"Also ich bin noch nicht sicher, was diese Woche das Thema wird. Ich habe mir gedacht, vielleicht könnte man mal über die Bedeutung des Wortes schreiben. Worte können die Welt verändern, können Klima verändern, können Dinge bewegen. Und das könnte mal Thema für eine Kolumne sein."
Armin Laschet hat die Ärmel seines hellblau-weiß karierten Hemdes hochgekrempelt und blickt konzentriert auf den Bildschirm. Hinter einem Panoramafenster - links neben seinem Schreibtisch stemmt sich ein Frachtschiff gegen die glitzernde Strömung des Rheins. Doch für den Blick aus seinem Düsseldorfer Landtagsbüro hat der stellvertretende Vorsitzende der NRW-CDU keine Zeit. In zwei Stunden muss seine Kolumne fertig sein, die jeden Samstag auf Türkisch in der "Hürriyet" zu lesen ist. Familie, Fußball, Freundschaft: Die Themen seiner Rubrik sollen die Vielfalt des Lebens in Deutschland abbilden. Statt Parteipolitik thematisiert Laschet in der Zeitung das, was ihm persönlich im Zusammenleben zwischen Deutschen und Türken wichtig erscheint. Lesen soll das hierzulande die türkische
Comunity.
"Generell glaube ich, dass insbesondere die CDU darauf achten muss, dass sie die türkeistämmigen Wähler, die ja auch mit steigenden Einbürgerungszahlen immer wichtiger werden, dass sie da eigene Formen findet, die auch anzusprechen. Und das tun wir zu wenig."
Armin Laschet hatte in den fünf Jahren im Kabinett von Jürgen Rüttgers das erste Integrationsministerium in Deutschland aufgebaut. Zumindest bei den konservativen Mitgliedern der NRW-CDU konnte der 49-jährige Aachener damit beim Kampf um den Parteivorsitz nicht punkten: Bundesumweltminister Norbert Röttgen führt die Christdemokraten an und Karl-Josef Laumann die Landtagsfraktion. Armin Laschet ging leer aus und hat wieder viel Zeit, zu seinen journalistischen Wurzeln zurückzufinden. Denn einst war er Chefredakteur einer Aachener Kirchenzeitung:
"Ich merke jetzt, dass es gut ist, neben dem Kleinklein der Tagespolitik, was natürlich in einer Oppositionsfraktion wichtig ist, dass man sich auch mit ein paar grundsätzlichen Dingen beschäftigt und dass man eben auch wieder schreibt, mehr als man das gemacht hat und deswegen ist das auch ein Stück Rückkehr."
Dass er Kolumnist einer türkischen Tageszeitung ist, habe bei seinen Parteikollegen keine große Resonanz gehabt, erzählt Laschet. Auf die Idee kam er mit dem Chefredakteur der Europa-Ausgabe der "Hürriyet", Halit Celikbudak, der die Geschäfte vom südhessischen Walldorf aus leitet und die Themen für die türkeistämmigen Einwanderer setzt. Auch ohne Amt - am Thema bleibt Laschet dran. Was Saadettin Tüzün gut findet. Er ist stellvertretender Vorsitzender des deutsch-türkischen Forums der NRW-CDU.
Viel mehr Deutsche in öffentlichen Positionen sollten sich in Kolumne an die türkischen Migranten wenden:
"Dass man wirklich alle Optionen in Erwägung zieht, diese Community zu erreichen. Dass man wirklich auch Präsenz zeigt. Das ist ungewohnt, aber dadurch, dass man das regelmäßig macht, dadurch entsteht so eine Art von Beziehung zwischen dem Kolumnisten – er ist ja dann nicht nur Laschet, er vertritt ja dann mehr als nur Laschet – und der türkischen Community. Das kommt gut an. Denn wir müssen wirklich schauen, dass die Hemmschwellen und die Barrieren abgebaut werden. Das ist ein wichtiger Schritt."
Saadettin Tüzün ist erst vor einem Jahr in die CDU eingetreten, vor allem wegen des früheren Integrationsministers. Armin Laschet, sagt er, genieße unter seinen Landsleuten bis heute einen guten Ruf:
"Es ist nicht einfach, in der CDU-Integrationspolitik zu machen, schon gar nicht als Migrant. Es sind leider noch zu wenige da. Wenn man schaut, es sind wirklich viele Gemeinsamkeiten, was die CDU hat und auch was die Migranten. Viele Moslems hier, die hier in Deutschland leben, sind konservativ. Sie sind ihrer Religion gebunden und praktizieren das dann auch. Das ist bei der CDU nicht anders. Aber ich denke, wir könnten mehr Laschets gebrauchen, in der Partei."
Damit spielt er wohl auf den neuen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich an. Der CSU-Politiker hatte – kaum im Amt – betont, dass der Islam eben nicht zu Deutschland gehöre. Friedrich widersprach damit nicht nur Bundespräsident Christian Wulff, er löste auch in den eigenen Reihen eine Debatte aus: während sich der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz, auf die Seite Wulffs schlug, gab sein Fraktionsvorsitzender Volker Kauder dem Minister recht. Murad Bayraktar, Leiter der türkischen Redaktion bei "Funkhaus Europa", spricht angesichts der Diskussion von Kalkül: Auf diese Weise wolle die Union nur zugleich sehr konservative und progressive Stimmen befrieden. Bei den Migranten in Deutschland löst das indes nur Kopfschütteln aus. Sollen sie jetzt dazugehören, oder nicht? Murad Bayraktar will endlich Klarheit:
"Vielleicht sollte sich die Union da jetzt endlich mal auf eine Linie konzentrieren und ich hoffe, die Laschets überwiegen dann."
Auch Murad Bayraktar liest Armin Laschets Kolumnen in der "Hürriyet". Dennoch, statt den üblichen Aussagen zur viel beschworenen Gemeinsamkeit von Deutschen und Türken, würde er sich vom Ex-Minister deutlich politischere Akzente wünschen.
"Wie sieht es eigentlich aus mit der Integrationspolitik der CDU. Die Menschen wollen schon etwas Politisches lesen. Und da sind so Punkte wie etwa die doppelte Staatsbürgerschaft. Das wäre zum Beispiel, wenn man türkische oder türkischstämmige Stimmen für eine Wahl ködern wollen würde als deutscher Politiker, wäre das ein Thema, auf das man sich kaprizieren könnte."
Ist es also ein kluger Schachzug, dass sich der Ex-Minister mit einer Zeitungskolumne bei potenziellen türkischstämmigen Wählern ins Gespräch bringt? Die "Hürriyet" gilt als konservativ. Und ist mit täglich 40.000 Ausgaben die Auflagestärkste unter den türkischsprachigen Zeitungen in Deutschland. Doch der Journalist Bayraktar warnt Laschet davor, sich zu sehr vereinnahmen zu lassen.
Denn das Boulevardblatt verstehe sich auch als Anwalt der türkischen Community in Deutschland. Und wer in der "Hürriyet" schreibt, sei dann eben auch Teil dieser Community, wie Murad Bayraktar erklärt. Was Laschet heute schreibt, könnte ihn später einholen, sollte er wieder in Amt übernehmen.
"Das kann ein positives Bild natürlich sein. Auf der anderen Seite, wenn man dann natürlich in einer Regierung ist, dann kann es durchaus, dass die Community dann sagt: Moment mal, als Du geschrieben hast, hast du das und das gesagt und jetzt machst du das und das. Und das ist ne Konvergenz. Also, ich denke, da muss Laschet jetzt auch aufpassen, was er schreibt."
Kontrolle behalten, genau das scheint sich Armin Laschet auch schon überlegt zu haben. Er blickt auf die Uhr. Die türkische Übersetzerin wartet:
"Die Übersetzung mache ich selbst durch jemanden, der mir dabei hilft. Und die türkische Redaktion kriegt dann den fertigen Text. Sodass ich weiß, was erscheint da wirklich und nicht noch auf Übersetzungspannen oder anderes angewiesen bin."
Armin Laschet hat die Ärmel seines hellblau-weiß karierten Hemdes hochgekrempelt und blickt konzentriert auf den Bildschirm. Hinter einem Panoramafenster - links neben seinem Schreibtisch stemmt sich ein Frachtschiff gegen die glitzernde Strömung des Rheins. Doch für den Blick aus seinem Düsseldorfer Landtagsbüro hat der stellvertretende Vorsitzende der NRW-CDU keine Zeit. In zwei Stunden muss seine Kolumne fertig sein, die jeden Samstag auf Türkisch in der "Hürriyet" zu lesen ist. Familie, Fußball, Freundschaft: Die Themen seiner Rubrik sollen die Vielfalt des Lebens in Deutschland abbilden. Statt Parteipolitik thematisiert Laschet in der Zeitung das, was ihm persönlich im Zusammenleben zwischen Deutschen und Türken wichtig erscheint. Lesen soll das hierzulande die türkische
Comunity.
"Generell glaube ich, dass insbesondere die CDU darauf achten muss, dass sie die türkeistämmigen Wähler, die ja auch mit steigenden Einbürgerungszahlen immer wichtiger werden, dass sie da eigene Formen findet, die auch anzusprechen. Und das tun wir zu wenig."
Armin Laschet hatte in den fünf Jahren im Kabinett von Jürgen Rüttgers das erste Integrationsministerium in Deutschland aufgebaut. Zumindest bei den konservativen Mitgliedern der NRW-CDU konnte der 49-jährige Aachener damit beim Kampf um den Parteivorsitz nicht punkten: Bundesumweltminister Norbert Röttgen führt die Christdemokraten an und Karl-Josef Laumann die Landtagsfraktion. Armin Laschet ging leer aus und hat wieder viel Zeit, zu seinen journalistischen Wurzeln zurückzufinden. Denn einst war er Chefredakteur einer Aachener Kirchenzeitung:
"Ich merke jetzt, dass es gut ist, neben dem Kleinklein der Tagespolitik, was natürlich in einer Oppositionsfraktion wichtig ist, dass man sich auch mit ein paar grundsätzlichen Dingen beschäftigt und dass man eben auch wieder schreibt, mehr als man das gemacht hat und deswegen ist das auch ein Stück Rückkehr."
Dass er Kolumnist einer türkischen Tageszeitung ist, habe bei seinen Parteikollegen keine große Resonanz gehabt, erzählt Laschet. Auf die Idee kam er mit dem Chefredakteur der Europa-Ausgabe der "Hürriyet", Halit Celikbudak, der die Geschäfte vom südhessischen Walldorf aus leitet und die Themen für die türkeistämmigen Einwanderer setzt. Auch ohne Amt - am Thema bleibt Laschet dran. Was Saadettin Tüzün gut findet. Er ist stellvertretender Vorsitzender des deutsch-türkischen Forums der NRW-CDU.
Viel mehr Deutsche in öffentlichen Positionen sollten sich in Kolumne an die türkischen Migranten wenden:
"Dass man wirklich alle Optionen in Erwägung zieht, diese Community zu erreichen. Dass man wirklich auch Präsenz zeigt. Das ist ungewohnt, aber dadurch, dass man das regelmäßig macht, dadurch entsteht so eine Art von Beziehung zwischen dem Kolumnisten – er ist ja dann nicht nur Laschet, er vertritt ja dann mehr als nur Laschet – und der türkischen Community. Das kommt gut an. Denn wir müssen wirklich schauen, dass die Hemmschwellen und die Barrieren abgebaut werden. Das ist ein wichtiger Schritt."
Saadettin Tüzün ist erst vor einem Jahr in die CDU eingetreten, vor allem wegen des früheren Integrationsministers. Armin Laschet, sagt er, genieße unter seinen Landsleuten bis heute einen guten Ruf:
"Es ist nicht einfach, in der CDU-Integrationspolitik zu machen, schon gar nicht als Migrant. Es sind leider noch zu wenige da. Wenn man schaut, es sind wirklich viele Gemeinsamkeiten, was die CDU hat und auch was die Migranten. Viele Moslems hier, die hier in Deutschland leben, sind konservativ. Sie sind ihrer Religion gebunden und praktizieren das dann auch. Das ist bei der CDU nicht anders. Aber ich denke, wir könnten mehr Laschets gebrauchen, in der Partei."
Damit spielt er wohl auf den neuen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich an. Der CSU-Politiker hatte – kaum im Amt – betont, dass der Islam eben nicht zu Deutschland gehöre. Friedrich widersprach damit nicht nur Bundespräsident Christian Wulff, er löste auch in den eigenen Reihen eine Debatte aus: während sich der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz, auf die Seite Wulffs schlug, gab sein Fraktionsvorsitzender Volker Kauder dem Minister recht. Murad Bayraktar, Leiter der türkischen Redaktion bei "Funkhaus Europa", spricht angesichts der Diskussion von Kalkül: Auf diese Weise wolle die Union nur zugleich sehr konservative und progressive Stimmen befrieden. Bei den Migranten in Deutschland löst das indes nur Kopfschütteln aus. Sollen sie jetzt dazugehören, oder nicht? Murad Bayraktar will endlich Klarheit:
"Vielleicht sollte sich die Union da jetzt endlich mal auf eine Linie konzentrieren und ich hoffe, die Laschets überwiegen dann."
Auch Murad Bayraktar liest Armin Laschets Kolumnen in der "Hürriyet". Dennoch, statt den üblichen Aussagen zur viel beschworenen Gemeinsamkeit von Deutschen und Türken, würde er sich vom Ex-Minister deutlich politischere Akzente wünschen.
"Wie sieht es eigentlich aus mit der Integrationspolitik der CDU. Die Menschen wollen schon etwas Politisches lesen. Und da sind so Punkte wie etwa die doppelte Staatsbürgerschaft. Das wäre zum Beispiel, wenn man türkische oder türkischstämmige Stimmen für eine Wahl ködern wollen würde als deutscher Politiker, wäre das ein Thema, auf das man sich kaprizieren könnte."
Ist es also ein kluger Schachzug, dass sich der Ex-Minister mit einer Zeitungskolumne bei potenziellen türkischstämmigen Wählern ins Gespräch bringt? Die "Hürriyet" gilt als konservativ. Und ist mit täglich 40.000 Ausgaben die Auflagestärkste unter den türkischsprachigen Zeitungen in Deutschland. Doch der Journalist Bayraktar warnt Laschet davor, sich zu sehr vereinnahmen zu lassen.
Denn das Boulevardblatt verstehe sich auch als Anwalt der türkischen Community in Deutschland. Und wer in der "Hürriyet" schreibt, sei dann eben auch Teil dieser Community, wie Murad Bayraktar erklärt. Was Laschet heute schreibt, könnte ihn später einholen, sollte er wieder in Amt übernehmen.
"Das kann ein positives Bild natürlich sein. Auf der anderen Seite, wenn man dann natürlich in einer Regierung ist, dann kann es durchaus, dass die Community dann sagt: Moment mal, als Du geschrieben hast, hast du das und das gesagt und jetzt machst du das und das. Und das ist ne Konvergenz. Also, ich denke, da muss Laschet jetzt auch aufpassen, was er schreibt."
Kontrolle behalten, genau das scheint sich Armin Laschet auch schon überlegt zu haben. Er blickt auf die Uhr. Die türkische Übersetzerin wartet:
"Die Übersetzung mache ich selbst durch jemanden, der mir dabei hilft. Und die türkische Redaktion kriegt dann den fertigen Text. Sodass ich weiß, was erscheint da wirklich und nicht noch auf Übersetzungspannen oder anderes angewiesen bin."