Die Impfung gegen Covid-19 soll in den regulären Impfplan aufgenommen werden. So besagt es der am 25. April 2023 veröffentlichte Empfehlungsentwurf der Ständigen Impfkommission (STIKO). 25 Mal hat die STIKO ihre Empfehlungen zur Covid-19-Impfung während der Pandemie aktualisiert. Die aktuelle soll nun Bestand haben. Zwar müssen noch Fachleute und Gremien darüber beraten, die STIKO rechnet aber nicht mit größeren Änderungen.
Wer sollte sich wann womit impfen lassen?
Die STIKO unterscheidet bei ihrem Entwurf drei Personengruppen, für die jeweils angepasste Empfehlungen gelten:
Gesunde Menschen ab 18 Jahren bis einschließlich 59 Jahre:
Die große Mehrheit der Menschen soll nach Vorstellung der STIKO zukünftig zwar eine Grundimmunisierung, aber keine regelmäßigen Auffrischungsimpfungen mehr bekommen.
Vorgesehen sind mindestens zwei Impfungen. Ob ein Booster empfohlen wird, soll davon abhängen, ob es bereits eine Infektion mit dem Coronavirus gab oder nicht. Falls nicht, empfiehlt die STIKO eine dritte Spritze mit mindestens drei, besser aber sechs Monaten Abstand zur Grundimmunisierung.
Wer in dieser Altersgruppe dreimal geimpft oder zweimal geimpft und einmal genesen sei, habe eine "gute Basisimmunität" und sei dadurch geschützt, sagt Professor Carsten Watzl, Immunologe am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund zum Empfehlungsentwurf.
Risikogruppen und Menschen ab 60 Jahren:
Für Menschen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf nach einer Covid-19-Infektion schlägt die STIKO regelmäßige Auffrischungsimpfungen vor. Dies betrifft alle Menschen ab 60 Jahren, aber auch alle Menschen ab sechs Monaten, sofern sie Vorerkrankungen haben, die einen schweren Krankheitsverlauf begünstigen.
Die regelmäßige Empfehlung gilt zudem für Menschen, die im Gesundheitssystem oder in Pflege- und Altenheimen arbeiten, sowie für Bewohner solcher Einrichtungen.
Die Auffrischungen sollen vermutlich jährlich verabreicht werden, ähnlich wie bei der Grippeschutzimpfung. Da beide Impfungen insbesondere im Herbst sinnvoll sind, könnten diese auch parallel verabreicht werden. Dabei soll ein Impfstoff zum Einsatz kommen, der sowohl gegen den Wildtyp des Virus als auch gegen die Omikron-Variante schützt.
Der Immunologe Carsten Watzl hält es für möglich, dass der Abstand zwischen den aktuell jährlich empfohlenen Auffrischungsimpfungen in Zukunft auf zwei oder drei Jahre erhöht wird. Das hänge natürlich auch davon ab, ob beziehungsweise wie sich das Virus verändere.
Gesunde Kinder und Jugendliche unter 18: Impfen oder nicht?
Für Kinder und Jungendliche unter 18 Jahren soll es keine Empfehlung für eine Impfung mehr geben – sofern sie nicht vorerkrankt sind. Damit schlägt die STIKO eine deutliche Abkehr von der aktuell noch gültigen Empfehlung aus dem Februar 2023 vor. Zuletzt hatte die STIKO den Impfstoff gegen Corona ab fünf Jahren empfohlen.
Die Ausgangslage habe sich einfach deutlich verändert, so der Immunologe Carsten Watzl im Dlf. Auch bei den Kindern gebe es mittlerweile eine sehr hohe Grundimmunität. Zudem erkrankten gesunde Minderjährige an der Omikron-Variante viel seltener schwer. Die STIKO sieht daher keine Grundlage für eine Empfehlung. Die Impfung von Minderjährigen ist dennoch rechtlich möglich und für sie auch nicht riskanter als für Erwachsene.
Post Covid, Long Covid, Post Vac und die Impfempfehlung
Auch wenn das Risiko von Long Covid und Post Covid mit einer Impfung ungefähr um die Hälfte reduziert wird, haben diese Erkrankungen laut dem Immunologen Carsten Watzl beim aktuellen STIKO-Entwurf "eigentlich keine große Rolle gespielt". Auch eine Impfung schütze nicht dauerhaft vor einer Ansteckung mit Covid-19, biete also nur einen temporären Schutz und könne das Risiko nicht auf Null bringen, so Watzl im Dlf.
Im Hinblick auf das Post-Vac-Syndrom sagt Watzl, dass dieses sehr viel seltener als Long Covid auftrete und man darüber noch weniger wisse. Die Wahrscheinlichkeit oder die Häufigkeit von Post Vac sei aber so gering, dass es das Risikoprofil der Impfungen nicht beeinflusst habe.
Wie wahrscheinlich ist eine neue SARS-CoV-2-Virusvariante?
Die aktuellen Virusvarianten zeichneten sich dadurch aus, dass sie entweder "der Immunantwort etwas entgehen oder etwas ansteckender sind", so der Immunologe Carsten Watzl im Dlf. Zum Glück seien die Virusvarianten aber auch "etwas harmloser geworden". Sollte eine weitere Variante auftreten, die ähnlich geringe Fälle von schwerer Erkrankung verursacht, aber der Immunantwort etwas entgeht, dann seien die meisten Menschen trotzdem durch ihre Basisimmunität vor einer schweren Erkrankung geschützt.
Sollte es aber erneut eine ansteckendere Variante geben, die zu schwereren Krankheitsverläufen führt, könnte es möglicherweise eine Booster-Empfehlung für Menschen ab 18 Jahren geben. Wie wahrscheinlich das ist, könne aber keiner vorhersagen. "Das Virus ist erst seit drei Jahren in uns Menschen unterwegs", sagt Watzl, es habe noch Entwicklungsmöglichkeit. "Ich wäre sehr überrascht, wenn Omikron die letzte der Variante geblieben wäre."
Wie steht es um die Entwicklung neuer Covid-Impfstoffe?
Die Pandemie hat der Impfstoffforschung einen neuen Boost gegeben, sagt der Immunologe Carsten Watzl. Dieser höre auch mit einer eingeschränkten Impfempfehlung nicht auf. Aktuell würde beispielsweise aktiv an einem Kombinationsimpfstoff für Grippe und Corona geforscht, ein solches Präparat werde wahrscheinlich auch kommen. Auch die Forschung an nasalen Impfstoffen werde weitergehen. Sollten diese irgendwann auf den Markt kommen, wäre es vielleicht sinnvoll, wieder alle impfen zu lassen, um die Verbreitung solcher Atemwegserreger unterbinden zu können, so Watzl.
Auch wenn man in der Wissenschaft davon ausgehe, dass diese Pandemie wahrscheinlich vorüber sei, wüsste man auch: "Die Nächste wird ganz sicher irgendwann auch wieder kommen." Mit den neuen Technologien für Impfstoffe sei ein wirklicher Schritt nach vorne getan worden. "Und das kann uns in Zukunft auch noch helfen."
Quellen: Deutschlandfunk, Arndt Reuning, pto, nsh