Eines kann man von Fraser Stoddart ganz gewiss nicht sagen. Dass er trockene, wissenschaftliche Vorträge hält:
"There are many views of nanotechnology."
Zuweilen berichtet der gebürtige Schotte auf Konferenzen, wie er von Königin Elizabeth zum Ritter geschlagen wurde. Und dass sich Ihre Majestät erkundigt habe, was das denn eigentlich sei, diese "Nanologie".
Kaum zu glauben, aber: Bis er 17 war, gab es bei Stoddarts zu Hause keinen elektrischen Strom und keinen Fernseher. Der junge Fraser wuchs auf einem Bauernhof auf, war kräftig eingespannt und entkam dennoch in die weite Welt der Chemie. Auf einem ganz eigenen Weg, wie Stoddart einmal augenzwinkernd erzählte:
"Immer wenn ich frei hatte, habe ich Puzzles gemacht. Für mich war das ein frühes Training in Stereochemie und molekularem Vorstellungsvermögen. Ich bin nicht so wie andere zur Chemie gekommen: durch ein Faible für Explosionen oder Gerüche. Ich hasse jeden Knall. Und auch die meisten Gerüche."
Ein ungewöhnliches Bekenntnis für einen Chemiker, der sich im Übrigen der guten angelsächsischen Tradition verpflichtet fühlt: Wissenschaft sollte so vermittelt werden, dass sie jeder versteht:
"Ob man einen Fünf- oder einen 95-Jährigen vor sich hat: Man sollte versuchen, alle Leute zu erreichen!"
Feringa will Forschung verständlich vermitteln
Als Redner, den man gerne auf seiner Tagung hat, gilt auch der Niederländer Bernard Feringa. Stefan Grimme hat ihn schon mehrfach erlebt. Er ist Professor für Theoretische Chemie an der Universität Bonn:
"Dem Ben Feringa bin ich das letzte Mal auf einer Tagung begegnet. Ich glaube, es war hier in Bonn. Und er hat wieder einmal einen seiner herausragenden Vorträge gehalten, die einen wirklich jedes Mal begeistern. Also, das ist jemand, der auch wirklich eine ganz tolle Show macht. Nicht nur tolle Wissenschaft, sondern die auch wirklich sehr gut rüberbringen kann."
Auch Feringas Credo ist also: Sieh zu, dass die Leute Deine Forschung auch begreifen! Für einen molekularen Maschinenbauer sei das gar nicht so einfach, sagt Stefan Grimme:
"Das ist ja das Problem dieser Forschung, dass man sie eben nicht unters Mikroskop tun kann. Dann wäre ja alles ganz einfach!"
Und wie löst Feringa dieses Problem? Indem er sich nicht nur als hehrer Wissenschaftler versteht, sondern zugleich als Animateur, meint Grimme:
"Man kann da auch sogar mit Filmen, also animiert, die Wissenschaft wirklich sehr gut rüberbringen. Das hilft ihm natürlich. Aber er ist auch wirklich ein toller Typ! Man redet ihn nur mit 'Ben' an. Der ist halt sehr wenig abgehoben. Immer, wenn ich den getroffen habe, habe ich gedacht: Mensch, das ist ja irgendwie ein toller Typ, der nicht abhebt. Da gibt's auch andere Beispiele."
Ist Jean-Pierre Sauvage vielleicht von diesem Schlag, der Dritte im Bunde der frisch ausgezeichneten Chemie-Nobelpreisträger? Franzose, Professor an der Universität Straßburg - und eine ganze Weile Kollege von Lutz Gade, der heute an der Universität Heidelberg lehrt und forscht:
"Im selben Gebäude arbeitete ich wie Jean-Pierre Sauvage. Vor meiner Berufung nach Heidelberg war ich fünf Jahre Lehrstuhlinhaber an der Universität in Straßburg. Wir waren im selben Forschungsverbund letztendlich auch tätig, so dass wir relativ eng miteinander zu tun hatten."
Und? Wie verhält es sich mit dem elsässischen Chemiker? Ist auch er auf dem Teppich geblieben? Oder eher abgehoben? Grade:
"Herr Sauvage ist sicherlich ein im Auftreten sehr bescheidener Kollege gewesen, der sich sowohl als Person, aber auch als Wissenschaftler durch ein auf der einen Seite hohes intellektuelles Niveau, aber auf der anderen Seite eine sehr angenehme, gelassene Art ausgezeichnet hat."
Also auch Sauvage ein bodenständiger und "angenehm normal gebliebener" Kollege, wie es Lutz Gade formuliert. Die beiden Wissenschaftler sind noch immer im Kontakt:
"Ich habe ihm schon eine E-Mail geschrieben. Das ist ja heutzutage die einfachste und sicherste Weise der schnellen Kommunikation, jedenfalls unter Hochschullehrern. Unter Jugendlichen wäre das WhatsApp. Aber ich habe ihm eine E-Mail geschrieben."
Allerdings weiß Gade: Diesmal muss er sicher länger auf eine Antwort seines ehemaligen Straßburger Kollegen warten:
"Der wird sicher Hunderte, wenn nicht gar Tausende solche E-Mails bekommen haben. Aber in der Regel, wenn man die Leute persönlich kennt, bekommt man früher oder später dann ein Feedback."