbe könnte die Elektromobilät treffen. Die Wirtschaft sei durch die Politik nicht so unterstützt, wie sie es benötige, sagte Nallinger im Deutschlandfunk. Nötig seien entsprechende Förderprogramme.
Studie: Nur selten Emissionsreduktionen
Auch eine Studie zeigt: Viele von der Politik beschlossene Klimaschutzmaßnahmen sind nicht effektiv. Für die in der Fachzeitschrift "Science" veröffentlichten Studie untersuchte eine internationale Forschungsgruppe 1.500 von der Politik beschlossene Klimaschutzmaßnahmen in den letzten 20 Jahren aus 41 Ländern. Die Studie wurde unter der Leitung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und dem Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) durchgeführt. Das Ergebnis: Nur ein Bruchteil der ausgewerteten Maßnahmen, nämlich 63, hätten zu nennenswerten Emissionsreduktionen geführt.
Der Studie zufolge weisen die erfolgreichen Maßnahmen Gemeinsamkeiten auf, und zwar eine Hebelwirkung von Steuer- und Preisanreizen. Die Ergebnisse zeigten, dass der Erfolg vom richtigen Mix der Instrumente abhänge, erklärte Leitautorin Annika Stechemesser vom PIK. Demnach reicht es nicht, allein auf Subventionen oder Verbote zu setzen. Erst in Kombination mit weiteren Anreizen würde eine Reduktion erzielt. Einzige Beispiele für effektive Maßnahmen in Deutschland seien die Ökosteuerreform ab 1999 und die Lkw-Maut 2005.
Neubauer: "Klimakrise immer mitdenken"
Klimaaktivisten fordern die Politik weiter zum Handeln auf. Luisa Neubauer von "Fridays for Future" regte an, die Klimakrise grundsätzlich mitzudenken - ähnlich wie beim Thema Finanzen. Die Frage, ob man sich etwas ökologisch leisten könne, müsse stets beachtet werden. Neubauer sagte im Deutschlandfunk Kultur, es gebe unfassbar viele Möglichkeiten für Lösungen. Man könne neue Errungenschaften erreichen. Dafür sei realistische Zuversicht und eine der Welt zugewandte Haltung nötig.
Letzte Generation: "Aufgeben ist keine Option"
Die Gruppe "Letzte Generation" sieht generelle Vorbehalte gegen Klimaschutz und Veränderung in Deutschland als großes Problem. Sprecherin Marion Fabian kündigte daher eine Fortsetzung der umstrittenen Protestaktionen an. Man lenke mit teils spektakulären Aktionen die Aufmerksamkeit auf die größte Herausforderung der Menschheit. Man erinnere die Regierung regelmäßig daran, dass gehandelt werden müsse, sagte Fabian im Deutschlandfunk. Auf die Frage, ob man durch die umstrittenen Proteste konkrete und moderate Forderungen in Gefahr bringe, sagte Fabian, man könne nicht aufhören, wenn die Gründe, die zu den Protesten führten, nicht behoben würden. Aufgeben sei keine Option, erklärte Fabian.
Die "Letzte Generation" hatte zuletzt Störaktionen an mehreren deutschen Flughäfen unternommen. Mehrere Aktivisten klebten sich auf Rollbahnen fest und sorgten so für Beeinträchtigungen im Flugverkehr. Das hatte erneut umfassende Kritik ausgelöst, Bundesinnenministerin Faeser sprach beispielsweise von gefährlichen, dummen und kriminellen Aktionen.
"Klimatag 2024"
Die Interviews fanden im Rahmen des Klimatages der drei Deutschlandfunk-Programme statt. Unter dem Motto „So geht Klimaschutz“ wird der heutige Tag konzentriert der Erderwärmung gewidmet. Die Aktion ist Teil der Deutschlandradio-Denkfabrik: "Es könnte so schön sein … Wie gestalten wir Zukunft?"
Diese Nachricht wurde am 24.08.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.