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Störfaktor Cattenom

25 Jahre alt ist eines der größten Kernkraftwerke der französischen Elektrizitätsgesellschaft EDF: Es steht in Cattenom acht Kilometer von der deutschen und der luxemburgischen Grenze entfernt. Die Ängste der Nachbarn haben bislang wenig in Frankreich bewegen können.

Von Tonia Koch |
    "Abschalten, abschalten, abschalten jetzt."

    Die Menschen sind sich einig, die Politiker der Nachbarländer auch. Sie wollen so schnell wie möglich raus aus der Atomkraft. Und die saarländischen, rheinland-pfälzischen und auch luxemburgischen Politiker würden das französische Kernkraftwerk Cattenom am liebsten gleich mit vom Netz nehmen, wie Peter Müller der saarländische Ministerpräsident.

    " Wir fordern die Abschaltung von Cattenom."

    Aber, was die Atomkraft anbelangt, so ticken die Uhren in Frankreich noch immer anders. Vor 25 Jahren baute die staatliche französische Elektrizitätsgesellschaft EDF eines ihrer größten Kernkraftwerke direkt ins Grenzgebiet. Die vier Blöcke von Cattenom stehen im Norden Lothringens, acht Kilometer von der deutschen und etwa ebenso weit von der luxemburgischen Grenze entfernt. Das größte Risiko bei einem nuklearen Unfall in dem Kernkraftwerk tragen die Nachbarn in Luxemburg und Deutschland. Schließlich weht der Wind in dieser Ecke beständig von Westen. All das sei seit Jahrzehnten bekannt, ohne dass sich die französische Seite um die Ängste der Menschen schere, klagt Klas Meiser, CDU-Fraktionsvorsitzender im saarländischen Landtag.

    "Unerträglich, wie das gehandhabt wird."

    Selbst nach Fukushima werde sich daran nichts ändern, glaubt auch die Mehrheit der saarländischen Bevölkerung. Überall im Land werden Unterschriften gegen Cattenom gesammelt.

    "Die machen, was sie wollen die Franzosen, die scheren sich nicht um die Nachbarn."

    Doch auch in Frankreich tut sich etwas. Der Stadtrat von Straßburg hat zum Beispiel die Schließung des Kernkraftwerks Fessenheim gefordert. Es steht etwa 30 Kilometer südlich der elsässischen Metropole am Rhein. Das bringt auch den Präsidenten des lothringischen Regionalrates Jean-Pierre Masseret zum Nachdenken:

    "Es ist ein besorgniserregendes Thema, die Frage, was passiert, sollte es einen schweren Zwischenfall in Cattenom geben, ist in der Tat nicht länger eine innerfranzösische Angelegenheit, weil die Energiepolitik kann nicht von Frankreich allein entschieden werden."

    Das sind völlig neue Töne des lothringischen Regionalratspräsidenten. Aber was sind sie Wert? Zum einen steht der Wahlkampf in Frankreich vor der Tür. Die oppositionellen Sozialisten, denen Masseret angehört, suchen in der Atomfrage nach einer neuen Position. Das eindeutige Ja bröckelt. Wichtiger noch ist für Masseret die Situation in seiner eigenen Region. Denn sollten die Elsässer es zuwege bringen, dass Fessenheim stillgelegt wird, dann bliebe allein Cattenom als Störfaktor in den deutsch-französischen und den französisch-luxemburgischen Beziehungen. Und da wäre ja schließlich noch die französische Bevölkerung, die - zumindest in den Grenzregionen - nicht mehr uneingeschränkt hinter dem französischen Atomkurs steht, sagt die sozialistische Abgeordnete des lothringischen Regionalrates, Angel Dufflo:

    "Die Bevölkerung ist meistens weiter als die Politiker."

    Kleine Schritte, eine Analyse der Bedrohungslage, die die Nachbarn einschließt, ein verbesserter Katastrophenschutz, eine stringente Informationspolitik, das alles tut not. Für Letzteres wolle man sorgen, sagt der Direktor des Atomkraftwerks Cattenom, Stephane Dupre-la-Tour:

    "Bis zum Sommer wird unsere Internetseite auf Deutsch abrufbar sein. Wir bieten Führungen im Kernkraftwerk auf Deutsch an und ich lade alle Politiker und gewählten Repräsentanten ein, sich selbst ein Bild vor Ort zu machen."