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Störsender
Fledermäuse sabotieren sich bei der Echoortung

Mexikanische Bulldoggfledermäuse leben in Kolonien von manchmal Tausenden Tieren zusammen. Entsprechend groß kann die Konkurrenz um Futter werden. Das geht soweit, dass die Fledermäuse sich gegenseitig auf eine geradezu perfide Art bei der Insektenjagd behindern. Wenn eine Fledermaus in der Dunkelheit per Echoortung ein Insekt jagt, können andere deren Sonarsystem mit speziell modulierten Rufen stören.

Von Lucian Haas |
    So klingt es, wenn sich eine Mexikanische Bulldoggfledermaus bei der Jagd im Flug einer Motte nähert. Sie nutzt Echoortung, um die Position des Insekts in der Luft zu erfassen. Normalerweise ertönen die Ortungsrufe – für den Menschen unhörbar – im Ultraschallbereich. Hier sind sie einmal 20-fach verlangsamt abgespielt. Je näher die Fledermaus ihrem Opfer kommt, desto schneller wird die Schreifolge, bis die Fledermaus das Insekt mit ihrem Maul fängt. Biologen um William Conner von der Wake Forest University in Winston Salem im US-Bundesstaat North Carolina haben solche Aufnahmen bei Fledermauspopulationen in Arizona und New Mexico gemacht. Dabei stießen sie auf etwas Ungewöhnliches. Immer wieder kam es vor, dass die Jagdschreie im entscheidenden Moment von seltsam tremolierenden Rufen anderer Bulldoggfledermäuse überlagert wurden.
    "Dieser Ruf ist ein perfektes Störsignal. Es durchläuft viele verschiedene Tonhöhen, gerade dann, wenn die erste Fledermaus beim Jagen sehr genau auf ihre Echos hört. Es ist der gleiche Mechanismus, den auch Sonar- und Radartechniker für Störsender nutzen. Wir wissen noch nicht was er im Hirn den Fledermäuse auslöst. Es könnte sein, dass diese Störrufe bestimmte Neuronen des Hörsystems stimulieren, die den Fledermäusen normalerweise die Position ihrer Beute melden."
    Irritierende Rufe
    Eins ist für William Conner aber klar: Die Störrufe irritieren die Tiere. Conners Mitarbeiter Aaron Corcoran machte verschiedene Versuche, bei denen er unter anderem eine Motte als Köder an einem Nylonfaden aufhängte. Sobald sich eine Fledermaus der Motte näherte, spielte er über einen Ultraschalllautsprecher das zuvor aufgenommene Störsignal ab. Anstatt die Motte zielsicher zu fangen, verpassten die Fledermäuse dann in rund 80 Prozent der Fälle ihre Beute. Filme – nachts mit Restlichtkameras in freier Natur aufgenommen – zeigten zudem, wie sich Fledermäuse mit Störrufen gezielt gegenseitig die Jagd vermiesen. William Conner:
    "Es ist ein Konkurrenzkampf um Futter. Die Fledermäuse liefern sich regelrechte Luftkämpfe, bei denen sie sich immer wieder gegenseitig stören, hin und her, hin und her, bis schließlich eins der Tiere aufgibt und das andere die Beute fressen kann. Es ist das erste Mal, dass die Sonarstörung bei Futterkonkurrenz im Tierreich beobachtet wurde. Wir wissen noch nicht, ob noch weitere Fledermausarten das tun oder sogar ganz andere Tiere. Delfine beispielsweise nutzen auch Echoortung. Das könnte ein weiteres Ziel sein, um nach neuen Beispielen von Sonarstörungen zu suchen."
    William Conner freut sich, zusammen mit Aaron Corcoran ein neues Forschungsfeld eröffnet zu haben. Dem will er sich nun auch weiter widmen.
    "Es ist einfach sehr aufregend so ein neues Phänomen zu sehen. Wir würden gerne wissen, wie weit es verbreitet ist. Wir werden darum auch andere Fledermausarten belauschen. Noch wichtiger ist aber zu verstehen, wie die Sonarstörung funktioniert. Dafür müssten wir neurophysiologische Experimente machen, um herauszufinden, wie die Störsignale im Fledermaushirn verarbeitet werden."
    Offensichtlich wirken die Störsignale anders als andere Geräusche. Die Wissenschaftler spielten bei ihren Experimenten den Fledermäuse testweise auch andere Töne und Rufe vor. Doch davon ließen sich die Fledermäuse nicht irritieren und verfehlten viel seltener ihre Beute.